Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.
Aber man kann es a priori schon einsehen, daß dieses schlechterdings nicht die bequemste Zeit dazu sei, da es doch immer am Ende der Thätigkeit eines Tages ist, wornach die Kräfte doch allemal etwas geschwächt werden. Wie kann das gesund auf der einen, und die Arbeit erleichternd auf der andern Seite seyn, jetzt vorzüglich die Seelenkräfte und Nerven anzustrengen? Man versuche es, und verlege diese epochenmäßige Thätigkeit der Seele in die Morgenstunden, so wird man finden, sobald man dazu gewöhnt ist, daß man dennoch jetzt noch mehr, als damals, und mit grösserer Leichtigkeit arbeiten könne, und weniger Schaden für die Gesundheit davon habe. Da ich jene Mode ehedem gehabt, und nachher mit völliger Ueberzeugung diese hier vorgezogen habe, so sind diese Sätze lauter Erfahrung.
Aber man kann es a priori schon einsehen, daß dieses schlechterdings nicht die bequemste Zeit dazu sei, da es doch immer am Ende der Thaͤtigkeit eines Tages ist, wornach die Kraͤfte doch allemal etwas geschwaͤcht werden. Wie kann das gesund auf der einen, und die Arbeit erleichternd auf der andern Seite seyn, jetzt vorzuͤglich die Seelenkraͤfte und Nerven anzustrengen? Man versuche es, und verlege diese epochenmaͤßige Thaͤtigkeit der Seele in die Morgenstunden, so wird man finden, sobald man dazu gewoͤhnt ist, daß man dennoch jetzt noch mehr, als damals, und mit groͤsserer Leichtigkeit arbeiten koͤnne, und weniger Schaden fuͤr die Gesundheit davon habe. Da ich jene Mode ehedem gehabt, und nachher mit voͤlliger Ueberzeugung diese hier vorgezogen habe, so sind diese Saͤtze lauter Erfahrung. <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0111" n="107"/><lb/> lenarbeiten seyn. Jch gebe es zu, daß es bei Manchem fuͤrs erste wirklich so ist. Jch habe diese scheinbar beweisende Erfahrung und Meinung auch gehabt. Aber es ist nichts weiter als die Frucht der Gewoͤhnung der Seele und des Koͤrpers an eine gewisse periodenmaͤßige Epoche, wornach wir, wie mit vielen Dingen, z.E. dem Essen geschieht, wenn diese Zeit wiederkoͤmmt, wieder vorzuͤglich Lust zur Sache haben, weil wir einmal dazu gewoͤhnt sind. </p> <p>Aber man kann es <hi rendition="#aq">a priori</hi> schon einsehen, daß dieses schlechterdings nicht die bequemste Zeit dazu sei, da es doch immer am Ende der Thaͤtigkeit eines Tages ist, wornach die Kraͤfte doch allemal etwas geschwaͤcht werden. Wie kann das gesund auf der einen, und die Arbeit erleichternd auf der andern Seite seyn, jetzt vorzuͤglich die Seelenkraͤfte und Nerven anzustrengen? Man versuche es, und verlege diese epochenmaͤßige Thaͤtigkeit der Seele in die Morgenstunden, so wird man finden, sobald man dazu gewoͤhnt ist, daß man dennoch jetzt noch mehr, als damals, und mit groͤsserer Leichtigkeit arbeiten koͤnne, und weniger Schaden fuͤr die Gesundheit davon habe. Da ich jene Mode ehedem gehabt, und nachher mit voͤlliger Ueberzeugung diese hier vorgezogen habe, so sind diese Saͤtze lauter Erfahrung. </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0111]
lenarbeiten seyn. Jch gebe es zu, daß es bei Manchem fuͤrs erste wirklich so ist. Jch habe diese scheinbar beweisende Erfahrung und Meinung auch gehabt. Aber es ist nichts weiter als die Frucht der Gewoͤhnung der Seele und des Koͤrpers an eine gewisse periodenmaͤßige Epoche, wornach wir, wie mit vielen Dingen, z.E. dem Essen geschieht, wenn diese Zeit wiederkoͤmmt, wieder vorzuͤglich Lust zur Sache haben, weil wir einmal dazu gewoͤhnt sind.
Aber man kann es a priori schon einsehen, daß dieses schlechterdings nicht die bequemste Zeit dazu sei, da es doch immer am Ende der Thaͤtigkeit eines Tages ist, wornach die Kraͤfte doch allemal etwas geschwaͤcht werden. Wie kann das gesund auf der einen, und die Arbeit erleichternd auf der andern Seite seyn, jetzt vorzuͤglich die Seelenkraͤfte und Nerven anzustrengen? Man versuche es, und verlege diese epochenmaͤßige Thaͤtigkeit der Seele in die Morgenstunden, so wird man finden, sobald man dazu gewoͤhnt ist, daß man dennoch jetzt noch mehr, als damals, und mit groͤsserer Leichtigkeit arbeiten koͤnne, und weniger Schaden fuͤr die Gesundheit davon habe. Da ich jene Mode ehedem gehabt, und nachher mit voͤlliger Ueberzeugung diese hier vorgezogen habe, so sind diese Saͤtze lauter Erfahrung.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/111>, abgerufen am 17.02.2025. |