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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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Seine Amtsarbeiten waren mühsam erdachte Grübeleien. Sie glichen einem vorsetzlichen Bestreben, dem wahren Gesichtspunkte durch Trugschlüsse auszuweichen. Wenn man sie las, so fand man Fleiß darin und Scharfsinn, zugleich aber auch die gesuchteste Sophisterei und unaufhörliche Distinktionen, deren Verkettung die Wahrheit fast unvermerkt aus der Bahn schob.

Sophisterei -- wie sein Vermächtniß Sophisterei ist, aber nie war sein Stil so klar, wie in diesem letzten Aufsatze, stete Einschiebungen, Verwebung der Perioden machten, was er schrieb, unangenehm zu lesen.

Es konnte nicht fehlen, daß seine Arbeiten das Collegium nicht hin und wieder befremden musten. Er kam auch der öfteren Jndispositionen wegen in Rückstände. Als er vor acht Monathen einst darüber in Freundschaft erinnert ward, antwortete er: "ich sehe es recht wohl ein, daß meine Arbeiten unbrauchbar sind. Mein Kopf ist ganz unfähig zu arbeiten, und wenn sich das nicht bald ändert, so muß man einen andern Entschluß fassen." Diese letzte Aeusserung sprach er mit Nachdruck aus. Sie konnte aber nicht auf das jetzt geschehene gedeutet werden.

Einige Zeit darnach ist er gefunden, wie er alle seine zugeschriebene Arbeiten rund um sich ge-


Seine Amtsarbeiten waren muͤhsam erdachte Gruͤbeleien. Sie glichen einem vorsetzlichen Bestreben, dem wahren Gesichtspunkte durch Trugschluͤsse auszuweichen. Wenn man sie las, so fand man Fleiß darin und Scharfsinn, zugleich aber auch die gesuchteste Sophisterei und unaufhoͤrliche Distinktionen, deren Verkettung die Wahrheit fast unvermerkt aus der Bahn schob.

Sophisterei ― wie sein Vermaͤchtniß Sophisterei ist, aber nie war sein Stil so klar, wie in diesem letzten Aufsatze, stete Einschiebungen, Verwebung der Perioden machten, was er schrieb, unangenehm zu lesen.

Es konnte nicht fehlen, daß seine Arbeiten das Collegium nicht hin und wieder befremden musten. Er kam auch der oͤfteren Jndispositionen wegen in Ruͤckstaͤnde. Als er vor acht Monathen einst daruͤber in Freundschaft erinnert ward, antwortete er: »ich sehe es recht wohl ein, daß meine Arbeiten unbrauchbar sind. Mein Kopf ist ganz unfaͤhig zu arbeiten, und wenn sich das nicht bald aͤndert, so muß man einen andern Entschluß fassen.« Diese letzte Aeusserung sprach er mit Nachdruck aus. Sie konnte aber nicht auf das jetzt geschehene gedeutet werden.

Einige Zeit darnach ist er gefunden, wie er alle seine zugeschriebene Arbeiten rund um sich ge-

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[43/0047] Seine Amtsarbeiten waren muͤhsam erdachte Gruͤbeleien. Sie glichen einem vorsetzlichen Bestreben, dem wahren Gesichtspunkte durch Trugschluͤsse auszuweichen. Wenn man sie las, so fand man Fleiß darin und Scharfsinn, zugleich aber auch die gesuchteste Sophisterei und unaufhoͤrliche Distinktionen, deren Verkettung die Wahrheit fast unvermerkt aus der Bahn schob. Sophisterei ― wie sein Vermaͤchtniß Sophisterei ist, aber nie war sein Stil so klar, wie in diesem letzten Aufsatze, stete Einschiebungen, Verwebung der Perioden machten, was er schrieb, unangenehm zu lesen. Es konnte nicht fehlen, daß seine Arbeiten das Collegium nicht hin und wieder befremden musten. Er kam auch der oͤfteren Jndispositionen wegen in Ruͤckstaͤnde. Als er vor acht Monathen einst daruͤber in Freundschaft erinnert ward, antwortete er: »ich sehe es recht wohl ein, daß meine Arbeiten unbrauchbar sind. Mein Kopf ist ganz unfaͤhig zu arbeiten, und wenn sich das nicht bald aͤndert, so muß man einen andern Entschluß fassen.« Diese letzte Aeusserung sprach er mit Nachdruck aus. Sie konnte aber nicht auf das jetzt geschehene gedeutet werden. Einige Zeit darnach ist er gefunden, wie er alle seine zugeschriebene Arbeiten rund um sich ge-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/47>, abgerufen am 21.11.2024.