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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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unrechtes hingeschrieben worden, hielt ein, um von neuem wieder anzusetzen; daher das Unterbrochene, Unvollendete in der Sprache des Stotternden sowohl, als in dem Niedergeschriebenen des Hrn. S. -- Und eben dieses, daß die unwillkommenen Jdeen in der Seele fremde waren, und sich nur zufälliger Weise eindrängten, daß sie noch das Bürgerrecht nicht erlangt, an keine Reihe von Begriffen sich angefügt hatten; eben dieses, sage ich, ist die Ursache, daß sich Hr. S. ihrer nachher nicht wieder zu erinnern vermochte. Man hat im Traume zuweilen die lebhaftesten und wirksamsten Vorstellungen; man weiß es, beim Erwachen, daß man dergleichen gehabt, ohne sich ihrer wieder erinnern zu können, so lange man nicht auf eine Jdee geräth, die mit ihnen verbunden ist, und vermittelst derer jene hervorgerufen worden. Die Seele kann nur diejenige abwesende Vorstellung anrufen, zu der sie das eine Ende der Schnur gleichsam vor sich hat, um sie anziehen zu können. So lange sie dieses nicht gefunden hat, ist ihre Bemühung vergebens. Nur vermittelst des Gegenwärtigen ist die Seele im Stande, sich des Vergangenen wieder zu erinnern.

Und nun auch etwas auf die philosophische Frage Hrn. S. zu antworten:

"Wenn die ganze Denkkraft von dem jedesmaligen Zustande des Gehirnes abhängt, oder eigentlich darinn liegt; so muß in meinem Fall, der eine Theil meines Gehirns gesund, in gehö-


unrechtes hingeschrieben worden, hielt ein, um von neuem wieder anzusetzen; daher das Unterbrochene, Unvollendete in der Sprache des Stotternden sowohl, als in dem Niedergeschriebenen des Hrn. S. ― Und eben dieses, daß die unwillkommenen Jdeen in der Seele fremde waren, und sich nur zufaͤlliger Weise eindraͤngten, daß sie noch das Buͤrgerrecht nicht erlangt, an keine Reihe von Begriffen sich angefuͤgt hatten; eben dieses, sage ich, ist die Ursache, daß sich Hr. S. ihrer nachher nicht wieder zu erinnern vermochte. Man hat im Traume zuweilen die lebhaftesten und wirksamsten Vorstellungen; man weiß es, beim Erwachen, daß man dergleichen gehabt, ohne sich ihrer wieder erinnern zu koͤnnen, so lange man nicht auf eine Jdee geraͤth, die mit ihnen verbunden ist, und vermittelst derer jene hervorgerufen worden. Die Seele kann nur diejenige abwesende Vorstellung anrufen, zu der sie das eine Ende der Schnur gleichsam vor sich hat, um sie anziehen zu koͤnnen. So lange sie dieses nicht gefunden hat, ist ihre Bemuͤhung vergebens. Nur vermittelst des Gegenwaͤrtigen ist die Seele im Stande, sich des Vergangenen wieder zu erinnern.

Und nun auch etwas auf die philosophische Frage Hrn. S. zu antworten:

»Wenn die ganze Denkkraft von dem jedesmaligen Zustande des Gehirnes abhaͤngt, oder eigentlich darinn liegt; so muß in meinem Fall, der eine Theil meines Gehirns gesund, in gehoͤ-

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[73/0077] unrechtes hingeschrieben worden, hielt ein, um von neuem wieder anzusetzen; daher das Unterbrochene, Unvollendete in der Sprache des Stotternden sowohl, als in dem Niedergeschriebenen des Hrn. S. ― Und eben dieses, daß die unwillkommenen Jdeen in der Seele fremde waren, und sich nur zufaͤlliger Weise eindraͤngten, daß sie noch das Buͤrgerrecht nicht erlangt, an keine Reihe von Begriffen sich angefuͤgt hatten; eben dieses, sage ich, ist die Ursache, daß sich Hr. S. ihrer nachher nicht wieder zu erinnern vermochte. Man hat im Traume zuweilen die lebhaftesten und wirksamsten Vorstellungen; man weiß es, beim Erwachen, daß man dergleichen gehabt, ohne sich ihrer wieder erinnern zu koͤnnen, so lange man nicht auf eine Jdee geraͤth, die mit ihnen verbunden ist, und vermittelst derer jene hervorgerufen worden. Die Seele kann nur diejenige abwesende Vorstellung anrufen, zu der sie das eine Ende der Schnur gleichsam vor sich hat, um sie anziehen zu koͤnnen. So lange sie dieses nicht gefunden hat, ist ihre Bemuͤhung vergebens. Nur vermittelst des Gegenwaͤrtigen ist die Seele im Stande, sich des Vergangenen wieder zu erinnern. Und nun auch etwas auf die philosophische Frage Hrn. S. zu antworten: »Wenn die ganze Denkkraft von dem jedesmaligen Zustande des Gehirnes abhaͤngt, oder eigentlich darinn liegt; so muß in meinem Fall, der eine Theil meines Gehirns gesund, in gehoͤ-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/77>, abgerufen am 24.11.2024.