Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

seyn muß, und der zur selbigen Zeit bereits im
Amte gestanden, als auch andere Personen, wel-
che damals zugleich in dem Vorwerk gedienet, wo
gedachter Mensch gewohnet, stimmen auf mein
genaues Befragen darinn überein, daß dieser
Gottfried Friese, (so war sein Nahme) in der
Verfassung, in welcher er bei gesunden Tagen ge-
wesen, auch auf seinem Krankenbette, bis zu sei-
nem Sterben verblieben, und nie zu einigem Men-
schenverstande gelangt sey. Jn seiner Krankheit
hat er, wie in gesunden Tagen, sein Händeklat-
schen getrieben, und sein gewöhnlich Gack, Gack,
ausgerufen. Niemand weiß also zu sagen, daß vor
und bei seinem Sterben etwa was besonders vorge-
fallen, welches von einiger Veränderung seiner
vorigen Umstände, und von einigem Gebrauch sei-
ner Vernunft ein Beweiß seyn könnte. Laut un-
sers Kirchenbuchs ist dieser blödsinnige Friese den
16ten September 1748, in einem Alter von vier-
undzwanzig Jahren und neun Monathen, gestor-
ben, also sechs Jahr vorher, ehe ich hieher ins
Amt gekommen bin. Niemals soll gedachter Mensch
Speise und Trank begehret haben, die Eltern ha-
ben ihm beides, wie einem kleinen Kinde, geben
müssen. Jch bin u. s. w.

J. A. Schönau.




II. Eini-

seyn muß, und der zur selbigen Zeit bereits im
Amte gestanden, als auch andere Personen, wel-
che damals zugleich in dem Vorwerk gedienet, wo
gedachter Mensch gewohnet, stimmen auf mein
genaues Befragen darinn uͤberein, daß dieser
Gottfried Friese, (so war sein Nahme) in der
Verfassung, in welcher er bei gesunden Tagen ge-
wesen, auch auf seinem Krankenbette, bis zu sei-
nem Sterben verblieben, und nie zu einigem Men-
schenverstande gelangt sey. Jn seiner Krankheit
hat er, wie in gesunden Tagen, sein Haͤndeklat-
schen getrieben, und sein gewoͤhnlich Gack, Gack,
ausgerufen. Niemand weiß also zu sagen, daß vor
und bei seinem Sterben etwa was besonders vorge-
fallen, welches von einiger Veraͤnderung seiner
vorigen Umstaͤnde, und von einigem Gebrauch sei-
ner Vernunft ein Beweiß seyn koͤnnte. Laut un-
sers Kirchenbuchs ist dieser bloͤdsinnige Friese den
16ten September 1748, in einem Alter von vier-
undzwanzig Jahren und neun Monathen, gestor-
ben, also sechs Jahr vorher, ehe ich hieher ins
Amt gekommen bin. Niemals soll gedachter Mensch
Speise und Trank begehret haben, die Eltern ha-
ben ihm beides, wie einem kleinen Kinde, geben
muͤssen. Jch bin u. s. w.

J. A. Schoͤnau.




II. Eini-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f00010" n="6"/>
seyn muß, und der zur selbigen Zeit bereits im<lb/>
Amte
                   gestanden, als auch andere Personen, wel-<lb/>
che damals zugleich in dem Vorwerk
                   gedienet, wo<lb/>
gedachter Mensch gewohnet, stimmen auf mein<lb/>
genaues Befragen
                   darinn u&#x0364;berein, daß dieser<lb/><hi rendition="#b">Gottfried Friese</hi>,
                   (so war sein Nahme) in der<lb/>
Verfassung, in welcher er bei gesunden Tagen
                   ge-<lb/>
wesen, auch auf seinem Krankenbette, bis zu sei-<lb/>
nem Sterben
                   verblieben, und nie zu einigem Men-<lb/>
schenverstande gelangt sey. Jn seiner
                   Krankheit<lb/>
hat er, wie in gesunden Tagen, sein Ha&#x0364;ndeklat-<lb/>
schen
                   getrieben, und sein gewo&#x0364;hnlich Gack, Gack,<lb/>
ausgerufen. Niemand weiß
                   also zu sagen, daß vor<lb/>
und bei seinem Sterben etwa was besonders
                   vorge-<lb/>
fallen, welches von einiger Vera&#x0364;nderung seiner<lb/>
vorigen
                   Umsta&#x0364;nde, und von einigem Gebrauch sei-<lb/>
ner Vernunft ein Beweiß seyn
                   ko&#x0364;nnte. Laut un-<lb/>
sers Kirchenbuchs ist dieser blo&#x0364;dsinnige <hi rendition="#b">Friese</hi> den<lb/>
16ten September 1748, in einem Alter von
                   vier-<lb/>
undzwanzig Jahren und neun Monathen, gestor-<lb/>
ben, also sechs Jahr
                   vorher, ehe ich hieher ins<lb/>
Amt gekommen bin. Niemals soll gedachter
                   Mensch<lb/>
Speise und Trank begehret haben, die Eltern ha-<lb/>
ben ihm beides, wie
                   einem kleinen Kinde, geben<lb/>
mu&#x0364;ssen. Jch bin u. s. w.</p><lb/>
          <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">J. A. Scho&#x0364;nau.</hi> </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">II. Eini-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0010] seyn muß, und der zur selbigen Zeit bereits im Amte gestanden, als auch andere Personen, wel- che damals zugleich in dem Vorwerk gedienet, wo gedachter Mensch gewohnet, stimmen auf mein genaues Befragen darinn uͤberein, daß dieser Gottfried Friese, (so war sein Nahme) in der Verfassung, in welcher er bei gesunden Tagen ge- wesen, auch auf seinem Krankenbette, bis zu sei- nem Sterben verblieben, und nie zu einigem Men- schenverstande gelangt sey. Jn seiner Krankheit hat er, wie in gesunden Tagen, sein Haͤndeklat- schen getrieben, und sein gewoͤhnlich Gack, Gack, ausgerufen. Niemand weiß also zu sagen, daß vor und bei seinem Sterben etwa was besonders vorge- fallen, welches von einiger Veraͤnderung seiner vorigen Umstaͤnde, und von einigem Gebrauch sei- ner Vernunft ein Beweiß seyn koͤnnte. Laut un- sers Kirchenbuchs ist dieser bloͤdsinnige Friese den 16ten September 1748, in einem Alter von vier- undzwanzig Jahren und neun Monathen, gestor- ben, also sechs Jahr vorher, ehe ich hieher ins Amt gekommen bin. Niemals soll gedachter Mensch Speise und Trank begehret haben, die Eltern ha- ben ihm beides, wie einem kleinen Kinde, geben muͤssen. Jch bin u. s. w. J. A. Schoͤnau. II. Eini-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning, Marc Kuse, Justus-Liebig-Universität: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2013-06-06T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jurgita Baranauskaite, Justus-Liebig-Universität: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-06-06T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-06T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/10
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/10>, abgerufen am 29.04.2024.