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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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[Beginn Spaltensatz]

es
Eine Reihe von
Vorstellungen,
die erst in meine
Seele kömmt,
daß etwas wirk-
lich geschehen
sey oder ge-
schiehet, daß ich
z. B. jetzt einen
Wagen rasseln
höre.[Spaltenumbruch] wundert
Das Verhältnis zwischen
dem, was unter es und
mich begriffen ist, wodurch
in dem letztern durch das
erstre die Vorstellung von
der Unmöglichkeit des
Rasselns eines Wagens,
ohngeachtet ihres schwa-
chen Zurückstrebens,
gänzlich aufgehoben,
und in dem Zusammen-
hange aller meiner übri-
gen Vorstellungen eine au-
genblickliche nicht gewalt-
same Verändrung hervor-
gebracht wird.
[Spaltenumbruch] mich
Der Zusammenhang
aller übrigen Vorstel-
lungen, die schon in
meiner Seele sind,
worinn auch die be-
findlich ist, das jenes, was geschiehet, nicht
geschehen könnte oder
würde, und daß es
z. B. unmöglich sey,
gerade zu dieser Zeit
oder an diesem Orte
einen Wagen rasseln
zu hören.

[Ende Spaltensatz]

Wenn ich also sage, es gereuet mich, so
denke ich mir unter dem es eine Reihe von Vor-
stellungen, welche durch die Erinnerung an eine Hand-
lung in mir erzeugt werden, die für mich von schäd-
lichen Folgen ist, und die ich nach meiner Meinung
füglich hätte unterlassen können, weil ich mir aller
dunkeln Bewegungsgründe zu derselben nicht mehr
bewußt bin: unter mich denke ich mir den Zusam-
menhang aller der Vorstellungen, die schon in mei-
ner Seele sind, und unter gereuet, das Verhält-
niß zwischen dem es und mich, wovon das letztre
ein unwillkührliches Bestreben hat, das erstre auf-
zuheben, wenn es möglich wäre. -- Gereuen ist
aber ganz außerordentlich auf mich selber einge-

schränkt,
G4
[Beginn Spaltensatz]

es
Eine Reihe von
Vorstellungen,
die erst in meine
Seele koͤmmt,
daß etwas wirk-
lich geschehen
sey oder ge-
schiehet, daß ich
z. B. jetzt einen
Wagen rasseln
hoͤre.[Spaltenumbruch] wundert
Das Verhaͤltnis zwischen
dem, was unter es und
mich begriffen ist, wodurch
in dem letztern durch das
erstre die Vorstellung von
der Unmoͤglichkeit des
Rasselns eines Wagens,
ohngeachtet ihres schwa-
chen Zuruͤckstrebens,
gaͤnzlich aufgehoben,
und in dem Zusammen-
hange aller meiner uͤbri-
gen Vorstellungen eine au-
genblickliche nicht gewalt-
same Veraͤndrung hervor-
gebracht wird.
[Spaltenumbruch] mich
Der Zusammenhang
aller uͤbrigen Vorstel-
lungen, die schon in
meiner Seele sind,
worinn auch die be-
findlich ist, das jenes, was geschiehet, nicht
geschehen koͤnnte oder
wuͤrde, und daß es
z. B. unmoͤglich sey,
gerade zu dieser Zeit
oder an diesem Orte
einen Wagen rasseln
zu hoͤren.

[Ende Spaltensatz]

Wenn ich also sage, es gereuet mich, so
denke ich mir unter dem es eine Reihe von Vor-
stellungen, welche durch die Erinnerung an eine Hand-
lung in mir erzeugt werden, die fuͤr mich von schaͤd-
lichen Folgen ist, und die ich nach meiner Meinung
fuͤglich haͤtte unterlassen koͤnnen, weil ich mir aller
dunkeln Bewegungsgruͤnde zu derselben nicht mehr
bewußt bin: unter mich denke ich mir den Zusam-
menhang aller der Vorstellungen, die schon in mei-
ner Seele sind, und unter gereuet, das Verhaͤlt-
niß zwischen dem es und mich, wovon das letztre
ein unwillkuͤhrliches Bestreben hat, das erstre auf-
zuheben, wenn es moͤglich waͤre. — Gereuen ist
aber ganz außerordentlich auf mich selber einge-

schraͤnkt,
G4
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[103/0107] es Eine Reihe von Vorstellungen, die erst in meine Seele koͤmmt, daß etwas wirk- lich geschehen sey oder ge- schiehet, daß ich z. B. jetzt einen Wagen rasseln hoͤre. wundert Das Verhaͤltnis zwischen dem, was unter es und mich begriffen ist, wodurch in dem letztern durch das erstre die Vorstellung von der Unmoͤglichkeit des Rasselns eines Wagens, ohngeachtet ihres schwa- chen Zuruͤckstrebens, gaͤnzlich aufgehoben, und in dem Zusammen- hange aller meiner uͤbri- gen Vorstellungen eine au- genblickliche nicht gewalt- same Veraͤndrung hervor- gebracht wird. mich Der Zusammenhang aller uͤbrigen Vorstel- lungen, die schon in meiner Seele sind, worinn auch die be- findlich ist, das jenes, was geschiehet, nicht geschehen koͤnnte oder wuͤrde, und daß es z. B. unmoͤglich sey, gerade zu dieser Zeit oder an diesem Orte einen Wagen rasseln zu hoͤren. Wenn ich also sage, es gereuet mich, so denke ich mir unter dem es eine Reihe von Vor- stellungen, welche durch die Erinnerung an eine Hand- lung in mir erzeugt werden, die fuͤr mich von schaͤd- lichen Folgen ist, und die ich nach meiner Meinung fuͤglich haͤtte unterlassen koͤnnen, weil ich mir aller dunkeln Bewegungsgruͤnde zu derselben nicht mehr bewußt bin: unter mich denke ich mir den Zusam- menhang aller der Vorstellungen, die schon in mei- ner Seele sind, und unter gereuet, das Verhaͤlt- niß zwischen dem es und mich, wovon das letztre ein unwillkuͤhrliches Bestreben hat, das erstre auf- zuheben, wenn es moͤglich waͤre. — Gereuen ist aber ganz außerordentlich auf mich selber einge- schraͤnkt, G4

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/107>, abgerufen am 16.05.2024.