Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.kannten, von jeher ein stiller, arbeitsamer und
got- Er war immer außerordentlich vollblütig, und Er hatte seine Profession nicht vollkommen mann
kannten, von jeher ein stiller, arbeitsamer und
got- Er war immer außerordentlich vollbluͤtig, und Er hatte seine Profession nicht vollkommen mann
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0031" n="27"/> kannten, von jeher ein stiller, arbeitsamer und got-<lb/> tesfuͤrchtiger Mensch, dabei aber immer sehr ein-<lb/> faͤltig, schuͤchtern, und mehr zur Traurigkeit, als<lb/> zur Freude aufgelegt. Schon in seiner ersten Ju-<lb/> gend hat er oft schleunige Anfaͤlle von Tiefsinn, und<lb/> wunderlichem Wesen geaͤußert, daher ihn auch die<lb/> andern Knaben den Spottnahmen, der irre Sey-<lb/> bell, beilegten.</p><lb/> <p>Er war immer außerordentlich vollbluͤtig, und<lb/> zu heftigem Aufwallen, und Andrang des Bluts<lb/> nach dem Kopfe geneigt, wobei sich starke Unruhe,<lb/> Angst, und Bangigkeit einfand, die sich mit der<lb/> Vollbluͤtigkeit und Wallung im Blute vermehrte und<lb/> verminderte, in spaͤtern Jahren aber in eine wahre<lb/> melancholische Schwermuth ausartete.</p><lb/> <p>Er hatte seine Profession nicht vollkommen<lb/> genug erlernet, um sich davon ernaͤhren zu koͤnnen;<lb/> auch konnte er sich in seinem Dienste bei verschied-<lb/> nen Herrschaften nicht recht behelfen; dabei war er<lb/> sich mit Unmuth seiner eignen Einfalt und Schwaͤche<lb/> bewußt, und befuͤrchtete bestaͤndig, daß seine Herr-<lb/> schaft seiner uͤberdruͤssig werden, und ihn fortja-<lb/> gen moͤchte, wo er alsdann ganz verlassen und ohne<lb/> Brodt seyn wuͤrde. Aus dieser Ursach verließ er<lb/> so schleunig, und ohne den geringsten ihm gegebnen<lb/> Anlaß, seinen Dienst bei dem Herrn Hofrath Oeß-<lb/> feld in Potsdam, wollte sich bei dem Herrn Haupt-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mann</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0031]
kannten, von jeher ein stiller, arbeitsamer und got-
tesfuͤrchtiger Mensch, dabei aber immer sehr ein-
faͤltig, schuͤchtern, und mehr zur Traurigkeit, als
zur Freude aufgelegt. Schon in seiner ersten Ju-
gend hat er oft schleunige Anfaͤlle von Tiefsinn, und
wunderlichem Wesen geaͤußert, daher ihn auch die
andern Knaben den Spottnahmen, der irre Sey-
bell, beilegten.
Er war immer außerordentlich vollbluͤtig, und
zu heftigem Aufwallen, und Andrang des Bluts
nach dem Kopfe geneigt, wobei sich starke Unruhe,
Angst, und Bangigkeit einfand, die sich mit der
Vollbluͤtigkeit und Wallung im Blute vermehrte und
verminderte, in spaͤtern Jahren aber in eine wahre
melancholische Schwermuth ausartete.
Er hatte seine Profession nicht vollkommen
genug erlernet, um sich davon ernaͤhren zu koͤnnen;
auch konnte er sich in seinem Dienste bei verschied-
nen Herrschaften nicht recht behelfen; dabei war er
sich mit Unmuth seiner eignen Einfalt und Schwaͤche
bewußt, und befuͤrchtete bestaͤndig, daß seine Herr-
schaft seiner uͤberdruͤssig werden, und ihn fortja-
gen moͤchte, wo er alsdann ganz verlassen und ohne
Brodt seyn wuͤrde. Aus dieser Ursach verließ er
so schleunig, und ohne den geringsten ihm gegebnen
Anlaß, seinen Dienst bei dem Herrn Hofrath Oeß-
feld in Potsdam, wollte sich bei dem Herrn Haupt-
mann
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Jurgita Baranauskaite, Justus-Liebig-Universität: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2013-06-06T11:00:00Z)
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