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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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Sie können ansteckend seyn.

Sie können heilbar oder unheilbar seyn.

7) Da die Krankheiten der Seele aus ver-
schiednen Ursachen entstehen, so giebt es auch gewiß
gegen dieselben kein Universalmittel, sondern der
moralische Arzt muß diese Krankheiten nach ihren
Erscheinungen, nach ihren Ursachen, und Folgen
studieren, wenn er es unternehmen will, sie zu
heilen.

Er muß das verletzte Verhältniß zwischen
den Seelenfähigkeiten, wo möglich, wieder herzu-
stellen suchen.

Er muß schädliche Jdeen zu verdunkeln, und
andre wieder gehörig zu erhellen wissen.

Er muß den gehörigen Grad des Zusammen-
hangs zwischen dem ganzen System der Jdeen be-
würken, und wieder in die innersten Fugen des
allzufesten Zusammenhangs derselben, wenn es nö-
thig ist, eindringen können.

8) Kann es moralische Ärzte geben, und
hat es solche gegeben?

Sokrates scheinet diese erhabenste Kunst in
hohem Grade verstanden und ausgeübt zu haben.


C3
Viel-

Sie koͤnnen ansteckend seyn.

Sie koͤnnen heilbar oder unheilbar seyn.

7) Da die Krankheiten der Seele aus ver-
schiednen Ursachen entstehen, so giebt es auch gewiß
gegen dieselben kein Universalmittel, sondern der
moralische Arzt muß diese Krankheiten nach ihren
Erscheinungen, nach ihren Ursachen, und Folgen
studieren, wenn er es unternehmen will, sie zu
heilen.

Er muß das verletzte Verhaͤltniß zwischen
den Seelenfaͤhigkeiten, wo moͤglich, wieder herzu-
stellen suchen.

Er muß schaͤdliche Jdeen zu verdunkeln, und
andre wieder gehoͤrig zu erhellen wissen.

Er muß den gehoͤrigen Grad des Zusammen-
hangs zwischen dem ganzen System der Jdeen be-
wuͤrken, und wieder in die innersten Fugen des
allzufesten Zusammenhangs derselben, wenn es noͤ-
thig ist, eindringen koͤnnen.

8) Kann es moralische Aͤrzte geben, und
hat es solche gegeben?

Sokrates scheinet diese erhabenste Kunst in
hohem Grade verstanden und ausgeuͤbt zu haben.


C3
Viel-
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[37/0041] Sie koͤnnen ansteckend seyn. Sie koͤnnen heilbar oder unheilbar seyn. 7) Da die Krankheiten der Seele aus ver- schiednen Ursachen entstehen, so giebt es auch gewiß gegen dieselben kein Universalmittel, sondern der moralische Arzt muß diese Krankheiten nach ihren Erscheinungen, nach ihren Ursachen, und Folgen studieren, wenn er es unternehmen will, sie zu heilen. Er muß das verletzte Verhaͤltniß zwischen den Seelenfaͤhigkeiten, wo moͤglich, wieder herzu- stellen suchen. Er muß schaͤdliche Jdeen zu verdunkeln, und andre wieder gehoͤrig zu erhellen wissen. Er muß den gehoͤrigen Grad des Zusammen- hangs zwischen dem ganzen System der Jdeen be- wuͤrken, und wieder in die innersten Fugen des allzufesten Zusammenhangs derselben, wenn es noͤ- thig ist, eindringen koͤnnen. 8) Kann es moralische Aͤrzte geben, und hat es solche gegeben? Sokrates scheinet diese erhabenste Kunst in hohem Grade verstanden und ausgeuͤbt zu haben. C3 Viel-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/41>, abgerufen am 29.04.2024.