Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.sechsunddreißig Jahr alt bin, und hier das Ziel Bruder! sagte der seelige, nachdem er aus- Nach
sechsunddreißig Jahr alt bin, und hier das Ziel Bruder! sagte der seelige, nachdem er aus- Nach
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0065" n="61"/> sechsunddreißig Jahr alt bin, und hier das <hi rendition="#b">Ziel</hi><lb/> meiner Thaͤtigkeit noch lange nicht erreicht zu ha-<lb/> ben scheine? — Sein Bruder antwortete ihm:<lb/> da Du in Prenzlow fuͤnf Jahre als Rektor nuͤtzlich<lb/> gewesen warest, und nun wegen der Schwaͤchlich-<lb/> keit Deines Koͤrpers Dein dortiger nuͤtzlicher Ein-<lb/> fluß aufgehoͤrt hatte, so hattest Du auch da Dein<lb/><hi rendition="#b">Ziel</hi> erreicht, und Gott fuͤgte es so, daß Du in<lb/> Gerswalde Prediger wurdest, wo sich Deine Kraͤfte<lb/> wieder erhohlen konnten. Als aufs neue viertehalb<lb/> Jahr um waren, so hattest Du auch dort wieder<lb/> das <hi rendition="#b">Ziel</hi> Deiner Erhohlung erreicht, und Gott<lb/> setzte Dich nun wieder in einen Wirkungskreis, wo-<lb/> zu Deine Kraͤfte <hi rendition="#b">reif</hi> geworden waren. Aus dieser<lb/> zweimaligen weisen goͤttlichen Fuͤgung kannst Du nun<lb/> mit vieler Gewißheit schließen, daß Du auch das<lb/> drittemal Dein jetziges <hi rendition="#b">Ziel</hi> erreicht habest, und<lb/> Gott Dich nun wieder in einen ganz andern Wir-<lb/> kungskreis versetzen werde.</p><lb/> <p>Bruder! sagte der seelige, nachdem er aus-<lb/> geredet hatte, Bruder! und druͤckte ihm voll Jn-<lb/> brunst die Haͤnde, da bist Du auf dem rechten<lb/> Wege der Philosophie, o dabei bleibe ja bestaͤn-<lb/> dig! Auf diesen Faden war ich selbst noch nicht<lb/> einmal so gefallen. Gott wird es Dich gewiß gut<lb/> gehen lassen, und Du wirst in Deinem Berufe gewiß<lb/> viel, viel Nutzen stiften! Hiebei rollten ihm Thraͤnen<lb/> der Freude und Wehmuth die Wangen herab.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nach</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0065]
sechsunddreißig Jahr alt bin, und hier das Ziel
meiner Thaͤtigkeit noch lange nicht erreicht zu ha-
ben scheine? — Sein Bruder antwortete ihm:
da Du in Prenzlow fuͤnf Jahre als Rektor nuͤtzlich
gewesen warest, und nun wegen der Schwaͤchlich-
keit Deines Koͤrpers Dein dortiger nuͤtzlicher Ein-
fluß aufgehoͤrt hatte, so hattest Du auch da Dein
Ziel erreicht, und Gott fuͤgte es so, daß Du in
Gerswalde Prediger wurdest, wo sich Deine Kraͤfte
wieder erhohlen konnten. Als aufs neue viertehalb
Jahr um waren, so hattest Du auch dort wieder
das Ziel Deiner Erhohlung erreicht, und Gott
setzte Dich nun wieder in einen Wirkungskreis, wo-
zu Deine Kraͤfte reif geworden waren. Aus dieser
zweimaligen weisen goͤttlichen Fuͤgung kannst Du nun
mit vieler Gewißheit schließen, daß Du auch das
drittemal Dein jetziges Ziel erreicht habest, und
Gott Dich nun wieder in einen ganz andern Wir-
kungskreis versetzen werde.
Bruder! sagte der seelige, nachdem er aus-
geredet hatte, Bruder! und druͤckte ihm voll Jn-
brunst die Haͤnde, da bist Du auf dem rechten
Wege der Philosophie, o dabei bleibe ja bestaͤn-
dig! Auf diesen Faden war ich selbst noch nicht
einmal so gefallen. Gott wird es Dich gewiß gut
gehen lassen, und Du wirst in Deinem Berufe gewiß
viel, viel Nutzen stiften! Hiebei rollten ihm Thraͤnen
der Freude und Wehmuth die Wangen herab.
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(2013-06-06T11:00:00Z)
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Jurgita Baranauskaite, Justus-Liebig-Universität: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2013-06-06T11:00:00Z)
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(2013-06-06T11:00:00Z)
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