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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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Dabei fühlte er einen unwiderstehlichen Trieb, über seine Gedanken, Worte und Werke zu wachen, damit sie alle Gott geziemend, angenehm, und nützlich seyn möchten.

Auf der Stelle machte er einen festen und unwiederruflichen Bund mit Gott, sich hinführo lediglich seiner Führung zu überlassen, und keine eitle Wünsche mehr zu hegen, sondern wenn es Gott gefallen würde, daß er Lebenslang ein Handwerksmann bleiben sollte, willig und mit Freuden damit zufrieden zu seyn.


Er war bei einem Kaufmann als Jnformator seiner Kinder, wo es ihm sehr übel ging, bis er auf folgende Weise den Entschluß faßte, dieß Haus zu verlassen.

Um neun Uhr als er in seinem Kerker am Tisch saß, und ganz in sich selbst gekehrt das Feuer seiner Leiden aushielt, fühlte er plötzlich eine gänzliche Veränderung seines Zustandes, alle seine Schwermuth und Schmerzen waren gänzlich weg, er empfand eine solche Wonne und tiefen Frieden in seiner Seelen, daß er vor Freude und Seligkeit nicht zu bleiben wußte.

Er besann sich und wurde gewahr, daß er willens war wegzugehen; dazu hatte er sich entschlossen ohne es zu wissen, so in demselbigen Augenblick stund er auf, gieng hinauf auf seine Schlafkammer, und dachte nach; wie viel Thränen der


Dabei fuͤhlte er einen unwiderstehlichen Trieb, uͤber seine Gedanken, Worte und Werke zu wachen, damit sie alle Gott geziemend, angenehm, und nuͤtzlich seyn moͤchten.

Auf der Stelle machte er einen festen und unwiederruflichen Bund mit Gott, sich hinfuͤhro lediglich seiner Fuͤhrung zu uͤberlassen, und keine eitle Wuͤnsche mehr zu hegen, sondern wenn es Gott gefallen wuͤrde, daß er Lebenslang ein Handwerksmann bleiben sollte, willig und mit Freuden damit zufrieden zu seyn.


Er war bei einem Kaufmann als Jnformator seiner Kinder, wo es ihm sehr uͤbel ging, bis er auf folgende Weise den Entschluß faßte, dieß Haus zu verlassen.

Um neun Uhr als er in seinem Kerker am Tisch saß, und ganz in sich selbst gekehrt das Feuer seiner Leiden aushielt, fuͤhlte er ploͤtzlich eine gaͤnzliche Veraͤnderung seines Zustandes, alle seine Schwermuth und Schmerzen waren gaͤnzlich weg, er empfand eine solche Wonne und tiefen Frieden in seiner Seelen, daß er vor Freude und Seligkeit nicht zu bleiben wußte.

Er besann sich und wurde gewahr, daß er willens war wegzugehen; dazu hatte er sich entschlossen ohne es zu wissen, so in demselbigen Augenblick stund er auf, gieng hinauf auf seine Schlafkammer, und dachte nach; wie viel Thraͤnen der

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[116/0118] Dabei fuͤhlte er einen unwiderstehlichen Trieb, uͤber seine Gedanken, Worte und Werke zu wachen, damit sie alle Gott geziemend, angenehm, und nuͤtzlich seyn moͤchten. Auf der Stelle machte er einen festen und unwiederruflichen Bund mit Gott, sich hinfuͤhro lediglich seiner Fuͤhrung zu uͤberlassen, und keine eitle Wuͤnsche mehr zu hegen, sondern wenn es Gott gefallen wuͤrde, daß er Lebenslang ein Handwerksmann bleiben sollte, willig und mit Freuden damit zufrieden zu seyn. Er war bei einem Kaufmann als Jnformator seiner Kinder, wo es ihm sehr uͤbel ging, bis er auf folgende Weise den Entschluß faßte, dieß Haus zu verlassen. Um neun Uhr als er in seinem Kerker am Tisch saß, und ganz in sich selbst gekehrt das Feuer seiner Leiden aushielt, fuͤhlte er ploͤtzlich eine gaͤnzliche Veraͤnderung seines Zustandes, alle seine Schwermuth und Schmerzen waren gaͤnzlich weg, er empfand eine solche Wonne und tiefen Frieden in seiner Seelen, daß er vor Freude und Seligkeit nicht zu bleiben wußte. Er besann sich und wurde gewahr, daß er willens war wegzugehen; dazu hatte er sich entschlossen ohne es zu wissen, so in demselbigen Augenblick stund er auf, gieng hinauf auf seine Schlafkammer, und dachte nach; wie viel Thraͤnen der

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/118>, abgerufen am 19.05.2024.