Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0029" n="27"/><lb/> unsrer seits den Kopf daruͤber zerbrachen, was ihm doch wohl im Kopfe stecken moͤchte, konnte er es seiner seits nicht mehr aushalten, daß nicht mit ihm gesprochen wurde, und daß er mit einemmale aus unsrer Gesellschaft verbannt war. Er bekoͤmmt also den Einfall, an meine Frau dieser Sache wegen zu schreiben, sich wegen seiner Laune zu entschuldigen, ja, sogar deshalb um Verzeihung zu bitten, hundert suͤsse gestohlne Sachen zu sagen, und alle Schuld davon auf Ferdinandchen zu schieben. Die Antwort meiner Frau war in einem solchen Ton abgefaßt, daß, wenn er noch einen Funken gesunder Vernunft vorraͤthig gehabt haͤtte, er dadurch zu einem weichern und rechtschaffenern Betragen, besonders gegen das M..sche Kind haͤtte bewogen werden muͤssen. Aber Sie werden sich wundern, wenn Sie hoͤren werden, daß grade das Gegentheil geschehen ist. Meine Frau sendet ihm die Antwort am 17ten dieses Nachmittags um 4 Uhr, und er hatte sein Schreiben an demselben Tage Vormittags geschickt. Gleich nach Tische geht er mit den Kindern aus, koͤmmt etwa um zwey oder halb drei Uhr wieder, als ich grade in der zwischen seiner und meiner Stube gelegenen oben erwaͤhnten Kammer war. Mit einemmale hoͤre ich in seiner Stube ein starkes Gepolter und Ferdinandchen weinen. Jch reiße die Thuͤr mit Hitze auf. »Weinen Sie?« (mit barscher Stimme) ― Nein! ― und haͤlt noch den Schnupftuch vor die Augen. ― »Jch will<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0029]
unsrer seits den Kopf daruͤber zerbrachen, was ihm doch wohl im Kopfe stecken moͤchte, konnte er es seiner seits nicht mehr aushalten, daß nicht mit ihm gesprochen wurde, und daß er mit einemmale aus unsrer Gesellschaft verbannt war. Er bekoͤmmt also den Einfall, an meine Frau dieser Sache wegen zu schreiben, sich wegen seiner Laune zu entschuldigen, ja, sogar deshalb um Verzeihung zu bitten, hundert suͤsse gestohlne Sachen zu sagen, und alle Schuld davon auf Ferdinandchen zu schieben. Die Antwort meiner Frau war in einem solchen Ton abgefaßt, daß, wenn er noch einen Funken gesunder Vernunft vorraͤthig gehabt haͤtte, er dadurch zu einem weichern und rechtschaffenern Betragen, besonders gegen das M..sche Kind haͤtte bewogen werden muͤssen. Aber Sie werden sich wundern, wenn Sie hoͤren werden, daß grade das Gegentheil geschehen ist. Meine Frau sendet ihm die Antwort am 17ten dieses Nachmittags um 4 Uhr, und er hatte sein Schreiben an demselben Tage Vormittags geschickt. Gleich nach Tische geht er mit den Kindern aus, koͤmmt etwa um zwey oder halb drei Uhr wieder, als ich grade in der zwischen seiner und meiner Stube gelegenen oben erwaͤhnten Kammer war. Mit einemmale hoͤre ich in seiner Stube ein starkes Gepolter und Ferdinandchen weinen. Jch reiße die Thuͤr mit Hitze auf. »Weinen Sie?« (mit barscher Stimme) ― Nein! ― und haͤlt noch den Schnupftuch vor die Augen. ― »Jch will
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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