Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.
Als ich mich diese Zeit hindurch mit meiner Frau über dieses Betragen besprach: so fiel letztere auf allerlei Gedanken, unter andern gar auf den: daß es mit dem Menschen nicht richtig im Kopfe seyn müsse. Jch aber schrieb diesen und andre Auftritte, selbst seiner zu großen Strenge, die uns nun immer mehr sichtbar wurde, seinem schwarzen und überflüssigen Blute zu, weil er selbst einigemal sich davon hatte etwas merken lassen. Jndem wir uns
Als ich mich diese Zeit hindurch mit meiner Frau uͤber dieses Betragen besprach: so fiel letztere auf allerlei Gedanken, unter andern gar auf den: daß es mit dem Menschen nicht richtig im Kopfe seyn muͤsse. Jch aber schrieb diesen und andre Auftritte, selbst seiner zu großen Strenge, die uns nun immer mehr sichtbar wurde, seinem schwarzen und uͤberfluͤssigen Blute zu, weil er selbst einigemal sich davon hatte etwas merken lassen. Jndem wir uns <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0028" n="26"/><lb/> Herr Sander ist noch ein junger Gelehrter, der aber freilich sehr groß werden kann. Ob der groͤßte? das ist eine andre Frage. ― »Was er doch <choice><corr>redet«</corr><sic>redet</sic></choice>, brach hierauf der ergrimmte Lehrer aus; und ich sagte: lassen Sie ihn doch! Er meints recht gut; er weiß schon von Philosophen zu schwatzen. ― Auf dies alles blieb er bei seiner Miene, und wie man sagt, mopsig, und redete kein Wort mehr uͤber Tisch. Wir hatten vor Tische gespielt; wir setzten es nun noch mehr der Langenweile wegen fort; aber so, daß weder ich, noch meine Frau ihn eines Worts wuͤrdigten, um ihn unser Misfallen uͤber sein unanstaͤndiges Betragen fuͤhlen zu lassen. Bei diesem Abendessen war es auch, wo er dem Ferdinand wiederum gebot, nicht wie ein Schwein zu schmatzen, weil ihm ein mehreres zu thun nicht erlaubt war. Daß er nichts gefuͤhlt habe, das lernen Sie daraus, daß er eben die wiedrige Miene vom Sonntage an bis zum Donnerstage fortsetzte; so, daß er kaum antwortete, wenn ihm etwas gesagt wurde. </p> <p>Als ich mich diese Zeit hindurch mit meiner Frau uͤber dieses Betragen besprach: so fiel letztere auf allerlei Gedanken, unter andern gar auf den: daß es mit dem Menschen nicht richtig im Kopfe seyn muͤsse. Jch aber schrieb diesen und andre Auftritte, selbst seiner zu großen Strenge, die uns nun immer mehr sichtbar wurde, seinem schwarzen und uͤberfluͤssigen Blute zu, weil er selbst einigemal sich davon hatte etwas merken lassen. Jndem wir uns<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0028]
Herr Sander ist noch ein junger Gelehrter, der aber freilich sehr groß werden kann. Ob der groͤßte? das ist eine andre Frage. ― »Was er doch redet«, brach hierauf der ergrimmte Lehrer aus; und ich sagte: lassen Sie ihn doch! Er meints recht gut; er weiß schon von Philosophen zu schwatzen. ― Auf dies alles blieb er bei seiner Miene, und wie man sagt, mopsig, und redete kein Wort mehr uͤber Tisch. Wir hatten vor Tische gespielt; wir setzten es nun noch mehr der Langenweile wegen fort; aber so, daß weder ich, noch meine Frau ihn eines Worts wuͤrdigten, um ihn unser Misfallen uͤber sein unanstaͤndiges Betragen fuͤhlen zu lassen. Bei diesem Abendessen war es auch, wo er dem Ferdinand wiederum gebot, nicht wie ein Schwein zu schmatzen, weil ihm ein mehreres zu thun nicht erlaubt war. Daß er nichts gefuͤhlt habe, das lernen Sie daraus, daß er eben die wiedrige Miene vom Sonntage an bis zum Donnerstage fortsetzte; so, daß er kaum antwortete, wenn ihm etwas gesagt wurde.
Als ich mich diese Zeit hindurch mit meiner Frau uͤber dieses Betragen besprach: so fiel letztere auf allerlei Gedanken, unter andern gar auf den: daß es mit dem Menschen nicht richtig im Kopfe seyn muͤsse. Jch aber schrieb diesen und andre Auftritte, selbst seiner zu großen Strenge, die uns nun immer mehr sichtbar wurde, seinem schwarzen und uͤberfluͤssigen Blute zu, weil er selbst einigemal sich davon hatte etwas merken lassen. Jndem wir uns
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