Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="3"/><lb/> der seine Auffuͤhrung aus einem so ganz andern Gesichtspunkte ansah, verwarf ihn als einen Mann, der ihn gar nicht kennte, und wunderte sich uͤber sich selbst, daß er sich nicht gleich bei dem Rektor des Gymnasiums hatte einschreiben lassen. Seiner Mutter, glaubte er, wolle er diesen ganzen Verlauf so vorstellen, daß sie nicht anders, als das, was er gethan, billigen sollte. So zog er auf das Gymnasium in die Wohnung des Rektors. Freilich vertrug dieser Aufenthalt und die Behandlung, die er hier genoß, sich ehr mit seiner Gesinnung. Er lebte ohne kindische Aufsicht, mehr fuͤr sich; die Schuͤler waren gegen ihn weit hoflicher, die Lehrer gingen feiner mit ihm um, und er schien uͤberhaupt mehr uͤber sein Thun und Lassen frei beschließen zu koͤnnen, als an allen bisherigen Orten. Dieß gefiel ihm, und that auch gewiß auf einen solchen Charakter, als Roberts Charakter war, den besten Effekt. Das ungebundne, freie Leben munterte ihn so zur eignen Thaͤtigkeit auf, daß er mit so vieler Lust nie gearbeitet hatte. Durch sein ernstes und gesetztes Betragen erwarb er sich gleich in der ersten Zeit das Zutrauen aller Lehrer, und die Freundschaft aller Schuͤler; hierunter war besonders ein Herr von Thuͤmmen, mit dem er zusammen wohnte, ein leichtsinniger, aber dabei guter und bei ritterlichen Thaten ehrgeiziger Juͤngling. Diesen nahm Roberts maͤnnlicher Geist bis zum Enthusiasmus ein, und er glaubte in ihm gleichsam das Jdeal zu sehen,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0005]
der seine Auffuͤhrung aus einem so ganz andern Gesichtspunkte ansah, verwarf ihn als einen Mann, der ihn gar nicht kennte, und wunderte sich uͤber sich selbst, daß er sich nicht gleich bei dem Rektor des Gymnasiums hatte einschreiben lassen. Seiner Mutter, glaubte er, wolle er diesen ganzen Verlauf so vorstellen, daß sie nicht anders, als das, was er gethan, billigen sollte. So zog er auf das Gymnasium in die Wohnung des Rektors. Freilich vertrug dieser Aufenthalt und die Behandlung, die er hier genoß, sich ehr mit seiner Gesinnung. Er lebte ohne kindische Aufsicht, mehr fuͤr sich; die Schuͤler waren gegen ihn weit hoflicher, die Lehrer gingen feiner mit ihm um, und er schien uͤberhaupt mehr uͤber sein Thun und Lassen frei beschließen zu koͤnnen, als an allen bisherigen Orten. Dieß gefiel ihm, und that auch gewiß auf einen solchen Charakter, als Roberts Charakter war, den besten Effekt. Das ungebundne, freie Leben munterte ihn so zur eignen Thaͤtigkeit auf, daß er mit so vieler Lust nie gearbeitet hatte. Durch sein ernstes und gesetztes Betragen erwarb er sich gleich in der ersten Zeit das Zutrauen aller Lehrer, und die Freundschaft aller Schuͤler; hierunter war besonders ein Herr von Thuͤmmen, mit dem er zusammen wohnte, ein leichtsinniger, aber dabei guter und bei ritterlichen Thaten ehrgeiziger Juͤngling. Diesen nahm Roberts maͤnnlicher Geist bis zum Enthusiasmus ein, und er glaubte in ihm gleichsam das Jdeal zu sehen,
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