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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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Schwärmereien verleitete, wovon er nachher durch eigne Kraft und vernünftige Ueberlegung zurückkam. Dieser Schuster ist nachher beständig für Anton eine sehr merkwürdige Person geblieben.

Antons Vater ließ ihm auf Zureden einiger Bekannten, in seinem zwölften Jahre, in der öffentlichen Stadtschule eine lateinische Privatstunde besuchen, damit er wenigstens auf alle Fälle, wie es hieß, einen Kasum solle setzen lernen. Jn die übrigen Stunden der öffentlichen Schule aber, worinn Religionsunterricht die Hauptsache war, wollte ihn sein Vater, zum größten Leidwesen seiner Mutter und Anverwandten, schlechterdings nicht schicken.

Nun war doch einer von Antons eifrigsten Wünschen, einmal in eine öffentliche Stadtschule gehen zu dürfen, zum Theil erfüllt.

Beim ersten Eintritt waren ihm schon die dicken Mauren, dunkeln gewölbten Gemächer, hundertjährigen Bänke, und vom Wurm durchlöcherten Katheder, nichts wie Heiligthümer, die seine Seele mit Ehrfurcht erfüllten.

Der Konrektor, ein kleines muntres Männchen, flößte ihm ohngeachtet seiner nicht sehr gravitätischen Miene, dennoch durch seinen schwarzen Rock und Stutzperucke einen tiefen Respekt ein.

Dieser Mann ging noch auf einen ziemlich freundschaftlichen Fuß mit seinen Schülern um: gewöhnlich nannte er zwar einen jeden ihr, aber


Schwaͤrmereien verleitete, wovon er nachher durch eigne Kraft und vernuͤnftige Ueberlegung zuruͤckkam. Dieser Schuster ist nachher bestaͤndig fuͤr Anton eine sehr merkwuͤrdige Person geblieben.

Antons Vater ließ ihm auf Zureden einiger Bekannten, in seinem zwoͤlften Jahre, in der oͤffentlichen Stadtschule eine lateinische Privatstunde besuchen, damit er wenigstens auf alle Faͤlle, wie es hieß, einen Kasum solle setzen lernen. Jn die uͤbrigen Stunden der oͤffentlichen Schule aber, worinn Religionsunterricht die Hauptsache war, wollte ihn sein Vater, zum groͤßten Leidwesen seiner Mutter und Anverwandten, schlechterdings nicht schicken.

Nun war doch einer von Antons eifrigsten Wuͤnschen, einmal in eine oͤffentliche Stadtschule gehen zu duͤrfen, zum Theil erfuͤllt.

Beim ersten Eintritt waren ihm schon die dicken Mauren, dunkeln gewoͤlbten Gemaͤcher, hundertjaͤhrigen Baͤnke, und vom Wurm durchloͤcherten Katheder, nichts wie Heiligthuͤmer, die seine Seele mit Ehrfurcht erfuͤllten.

Der Konrektor, ein kleines muntres Maͤnnchen, floͤßte ihm ohngeachtet seiner nicht sehr gravitaͤtischen Miene, dennoch durch seinen schwarzen Rock und Stutzperucke einen tiefen Respekt ein.

Dieser Mann ging noch auf einen ziemlich freundschaftlichen Fuß mit seinen Schuͤlern um: gewoͤhnlich nannte er zwar einen jeden ihr, aber

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[87/0089] Schwaͤrmereien verleitete, wovon er nachher durch eigne Kraft und vernuͤnftige Ueberlegung zuruͤckkam. Dieser Schuster ist nachher bestaͤndig fuͤr Anton eine sehr merkwuͤrdige Person geblieben. Antons Vater ließ ihm auf Zureden einiger Bekannten, in seinem zwoͤlften Jahre, in der oͤffentlichen Stadtschule eine lateinische Privatstunde besuchen, damit er wenigstens auf alle Faͤlle, wie es hieß, einen Kasum solle setzen lernen. Jn die uͤbrigen Stunden der oͤffentlichen Schule aber, worinn Religionsunterricht die Hauptsache war, wollte ihn sein Vater, zum groͤßten Leidwesen seiner Mutter und Anverwandten, schlechterdings nicht schicken. Nun war doch einer von Antons eifrigsten Wuͤnschen, einmal in eine oͤffentliche Stadtschule gehen zu duͤrfen, zum Theil erfuͤllt. Beim ersten Eintritt waren ihm schon die dicken Mauren, dunkeln gewoͤlbten Gemaͤcher, hundertjaͤhrigen Baͤnke, und vom Wurm durchloͤcherten Katheder, nichts wie Heiligthuͤmer, die seine Seele mit Ehrfurcht erfuͤllten. Der Konrektor, ein kleines muntres Maͤnnchen, floͤßte ihm ohngeachtet seiner nicht sehr gravitaͤtischen Miene, dennoch durch seinen schwarzen Rock und Stutzperucke einen tiefen Respekt ein. Dieser Mann ging noch auf einen ziemlich freundschaftlichen Fuß mit seinen Schuͤlern um: gewoͤhnlich nannte er zwar einen jeden ihr, aber

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/89>, abgerufen am 21.11.2024.