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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

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ben, gefunden? nehmlich: ob solche deutlich oder undeutlich oder umschweifend sei?

Grade dieses war einer von denjenigen Punkten, worauf ich bei meinem Besuche mein Augenmerk zu richten mir vorgenommen hatte.

Daß der Jnquisit Verstand und Vernunft, ja sogar eine messende Vernunft besitze, beweiset nicht nur der Jnhalt der Acten, sondern auch jede Uhr, die er verfertigt hat.

Es ist die Frage: ob er seine Gedanken durch Kennzeichen auszudrücken fähig, die uns veranlassen können, eben das zu denken, was er gedacht wissen will, oder welches einerlei: ob seine Gebehrden die Stelle der Sprache vertreten können?

Jch kann diese Frage nicht eher beantworten, bevor ich nicht die Denkungsart dieses tauben und stummen Menschen untersuchet habe.

Er kann nicht so denken wie wir, die wir durch Zusammensetzung einzelner mit Worten verknüpfter Begriffe das Ganze einer Jdee in unsrer Seele bilden: sondern jeder Brüningischer Gedanke ist eine totale Jdee, ein Bild, in welchem sich alles, was zu demselben gehört, auf einmal in seinem Zusammenhange vorstellet.

Seine Gedanken sind viel grösser vom Umfange, viel lebhafter, viel schneller, nicht so zerstückt und unterbrochen als die unsrigen.

Daher ist er den Augenblick mit der Antwort fertig, sobald er die Gebehrden des Fragenden ver-


ben, gefunden? nehmlich: ob solche deutlich oder undeutlich oder umschweifend sei?

Grade dieses war einer von denjenigen Punkten, worauf ich bei meinem Besuche mein Augenmerk zu richten mir vorgenommen hatte.

Daß der Jnquisit Verstand und Vernunft, ja sogar eine messende Vernunft besitze, beweiset nicht nur der Jnhalt der Acten, sondern auch jede Uhr, die er verfertigt hat.

Es ist die Frage: ob er seine Gedanken durch Kennzeichen auszudruͤcken faͤhig, die uns veranlassen koͤnnen, eben das zu denken, was er gedacht wissen will, oder welches einerlei: ob seine Gebehrden die Stelle der Sprache vertreten koͤnnen?

Jch kann diese Frage nicht eher beantworten, bevor ich nicht die Denkungsart dieses tauben und stummen Menschen untersuchet habe.

Er kann nicht so denken wie wir, die wir durch Zusammensetzung einzelner mit Worten verknuͤpfter Begriffe das Ganze einer Jdee in unsrer Seele bilden: sondern jeder Bruͤningischer Gedanke ist eine totale Jdee, ein Bild, in welchem sich alles, was zu demselben gehoͤrt, auf einmal in seinem Zusammenhange vorstellet.

Seine Gedanken sind viel groͤsser vom Umfange, viel lebhafter, viel schneller, nicht so zerstuͤckt und unterbrochen als die unsrigen.

Daher ist er den Augenblick mit der Antwort fertig, sobald er die Gebehrden des Fragenden ver-

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[52/0052] ben, gefunden? nehmlich: ob solche deutlich oder undeutlich oder umschweifend sei? Grade dieses war einer von denjenigen Punkten, worauf ich bei meinem Besuche mein Augenmerk zu richten mir vorgenommen hatte. Daß der Jnquisit Verstand und Vernunft, ja sogar eine messende Vernunft besitze, beweiset nicht nur der Jnhalt der Acten, sondern auch jede Uhr, die er verfertigt hat. Es ist die Frage: ob er seine Gedanken durch Kennzeichen auszudruͤcken faͤhig, die uns veranlassen koͤnnen, eben das zu denken, was er gedacht wissen will, oder welches einerlei: ob seine Gebehrden die Stelle der Sprache vertreten koͤnnen? Jch kann diese Frage nicht eher beantworten, bevor ich nicht die Denkungsart dieses tauben und stummen Menschen untersuchet habe. Er kann nicht so denken wie wir, die wir durch Zusammensetzung einzelner mit Worten verknuͤpfter Begriffe das Ganze einer Jdee in unsrer Seele bilden: sondern jeder Bruͤningischer Gedanke ist eine totale Jdee, ein Bild, in welchem sich alles, was zu demselben gehoͤrt, auf einmal in seinem Zusammenhange vorstellet. Seine Gedanken sind viel groͤsser vom Umfange, viel lebhafter, viel schneller, nicht so zerstuͤckt und unterbrochen als die unsrigen. Daher ist er den Augenblick mit der Antwort fertig, sobald er die Gebehrden des Fragenden ver-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/52>, abgerufen am 21.11.2024.