Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.Jch studierte in Königsberg, und hatte die Aufsicht über einen reichen Jüngling aus D..., der eine der dortigen Schulen besuchte. Diese Aufsicht brachte mir außer einer freien Wohnung verschiedne Vortheile, ohne welche ich bei den geringen Unterstützungen, die mir mein Vater angedeihen ließ, nicht hätte bestehen und meine Studien fortsetzen können. Jch mußte eine Reise thun, und während meiner Abwesenheit machte man die Kabale und führte sie auch aus, jenen für mein Bestehen so unentbehrlichen Jüngling anderswo unterzubringen. Jch behielt aber noch den Vortheil der freien Wohnung auf einige Zeit. Diese ging zu Ende, und einen Tag, da ich meine mässige Mittagsmahlzeit genoß, machte mich der Gedanke bekümmerter und ängstlicher, als je vorhin: wie wirds nun mit dir werden? Jch überrechnete alle meine Bedürfnisse, und forschte nach Mitteln und Wegen, ihnen allen, oder doch nur den wichtigsten darunter, abzuhelfen. Aber da war kein Mittel zu finden, kein Weg zu sehen. Die Bekümmerniß und Angst der Seele ward so groß, daß ich mit thränendem Auge gen Himmel aufsah, und das that, was Religion und Noth hieß. Auf einmal entstand nicht nur Ruhe in meinem Jnnern, sondern auch eine so gewisse Ueberzeugung, es wird bald, sehr bald Rath zu dem allen werden, Jch studierte in Koͤnigsberg, und hatte die Aufsicht uͤber einen reichen Juͤngling aus D..., der eine der dortigen Schulen besuchte. Diese Aufsicht brachte mir außer einer freien Wohnung verschiedne Vortheile, ohne welche ich bei den geringen Unterstuͤtzungen, die mir mein Vater angedeihen ließ, nicht haͤtte bestehen und meine Studien fortsetzen koͤnnen. Jch mußte eine Reise thun, und waͤhrend meiner Abwesenheit machte man die Kabale und fuͤhrte sie auch aus, jenen fuͤr mein Bestehen so unentbehrlichen Juͤngling anderswo unterzubringen. Jch behielt aber noch den Vortheil der freien Wohnung auf einige Zeit. Diese ging zu Ende, und einen Tag, da ich meine maͤssige Mittagsmahlzeit genoß, machte mich der Gedanke bekuͤmmerter und aͤngstlicher, als je vorhin: wie wirds nun mit dir werden? Jch uͤberrechnete alle meine Beduͤrfnisse, und forschte nach Mitteln und Wegen, ihnen allen, oder doch nur den wichtigsten darunter, abzuhelfen. Aber da war kein Mittel zu finden, kein Weg zu sehen. Die Bekuͤmmerniß und Angst der Seele ward so groß, daß ich mit thraͤnendem Auge gen Himmel aufsah, und das that, was Religion und Noth hieß. Auf einmal entstand nicht nur Ruhe in meinem Jnnern, sondern auch eine so gewisse Ueberzeugung, es wird bald, sehr bald Rath zu dem allen werden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0024" n="24"/><lb/> <p>Jch studierte in Koͤnigsberg, und hatte die Aufsicht uͤber einen reichen Juͤngling aus D..., der eine der dortigen Schulen besuchte. Diese Aufsicht brachte mir außer einer freien Wohnung verschiedne Vortheile, ohne welche ich bei den geringen Unterstuͤtzungen, die mir mein Vater angedeihen ließ, nicht haͤtte bestehen und meine Studien fortsetzen koͤnnen. </p> <p>Jch mußte eine Reise thun, und waͤhrend meiner Abwesenheit machte man die Kabale und fuͤhrte sie auch aus, jenen fuͤr mein Bestehen so unentbehrlichen Juͤngling anderswo unterzubringen. </p> <p>Jch behielt aber noch den Vortheil der freien Wohnung auf einige Zeit. Diese ging zu Ende, und einen Tag, da ich meine maͤssige Mittagsmahlzeit genoß, machte mich der Gedanke bekuͤmmerter und aͤngstlicher, als je vorhin: wie wirds nun mit dir werden? </p> <p>Jch uͤberrechnete alle meine Beduͤrfnisse, und forschte nach Mitteln und Wegen, ihnen allen, oder doch nur den wichtigsten darunter, abzuhelfen. Aber da war kein Mittel zu finden, kein Weg zu sehen. </p> <p>Die Bekuͤmmerniß und Angst der Seele ward so groß, daß ich mit thraͤnendem Auge gen Himmel aufsah, und das that, was Religion und Noth hieß. </p> <p>Auf einmal entstand nicht nur Ruhe in meinem Jnnern, sondern auch eine so gewisse Ueberzeugung, es wird bald, sehr bald Rath zu dem allen werden,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0024]
Jch studierte in Koͤnigsberg, und hatte die Aufsicht uͤber einen reichen Juͤngling aus D..., der eine der dortigen Schulen besuchte. Diese Aufsicht brachte mir außer einer freien Wohnung verschiedne Vortheile, ohne welche ich bei den geringen Unterstuͤtzungen, die mir mein Vater angedeihen ließ, nicht haͤtte bestehen und meine Studien fortsetzen koͤnnen.
Jch mußte eine Reise thun, und waͤhrend meiner Abwesenheit machte man die Kabale und fuͤhrte sie auch aus, jenen fuͤr mein Bestehen so unentbehrlichen Juͤngling anderswo unterzubringen.
Jch behielt aber noch den Vortheil der freien Wohnung auf einige Zeit. Diese ging zu Ende, und einen Tag, da ich meine maͤssige Mittagsmahlzeit genoß, machte mich der Gedanke bekuͤmmerter und aͤngstlicher, als je vorhin: wie wirds nun mit dir werden?
Jch uͤberrechnete alle meine Beduͤrfnisse, und forschte nach Mitteln und Wegen, ihnen allen, oder doch nur den wichtigsten darunter, abzuhelfen. Aber da war kein Mittel zu finden, kein Weg zu sehen.
Die Bekuͤmmerniß und Angst der Seele ward so groß, daß ich mit thraͤnendem Auge gen Himmel aufsah, und das that, was Religion und Noth hieß.
Auf einmal entstand nicht nur Ruhe in meinem Jnnern, sondern auch eine so gewisse Ueberzeugung, es wird bald, sehr bald Rath zu dem allen werden,
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