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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

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Jene mußten erfinden, erst Wörter schaffen; diese dürfen nur lernen, nur schon in Gang gebrachte Wörter annehmen. Welch ein Unterschied!

Wie die erste Wortsprache würklich entstanden ist? -- Wie sie entstanden seyn kann? sind zwei Fragen, die in Untersuchung ihres Ursprunges gemeiniglich miteinander vermischt werden. Man glaubt, die erste Frage zu beantworten, wenn man die letzte beantwortet, und das ist gewiß ein Fehlschluß.

Aber ist Wortsprache nicht ein dringendes Bedürfniß der menschlichen Gesellschaft? -- wird nicht der erste Mensch früh dieses Bedürfniß zu befriedigen angefangen haben? -- Die Erklärer des Ursprungs der Sprache, die ihre Leser bloß mit diesen Fragen abgefertigt haben, wollten doch wohl nicht dafür angesehn seyn, als ob sie uns auch nur das Entstehen können der Sprache gezeigt hätten. Wir wissen es alle gar wohl, daß Sprache ein Bedürfniß des geselligen Menschen ist; aber deswegen wissen wir lange noch nicht, auf welche Art, unter welchen Umständen die ersten Menschen dieses Bedürfniß zu befriedigen angefangen haben. Einem Bedürfnisse wird nicht immer auf einerlei Art, nicht einmal von einerlei Menschen abgeholfen.

Um zu wissen, wie die erste Wortsprache der Menschen entstanden ist, müßten wir eine sichere


Jene mußten erfinden, erst Woͤrter schaffen; diese duͤrfen nur lernen, nur schon in Gang gebrachte Woͤrter annehmen. Welch ein Unterschied!

Wie die erste Wortsprache wuͤrklich entstanden ist? ― Wie sie entstanden seyn kann? sind zwei Fragen, die in Untersuchung ihres Ursprunges gemeiniglich miteinander vermischt werden. Man glaubt, die erste Frage zu beantworten, wenn man die letzte beantwortet, und das ist gewiß ein Fehlschluß.

Aber ist Wortsprache nicht ein dringendes Beduͤrfniß der menschlichen Gesellschaft? ― wird nicht der erste Mensch fruͤh dieses Beduͤrfniß zu befriedigen angefangen haben? ― Die Erklaͤrer des Ursprungs der Sprache, die ihre Leser bloß mit diesen Fragen abgefertigt haben, wollten doch wohl nicht dafuͤr angesehn seyn, als ob sie uns auch nur das Entstehen koͤnnen der Sprache gezeigt haͤtten. Wir wissen es alle gar wohl, daß Sprache ein Beduͤrfniß des geselligen Menschen ist; aber deswegen wissen wir lange noch nicht, auf welche Art, unter welchen Umstaͤnden die ersten Menschen dieses Beduͤrfniß zu befriedigen angefangen haben. Einem Beduͤrfnisse wird nicht immer auf einerlei Art, nicht einmal von einerlei Menschen abgeholfen.

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[94/0094] Jene mußten erfinden, erst Woͤrter schaffen; diese duͤrfen nur lernen, nur schon in Gang gebrachte Woͤrter annehmen. Welch ein Unterschied! Wie die erste Wortsprache wuͤrklich entstanden ist? ― Wie sie entstanden seyn kann? sind zwei Fragen, die in Untersuchung ihres Ursprunges gemeiniglich miteinander vermischt werden. Man glaubt, die erste Frage zu beantworten, wenn man die letzte beantwortet, und das ist gewiß ein Fehlschluß. Aber ist Wortsprache nicht ein dringendes Beduͤrfniß der menschlichen Gesellschaft? ― wird nicht der erste Mensch fruͤh dieses Beduͤrfniß zu befriedigen angefangen haben? ― Die Erklaͤrer des Ursprungs der Sprache, die ihre Leser bloß mit diesen Fragen abgefertigt haben, wollten doch wohl nicht dafuͤr angesehn seyn, als ob sie uns auch nur das Entstehen koͤnnen der Sprache gezeigt haͤtten. Wir wissen es alle gar wohl, daß Sprache ein Beduͤrfniß des geselligen Menschen ist; aber deswegen wissen wir lange noch nicht, auf welche Art, unter welchen Umstaͤnden die ersten Menschen dieses Beduͤrfniß zu befriedigen angefangen haben. Einem Beduͤrfnisse wird nicht immer auf einerlei Art, nicht einmal von einerlei Menschen abgeholfen. Um zu wissen, wie die erste Wortsprache der Menschen entstanden ist, muͤßten wir eine sichere

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/94>, abgerufen am 04.12.2024.