Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


dann mit unserm Sohn das Sommerfeld besehen, da ich heute so grosse Lust zu spatzieren hätte.

Sie bat mich inständig, nur dießmal den Krankenbesuch einzustellen, und vielmehr für meine eigene Gesundheit zu sorgen, ins Feld wolle sie selbst mit mir gehen.

So schwer ihr dieser abermalige Spatziergang werden mußte, da sie erst von einem zwei Stunden langen, mit mir zurückgekommen war, so nahm ich doch an dem Tage auch dieses Anerbieten an.

Wir gingen fort, und beim Weggehen sagte ich meinen Leuten: Wir gehen wieder ins Feld, und wenn unterdeß jemand aus R.. kömmt, so könnt ihr uns in den Erbsen oder Gerste finden, kommt sodann sogleich und ruft uns. Wir besahen die Erbsen und die erst aufgehende Gerste.

Wir kehreten wieder zurück, und wie wir beinahe das Dorf erreicht hatten, so sahe ich meine Magd kommen. Meine Seele, die mit nichts als mit meinem verunglückten Freund zu thun hatte, war nur begierig diese Nachricht von einem andern zu hören, und es war mir, als könnte ich nicht irren, daß mir die Magd nicht die Nachricht von der ganzen Erfüllung meines Traums brächte.

Da haben wirs, sagte ich zu meiner Frau -- die bringt uns Nachricht aus R.. von unserm verunglückten Freund.



dann mit unserm Sohn das Sommerfeld besehen, da ich heute so grosse Lust zu spatzieren haͤtte.

Sie bat mich instaͤndig, nur dießmal den Krankenbesuch einzustellen, und vielmehr fuͤr meine eigene Gesundheit zu sorgen, ins Feld wolle sie selbst mit mir gehen.

So schwer ihr dieser abermalige Spatziergang werden mußte, da sie erst von einem zwei Stunden langen, mit mir zuruͤckgekommen war, so nahm ich doch an dem Tage auch dieses Anerbieten an.

Wir gingen fort, und beim Weggehen sagte ich meinen Leuten: Wir gehen wieder ins Feld, und wenn unterdeß jemand aus R.. koͤmmt, so koͤnnt ihr uns in den Erbsen oder Gerste finden, kommt sodann sogleich und ruft uns. Wir besahen die Erbsen und die erst aufgehende Gerste.

Wir kehreten wieder zuruͤck, und wie wir beinahe das Dorf erreicht hatten, so sahe ich meine Magd kommen. Meine Seele, die mit nichts als mit meinem verungluͤckten Freund zu thun hatte, war nur begierig diese Nachricht von einem andern zu hoͤren, und es war mir, als koͤnnte ich nicht irren, daß mir die Magd nicht die Nachricht von der ganzen Erfuͤllung meines Traums braͤchte.

Da haben wirs, sagte ich zu meiner Frau — die bringt uns Nachricht aus R.. von unserm verungluͤckten Freund.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0055" n="53"/><lb/>
dann mit unserm Sohn das Sommerfeld besehen, da ich heute so grosse                   Lust zu spatzieren ha&#x0364;tte.</p>
            <p>Sie bat mich insta&#x0364;ndig, nur dießmal den Krankenbesuch einzustellen, und vielmehr                   fu&#x0364;r meine eigene Gesundheit zu sorgen, ins Feld wolle sie selbst mit mir                   gehen.</p>
            <p>So schwer ihr dieser abermalige Spatziergang werden mußte, da sie erst von einem                   zwei Stunden langen, mit mir zuru&#x0364;ckgekommen war, so nahm ich doch an dem Tage auch                   dieses Anerbieten an.</p>
            <p>Wir gingen fort, und beim Weggehen sagte ich meinen Leuten: Wir gehen wieder ins                   Feld, und wenn unterdeß jemand aus R.. ko&#x0364;mmt, so ko&#x0364;nnt ihr uns in den Erbsen oder                   Gerste finden, kommt sodann sogleich und ruft uns. Wir besahen die Erbsen und die                   erst aufgehende Gerste.</p>
            <p>Wir kehreten wieder zuru&#x0364;ck, und wie wir beinahe das Dorf erreicht hatten, so sahe                   ich meine Magd kommen. Meine Seele, die mit nichts als mit meinem verunglu&#x0364;ckten                   Freund zu thun hatte, war nur begierig diese Nachricht von einem andern zu ho&#x0364;ren,                   und es war mir, als ko&#x0364;nnte ich nicht irren, daß mir die Magd nicht die Nachricht                   von der ganzen Erfu&#x0364;llung meines Traums bra&#x0364;chte.</p>
            <p>Da haben wirs, sagte ich zu meiner Frau &#x2014; die bringt uns Nachricht aus R.. von                   unserm verunglu&#x0364;ckten Freund.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0055] dann mit unserm Sohn das Sommerfeld besehen, da ich heute so grosse Lust zu spatzieren haͤtte. Sie bat mich instaͤndig, nur dießmal den Krankenbesuch einzustellen, und vielmehr fuͤr meine eigene Gesundheit zu sorgen, ins Feld wolle sie selbst mit mir gehen. So schwer ihr dieser abermalige Spatziergang werden mußte, da sie erst von einem zwei Stunden langen, mit mir zuruͤckgekommen war, so nahm ich doch an dem Tage auch dieses Anerbieten an. Wir gingen fort, und beim Weggehen sagte ich meinen Leuten: Wir gehen wieder ins Feld, und wenn unterdeß jemand aus R.. koͤmmt, so koͤnnt ihr uns in den Erbsen oder Gerste finden, kommt sodann sogleich und ruft uns. Wir besahen die Erbsen und die erst aufgehende Gerste. Wir kehreten wieder zuruͤck, und wie wir beinahe das Dorf erreicht hatten, so sahe ich meine Magd kommen. Meine Seele, die mit nichts als mit meinem verungluͤckten Freund zu thun hatte, war nur begierig diese Nachricht von einem andern zu hoͤren, und es war mir, als koͤnnte ich nicht irren, daß mir die Magd nicht die Nachricht von der ganzen Erfuͤllung meines Traums braͤchte. Da haben wirs, sagte ich zu meiner Frau — die bringt uns Nachricht aus R.. von unserm verungluͤckten Freund.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/55
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/55>, abgerufen am 22.11.2024.