Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.Zur Seelennaturkunde. I. Ueber den Anfang der Wortsprache in psychologischer Rücksicht. Fortsetzung. Siehe das vorhergehende Stück.) Merkwürdiger und wichtiger als alle spekulative Untersuchungen über den Ursprung der Sprache überhaupt, ist für die Aufmerksamkeit des Seelenbeobachters der Anfang, und die Entwicklung der Kindersprache.-- Hier hat er den Menschen selbst vor sich, nicht den Menschen, der, wer weiß, vor wie viel Jahrtausenden, in welchen Umständen, und auf welcher Stufe seiner Kultur, die Sprache erfunden haben mag, -- und hier darf er nicht fürchten, wenn er anders richtig beobachtet, daß ihn seine Bemühungen höchstens nur zu wahrscheinlichen Hypothesen führen dürften. Wir können es hier als eine ausgemachte Wahrheit voraussetzen, daß der neugeborne Mensch ohne menschliche Gesellschaft, und ohne eine schon vorhandene Wortsprache derselben nie würde re- Zur Seelennaturkunde. I. Ueber den Anfang der Wortsprache in psychologischer Ruͤcksicht. Fortsetzung. Siehe das vorhergehende Stuͤck.) Merkwuͤrdiger und wichtiger als alle spekulative Untersuchungen uͤber den Ursprung der Sprache uͤberhaupt, ist fuͤr die Aufmerksamkeit des Seelenbeobachters der Anfang, und die Entwicklung der Kindersprache.— Hier hat er den Menschen selbst vor sich, nicht den Menschen, der, wer weiß, vor wie viel Jahrtausenden, in welchen Umstaͤnden, und auf welcher Stufe seiner Kultur, die Sprache erfunden haben mag, — und hier darf er nicht fuͤrchten, wenn er anders richtig beobachtet, daß ihn seine Bemuͤhungen hoͤchstens nur zu wahrscheinlichen Hypothesen fuͤhren duͤrften. Wir koͤnnen es hier als eine ausgemachte Wahrheit voraussetzen, daß der neugeborne Mensch ohne menschliche Gesellschaft, und ohne eine schon vorhandene Wortsprache derselben nie wuͤrde re- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0077" n="75"/><lb/><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head>Zur Seelennaturkunde.</head><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">I</hi>. Ueber den Anfang der Wortsprache in psychologischer Ruͤcksicht. <note type="editorial"><bibl><persName ref="#ref2"><note type="editorial"/>Pockels, Carl Friedrich</persName></bibl></note> Fortsetzung. Siehe das vorhergehende Stuͤck.)</head><lb/> <p>Merkwuͤrdiger und wichtiger als alle spekulative Untersuchungen uͤber den Ursprung der Sprache uͤberhaupt, ist fuͤr die Aufmerksamkeit des Seelenbeobachters <hi rendition="#b">der Anfang,</hi> und die <hi rendition="#b">Entwicklung</hi> der <hi rendition="#b">Kindersprache.</hi>— Hier hat er den Menschen selbst vor sich, nicht den Menschen, der, wer weiß, vor wie viel Jahrtausenden, in welchen Umstaͤnden, und auf welcher Stufe seiner Kultur, die Sprache erfunden haben mag, — und hier darf er nicht fuͤrchten, wenn er anders richtig beobachtet, daß ihn seine Bemuͤhungen hoͤchstens nur zu wahrscheinlichen Hypothesen fuͤhren duͤrften. </p> <p>Wir koͤnnen es hier als eine ausgemachte Wahrheit voraussetzen, daß der neugeborne Mensch <hi rendition="#b">ohne menschliche Gesellschaft,</hi> und ohne eine <hi rendition="#b">schon vorhandene Wortsprache</hi> derselben <hi rendition="#b">nie</hi> wuͤrde <hi rendition="#b">re-<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0077]
Zur Seelennaturkunde.
I. Ueber den Anfang der Wortsprache in psychologischer Ruͤcksicht. Fortsetzung. Siehe das vorhergehende Stuͤck.)
Merkwuͤrdiger und wichtiger als alle spekulative Untersuchungen uͤber den Ursprung der Sprache uͤberhaupt, ist fuͤr die Aufmerksamkeit des Seelenbeobachters der Anfang, und die Entwicklung der Kindersprache.— Hier hat er den Menschen selbst vor sich, nicht den Menschen, der, wer weiß, vor wie viel Jahrtausenden, in welchen Umstaͤnden, und auf welcher Stufe seiner Kultur, die Sprache erfunden haben mag, — und hier darf er nicht fuͤrchten, wenn er anders richtig beobachtet, daß ihn seine Bemuͤhungen hoͤchstens nur zu wahrscheinlichen Hypothesen fuͤhren duͤrften.
Wir koͤnnen es hier als eine ausgemachte Wahrheit voraussetzen, daß der neugeborne Mensch ohne menschliche Gesellschaft, und ohne eine schon vorhandene Wortsprache derselben nie wuͤrde re-
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