Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.Gegen mich war er aufs heftigste aufgebracht, daß man so mit ihm umginge, ein gleiches gegen meine Frau, und überhaupt konnte man dem Eintritt einer völligen Raserei entgegen sehen. Jndessen nahm er die Arznei willig, nur mußten ihm Hände und Füsse gebunden werden, weil er sich der Pflaster mit Gewalt entledigen wollte. Wie der Arzt kam, schimpfte er auf ihn, und verlangte einen andern. Nachmittags langte vom Lande sein Stiefgroßvater an, den er stets sehr lieb hatte, der Empfang war ziemlich freundlich, beym öfteren Sehen aber wurde Er ebenfalls mit Anspucken und Schimpfreden behandelt, so wie die Wärter. Beide Männer, als Kenner der Symptomen dieser Krankheit, der Arzt und der Geistliche fanden nöthig, Schärfe anzuwenden, und es musten Ruthen gemacht werden. Als den dritten Tag früh der Arzt sich ihm näherte, spuckte er ihn an, da er aber von selbigem einige Schmitze auf das Gesäß erhielt, ward er gleich stiller. Der Balbier hatte beim Auf- und Zubinden der Pflaster viel zu schaffen, und mußte er, ohnerachtet daß er im Bett angebunden war, doch noch von beyden Wächtern dazu gehalten werden. Den Tag über stieß er öfters Schaudern erregende Reden aus gegen Gott und Menschen, und uns Eltern vermaledeyte er bis in Abgrund, den Stiefgroßvater konnte er auch nicht leiden, spuckte Gegen mich war er aufs heftigste aufgebracht, daß man so mit ihm umginge, ein gleiches gegen meine Frau, und uͤberhaupt konnte man dem Eintritt einer voͤlligen Raserei entgegen sehen. Jndessen nahm er die Arznei willig, nur mußten ihm Haͤnde und Fuͤsse gebunden werden, weil er sich der Pflaster mit Gewalt entledigen wollte. Wie der Arzt kam, schimpfte er auf ihn, und verlangte einen andern. Nachmittags langte vom Lande sein Stiefgroßvater an, den er stets sehr lieb hatte, der Empfang war ziemlich freundlich, beym oͤfteren Sehen aber wurde Er ebenfalls mit Anspucken und Schimpfreden behandelt, so wie die Waͤrter. Beide Maͤnner, als Kenner der Symptomen dieser Krankheit, der Arzt und der Geistliche fanden noͤthig, Schaͤrfe anzuwenden, und es musten Ruthen gemacht werden. Als den dritten Tag fruͤh der Arzt sich ihm naͤherte, spuckte er ihn an, da er aber von selbigem einige Schmitze auf das Gesaͤß erhielt, ward er gleich stiller. Der Balbier hatte beim Auf- und Zubinden der Pflaster viel zu schaffen, und mußte er, ohnerachtet daß er im Bett angebunden war, doch noch von beyden Waͤchtern dazu gehalten werden. Den Tag uͤber stieß er oͤfters Schaudern erregende Reden aus gegen Gott und Menschen, und uns Eltern vermaledeyte er bis in Abgrund, den Stiefgroßvater konnte er auch nicht leiden, spuckte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0031" n="31"/><lb/> <p>Gegen mich war er aufs heftigste aufgebracht, daß man so mit ihm umginge, ein gleiches gegen meine Frau, und uͤberhaupt konnte man dem Eintritt einer voͤlligen Raserei entgegen sehen. </p> <p>Jndessen nahm er die Arznei willig, nur mußten ihm Haͤnde und Fuͤsse gebunden werden, weil er sich der Pflaster mit Gewalt entledigen wollte. </p> <p>Wie der Arzt kam, schimpfte er auf ihn, und verlangte einen andern. Nachmittags langte vom Lande sein Stiefgroßvater an, den er stets sehr lieb hatte, der Empfang war ziemlich freundlich, beym oͤfteren Sehen aber wurde Er ebenfalls mit Anspucken und Schimpfreden behandelt, so wie die Waͤrter. </p> <p>Beide Maͤnner, als Kenner der Symptomen dieser Krankheit, der Arzt und der Geistliche fanden noͤthig, Schaͤrfe anzuwenden, und es musten Ruthen gemacht werden. Als den dritten Tag fruͤh der Arzt sich ihm naͤherte, spuckte er ihn an, da er aber von selbigem einige Schmitze auf das Gesaͤß erhielt, ward er gleich stiller. Der Balbier hatte beim Auf- und Zubinden der Pflaster viel zu schaffen, und mußte er, ohnerachtet daß er im Bett angebunden war, doch noch von beyden Waͤchtern dazu gehalten werden. </p> <p>Den Tag uͤber stieß er oͤfters Schaudern erregende Reden aus gegen Gott und Menschen, und uns Eltern vermaledeyte er bis in Abgrund, den Stiefgroßvater konnte er auch nicht leiden, spuckte<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0031]
Gegen mich war er aufs heftigste aufgebracht, daß man so mit ihm umginge, ein gleiches gegen meine Frau, und uͤberhaupt konnte man dem Eintritt einer voͤlligen Raserei entgegen sehen.
Jndessen nahm er die Arznei willig, nur mußten ihm Haͤnde und Fuͤsse gebunden werden, weil er sich der Pflaster mit Gewalt entledigen wollte.
Wie der Arzt kam, schimpfte er auf ihn, und verlangte einen andern. Nachmittags langte vom Lande sein Stiefgroßvater an, den er stets sehr lieb hatte, der Empfang war ziemlich freundlich, beym oͤfteren Sehen aber wurde Er ebenfalls mit Anspucken und Schimpfreden behandelt, so wie die Waͤrter.
Beide Maͤnner, als Kenner der Symptomen dieser Krankheit, der Arzt und der Geistliche fanden noͤthig, Schaͤrfe anzuwenden, und es musten Ruthen gemacht werden. Als den dritten Tag fruͤh der Arzt sich ihm naͤherte, spuckte er ihn an, da er aber von selbigem einige Schmitze auf das Gesaͤß erhielt, ward er gleich stiller. Der Balbier hatte beim Auf- und Zubinden der Pflaster viel zu schaffen, und mußte er, ohnerachtet daß er im Bett angebunden war, doch noch von beyden Waͤchtern dazu gehalten werden.
Den Tag uͤber stieß er oͤfters Schaudern erregende Reden aus gegen Gott und Menschen, und uns Eltern vermaledeyte er bis in Abgrund, den Stiefgroßvater konnte er auch nicht leiden, spuckte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |