Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


Cornet vom König nebst dem Säbel und Tasche erhalten zu haben glaubte, die wir Eltern ihm nur immer vorenthielten und weshalb er wiederholt den Wächtern anbefahl, alles bei uns abzufordern.

Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getäuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren könne, höchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermöchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende während der Krankheit; seine Schlafmütze war die Husarenmütze, die Wärter mußten ihm Knoten in die Haare knüpfen, und wir sollten Pelz, Säbel und Patent überliefern, sonst würde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen.

Vielleicht trug der Stand der beiden Wächter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am nächstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,


Cornet vom Koͤnig nebst dem Saͤbel und Tasche erhalten zu haben glaubte, die wir Eltern ihm nur immer vorenthielten und weshalb er wiederholt den Waͤchtern anbefahl, alles bei uns abzufordern.

Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getaͤuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren koͤnne, hoͤchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermoͤchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende waͤhrend der Krankheit; seine Schlafmuͤtze war die Husarenmuͤtze, die Waͤrter mußten ihm Knoten in die Haare knuͤpfen, und wir sollten Pelz, Saͤbel und Patent uͤberliefern, sonst wuͤrde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen.

Vielleicht trug der Stand der beiden Waͤchter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am naͤchstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="33"/><lb/>
Cornet vom Ko&#x0364;nig nebst dem Sa&#x0364;bel und                   Tasche erhalten zu haben glaubte, die wir Eltern ihm nur immer vorenthielten und                   weshalb er wiederholt den Wa&#x0364;chtern anbefahl, alles bei uns abzufordern. </p>
            <p>Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben                   haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang geta&#x0364;uscht, ihn zur Zerstreuung                   von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte,                   das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren                   ko&#x0364;nne, ho&#x0364;chstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten                   vermo&#x0364;chte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb                   diese Jdee die herrschende wa&#x0364;hrend der Krankheit; seine Schlafmu&#x0364;tze war die                   Husarenmu&#x0364;tze, die Wa&#x0364;rter mußten ihm Knoten in die Haare knu&#x0364;pfen, und wir sollten                   Pelz, Sa&#x0364;bel und Patent u&#x0364;berliefern, sonst wu&#x0364;rde es der Regimentsadjutant                   abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen. </p>
            <p>Vielleicht trug der Stand der beiden Wa&#x0364;chter, die Soldaten waren, zu dieser                   Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am                   na&#x0364;chstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht                   sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand,                   exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen                   uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0033] Cornet vom Koͤnig nebst dem Saͤbel und Tasche erhalten zu haben glaubte, die wir Eltern ihm nur immer vorenthielten und weshalb er wiederholt den Waͤchtern anbefahl, alles bei uns abzufordern. Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getaͤuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren koͤnne, hoͤchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermoͤchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende waͤhrend der Krankheit; seine Schlafmuͤtze war die Husarenmuͤtze, die Waͤrter mußten ihm Knoten in die Haare knuͤpfen, und wir sollten Pelz, Saͤbel und Patent uͤberliefern, sonst wuͤrde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen. Vielleicht trug der Stand der beiden Waͤchter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am naͤchstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/33
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/33>, abgerufen am 21.11.2024.