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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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Und nun, Freund, lassen Sie uns untersuchen! -- So lange wir denjenigen Zustand des Menschen, in welchem er wahnwitzig genannt wird, noch nicht deutlich und vollständig erkennen, müssen wir uns mit Hypothesen, und um die Sache doch etwas begreiflich zu machen, allenfalls mit Gleichnissen behelfen. Haben Sie nicht je einmal gesehen, wenn eine Uhr so schadhaft wird, daß die zurück- und in Ordnung haltende Kraft der Last der Gewichte oder der Spannkraft der Feder nicht mehr Widerstand thun kann, wie denn die Maschine schnell und mit einem regellosen Gerassel abläuft -- Aber es ist denn doch das Räderwerk einer Uhr, was mit ungestümer Heftigkeit abgerollt wird. Nehmen Sie hingegen an, der Sturmwind faßt plötzlich die Segel einer Mühle, und zerstöret durch übermäßige Kraft das ganze Werk; so müsten Sie doch hier die zerstörende Ursache ganz anders finden und auch leicht genug aus ihren Wirkungen erkennen können.

Wenn nun der Mensch in den Zustand geräth, den wir Wahnwitz nennen; so ist sein Gehirn ohnstreitig einer Maschine gleich, in welcher ähnliche Ursachen, wie in den vorigen Gleichnissen, auch ähnliche Wirkungen hervorbringen, wo denn auch insonderheit die zurückhaltende, ordnende und regierende Kraft, welche die Vibrationen des Gehirns unter ihrer völligen Gewalt haben, und der Einbildungskraft in ihrem Lauf Grenzen setzen, und über-


Und nun, Freund, lassen Sie uns untersuchen! — So lange wir denjenigen Zustand des Menschen, in welchem er wahnwitzig genannt wird, noch nicht deutlich und vollstaͤndig erkennen, muͤssen wir uns mit Hypothesen, und um die Sache doch etwas begreiflich zu machen, allenfalls mit Gleichnissen behelfen. Haben Sie nicht je einmal gesehen, wenn eine Uhr so schadhaft wird, daß die zuruͤck- und in Ordnung haltende Kraft der Last der Gewichte oder der Spannkraft der Feder nicht mehr Widerstand thun kann, wie denn die Maschine schnell und mit einem regellosen Gerassel ablaͤuft — Aber es ist denn doch das Raͤderwerk einer Uhr, was mit ungestuͤmer Heftigkeit abgerollt wird. Nehmen Sie hingegen an, der Sturmwind faßt ploͤtzlich die Segel einer Muͤhle, und zerstoͤret durch uͤbermaͤßige Kraft das ganze Werk; so muͤsten Sie doch hier die zerstoͤrende Ursache ganz anders finden und auch leicht genug aus ihren Wirkungen erkennen koͤnnen.

Wenn nun der Mensch in den Zustand geraͤth, den wir Wahnwitz nennen; so ist sein Gehirn ohnstreitig einer Maschine gleich, in welcher aͤhnliche Ursachen, wie in den vorigen Gleichnissen, auch aͤhnliche Wirkungen hervorbringen, wo denn auch insonderheit die zuruͤckhaltende, ordnende und regierende Kraft, welche die Vibrationen des Gehirns unter ihrer voͤlligen Gewalt haben, und der Einbildungskraft in ihrem Lauf Grenzen setzen, und uͤber-

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[117/0117] Und nun, Freund, lassen Sie uns untersuchen! — So lange wir denjenigen Zustand des Menschen, in welchem er wahnwitzig genannt wird, noch nicht deutlich und vollstaͤndig erkennen, muͤssen wir uns mit Hypothesen, und um die Sache doch etwas begreiflich zu machen, allenfalls mit Gleichnissen behelfen. Haben Sie nicht je einmal gesehen, wenn eine Uhr so schadhaft wird, daß die zuruͤck- und in Ordnung haltende Kraft der Last der Gewichte oder der Spannkraft der Feder nicht mehr Widerstand thun kann, wie denn die Maschine schnell und mit einem regellosen Gerassel ablaͤuft — Aber es ist denn doch das Raͤderwerk einer Uhr, was mit ungestuͤmer Heftigkeit abgerollt wird. Nehmen Sie hingegen an, der Sturmwind faßt ploͤtzlich die Segel einer Muͤhle, und zerstoͤret durch uͤbermaͤßige Kraft das ganze Werk; so muͤsten Sie doch hier die zerstoͤrende Ursache ganz anders finden und auch leicht genug aus ihren Wirkungen erkennen koͤnnen. Wenn nun der Mensch in den Zustand geraͤth, den wir Wahnwitz nennen; so ist sein Gehirn ohnstreitig einer Maschine gleich, in welcher aͤhnliche Ursachen, wie in den vorigen Gleichnissen, auch aͤhnliche Wirkungen hervorbringen, wo denn auch insonderheit die zuruͤckhaltende, ordnende und regierende Kraft, welche die Vibrationen des Gehirns unter ihrer voͤlligen Gewalt haben, und der Einbildungskraft in ihrem Lauf Grenzen setzen, und uͤber-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/117>, abgerufen am 24.11.2024.