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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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brauchten wir ja auch keinen Heiland! Das wiederholte sie noch einigemale, als sie zuvor wieder eine Weile nachgedacht hatte. Nun ward sie ruhiger, versprach nicht mehr traurig zu seyn, sondern fleißig zu arbeiten. Jch ermahnte sie das zu thun, und stellte ihr vor, wie erfreut ihr Mann seyn würde, der, wie sie selbst sagte, bisher mit ihr soviel Geduld gehabt, wenn er sie bei seiner Zuhausekunft hübsch munter bey der Arbeit antreffen würde. Als sie mich zur Hausthüre heraus begleitet hatte, ergrif sie einen Spaten und sagte, sie wolle ein wenig graben. (Schon habe ich gesagt, daß ihr Haus in einem Garten lag.) Jm Fortgehen erregte ich noch ihre Aufmerksamkeit auf den angenehmen Gesang der Vögel, und die niedlichen Grasblümgen.

Sie hielt ihr Versprechen, arbeitete fleißig, wobei ihr der von mir oben erwehnte, glücklicher Weise angebrachte Gedanke, (der für einen Lasterhaften sehr verderblich werden könnte,) unvergeßlich und tröstend blieb. Sie ward bald völlig gesund, und ist es nun schon seit länger als zehn Jahren geblieben, hat auch noch etliche gesunde Kinder gebohren.

Ohne Zweifel war der guten Frau, von ihrem Beichtvater, manches tröstende vorgesagt worden, nur war es in den gewöhnlichen Ausdrücken geschehen. -- Der von mir gebrauchte, war ihr neu, darum that er eine so grosse Wirkung.



brauchten wir ja auch keinen Heiland! Das wiederholte sie noch einigemale, als sie zuvor wieder eine Weile nachgedacht hatte. Nun ward sie ruhiger, versprach nicht mehr traurig zu seyn, sondern fleißig zu arbeiten. Jch ermahnte sie das zu thun, und stellte ihr vor, wie erfreut ihr Mann seyn wuͤrde, der, wie sie selbst sagte, bisher mit ihr soviel Geduld gehabt, wenn er sie bei seiner Zuhausekunft huͤbsch munter bey der Arbeit antreffen wuͤrde. Als sie mich zur Hausthuͤre heraus begleitet hatte, ergrif sie einen Spaten und sagte, sie wolle ein wenig graben. (Schon habe ich gesagt, daß ihr Haus in einem Garten lag.) Jm Fortgehen erregte ich noch ihre Aufmerksamkeit auf den angenehmen Gesang der Voͤgel, und die niedlichen Grasbluͤmgen.

Sie hielt ihr Versprechen, arbeitete fleißig, wobei ihr der von mir oben erwehnte, gluͤcklicher Weise angebrachte Gedanke, (der fuͤr einen Lasterhaften sehr verderblich werden koͤnnte,) unvergeßlich und troͤstend blieb. Sie ward bald voͤllig gesund, und ist es nun schon seit laͤnger als zehn Jahren geblieben, hat auch noch etliche gesunde Kinder gebohren.

Ohne Zweifel war der guten Frau, von ihrem Beichtvater, manches troͤstende vorgesagt worden, nur war es in den gewoͤhnlichen Ausdruͤcken geschehen. — Der von mir gebrauchte, war ihr neu, darum that er eine so grosse Wirkung.


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[31/0031] brauchten wir ja auch keinen Heiland! Das wiederholte sie noch einigemale, als sie zuvor wieder eine Weile nachgedacht hatte. Nun ward sie ruhiger, versprach nicht mehr traurig zu seyn, sondern fleißig zu arbeiten. Jch ermahnte sie das zu thun, und stellte ihr vor, wie erfreut ihr Mann seyn wuͤrde, der, wie sie selbst sagte, bisher mit ihr soviel Geduld gehabt, wenn er sie bei seiner Zuhausekunft huͤbsch munter bey der Arbeit antreffen wuͤrde. Als sie mich zur Hausthuͤre heraus begleitet hatte, ergrif sie einen Spaten und sagte, sie wolle ein wenig graben. (Schon habe ich gesagt, daß ihr Haus in einem Garten lag.) Jm Fortgehen erregte ich noch ihre Aufmerksamkeit auf den angenehmen Gesang der Voͤgel, und die niedlichen Grasbluͤmgen. Sie hielt ihr Versprechen, arbeitete fleißig, wobei ihr der von mir oben erwehnte, gluͤcklicher Weise angebrachte Gedanke, (der fuͤr einen Lasterhaften sehr verderblich werden koͤnnte,) unvergeßlich und troͤstend blieb. Sie ward bald voͤllig gesund, und ist es nun schon seit laͤnger als zehn Jahren geblieben, hat auch noch etliche gesunde Kinder gebohren. Ohne Zweifel war der guten Frau, von ihrem Beichtvater, manches troͤstende vorgesagt worden, nur war es in den gewoͤhnlichen Ausdruͤcken geschehen. — Der von mir gebrauchte, war ihr neu, darum that er eine so grosse Wirkung.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/31>, abgerufen am 21.11.2024.