Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0087" n="87"/><lb/> Bilder verschaft, gesetzt daß auch diese Bilder selbst etwas Schreckliches an sich haben sollten, hat einen besonders hohen Grad des Vergnuͤgens fuͤr uns, und wir schaͤtzen diese Art des Vergnuͤgens um so viel mehr, weil es unzaͤhliger Abwechselungen faͤhig ist, und nicht, wenn es lange genossen wird, wie die Ergoͤtzungen der Sinne am Ende Ekel mit sich fuͤhrt. Es ist bekannt, daß die Bilder unserer Einbildungskraft, welche ohnedem noch den Reiz haben, daß sie sich ohne Anstrengung des Geistes von selbst darbieten, oft so lebhaft und maͤchtig in uns werden koͤnnen, daß sie uns nicht selten aus einer wuͤrklichen Welt in eine idealische hinausheben, worin es uns denn deswegen gemeiniglich so wohlgefaͤllt, weil wir lauter unbekannte Dinge darin antreffen, die unsere Neugierde beschaͤftigen. Nichts beschaͤftigt und unterhaͤlt daher unsere Einbildungskraft mehr, als das Wunderbare. Eine natuͤrliche Begebenheit macht darum den lebhaften Eindruck nicht auf uns, weil sie gemeiniglich schon in allen ihren Theilen bestimmt ist, weil sie nichts Besonderes enthaͤlt, was unsere Neugierde reitzt, und weil wir dergleichen Begebenheiten schon oft gesehen und gehoͤrt haben. Mit dem Wunderbaren verhaͤlt sichs ganz anders. Hier bemerken wir lauter neue Gegenstaͤnde, eine ganz neue Scene wird auf einmal vor unsern Augen eroͤfnet, und hundert angenehme Bilder unserer Phantasie schwaͤrmen um uns herum. Die Jdeen, womit wir uns <choice><corr>so gern</corr><sic>sogern</sic></choice> beschaͤftigen, daß gewisse<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0087]
Bilder verschaft, gesetzt daß auch diese Bilder selbst etwas Schreckliches an sich haben sollten, hat einen besonders hohen Grad des Vergnuͤgens fuͤr uns, und wir schaͤtzen diese Art des Vergnuͤgens um so viel mehr, weil es unzaͤhliger Abwechselungen faͤhig ist, und nicht, wenn es lange genossen wird, wie die Ergoͤtzungen der Sinne am Ende Ekel mit sich fuͤhrt. Es ist bekannt, daß die Bilder unserer Einbildungskraft, welche ohnedem noch den Reiz haben, daß sie sich ohne Anstrengung des Geistes von selbst darbieten, oft so lebhaft und maͤchtig in uns werden koͤnnen, daß sie uns nicht selten aus einer wuͤrklichen Welt in eine idealische hinausheben, worin es uns denn deswegen gemeiniglich so wohlgefaͤllt, weil wir lauter unbekannte Dinge darin antreffen, die unsere Neugierde beschaͤftigen. Nichts beschaͤftigt und unterhaͤlt daher unsere Einbildungskraft mehr, als das Wunderbare. Eine natuͤrliche Begebenheit macht darum den lebhaften Eindruck nicht auf uns, weil sie gemeiniglich schon in allen ihren Theilen bestimmt ist, weil sie nichts Besonderes enthaͤlt, was unsere Neugierde reitzt, und weil wir dergleichen Begebenheiten schon oft gesehen und gehoͤrt haben. Mit dem Wunderbaren verhaͤlt sichs ganz anders. Hier bemerken wir lauter neue Gegenstaͤnde, eine ganz neue Scene wird auf einmal vor unsern Augen eroͤfnet, und hundert angenehme Bilder unserer Phantasie schwaͤrmen um uns herum. Die Jdeen, womit wir uns so gern beschaͤftigen, daß gewisse
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |