Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


rungssatze die Lebhaftigkeit unserer Jdeen in Bewegung erhalten; durch dieses aber gewissermaßen eingeschränkt wird.

Die Würkungen, welche das Wunderbare in unserer Seele hervorbringt, fangen sich allemal durch jenen Zustand des Gemüths an, den wir Erstaunen, oder wenn wir nicht so lebhaft wie bei diesem afficirt werden, Bewunderung zu nennen pflegen; Gefühle, die sich mehr durch ihre Empfindungen von einander unterscheiden, als sich genau beschreiben lassen. Alles, was sich der menschliche Geist als etwas Großes und Erhabnes, in der Geisterwelt sowohl, als in der Körperwelt vorstellt; wobei er sich die Ueberwindung, oder die Nothwendigkeit der Ueberwindung einer Menge von Hindernissen und Gefahren denkt; wo er sich lebhafte Begriffe von einer ausserordentlichen Kraft macht, die entweder mit einer unerwarteten Schnelligkeit, oder in einem großen Umfange würkt, erregt in uns jenes Gefühl des Erstaunens, welches bisweilen, wenn es zu stark, und durch zu lebhafte Bilder der Phantasie erzeugt wird, in eine Betäubung unserer Sinne ausartet, welche die Folge unserer Vorstellungen unterbricht, und den Gebrauch unserer Sprache aufhebt.

Mich dünkt, daß Erstaunen, es mag nun entweder durch eine wunderbare Begebenheit, oder durch etwas körperlich Erhabenes hervorgebracht werden, überhaupt genommen allemal von einigen


rungssatze die Lebhaftigkeit unserer Jdeen in Bewegung erhalten; durch dieses aber gewissermaßen eingeschraͤnkt wird.

Die Wuͤrkungen, welche das Wunderbare in unserer Seele hervorbringt, fangen sich allemal durch jenen Zustand des Gemuͤths an, den wir Erstaunen, oder wenn wir nicht so lebhaft wie bei diesem afficirt werden, Bewunderung zu nennen pflegen; Gefuͤhle, die sich mehr durch ihre Empfindungen von einander unterscheiden, als sich genau beschreiben lassen. Alles, was sich der menschliche Geist als etwas Großes und Erhabnes, in der Geisterwelt sowohl, als in der Koͤrperwelt vorstellt; wobei er sich die Ueberwindung, oder die Nothwendigkeit der Ueberwindung einer Menge von Hindernissen und Gefahren denkt; wo er sich lebhafte Begriffe von einer ausserordentlichen Kraft macht, die entweder mit einer unerwarteten Schnelligkeit, oder in einem großen Umfange wuͤrkt, erregt in uns jenes Gefuͤhl des Erstaunens, welches bisweilen, wenn es zu stark, und durch zu lebhafte Bilder der Phantasie erzeugt wird, in eine Betaͤubung unserer Sinne ausartet, welche die Folge unserer Vorstellungen unterbricht, und den Gebrauch unserer Sprache aufhebt.

Mich duͤnkt, daß Erstaunen, es mag nun entweder durch eine wunderbare Begebenheit, oder durch etwas koͤrperlich Erhabenes hervorgebracht werden, uͤberhaupt genommen allemal von einigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0089" n="89"/><lb/>
rungssatze die Lebhaftigkeit unserer                   Jdeen in Bewegung erhalten; durch dieses aber gewissermaßen eingeschra&#x0364;nkt wird. </p>
            <p>Die Wu&#x0364;rkungen, welche das Wunderbare in unserer Seele hervorbringt, fangen sich                   allemal durch jenen Zustand des Gemu&#x0364;ths an, den wir Erstaunen, oder wenn wir nicht                   so lebhaft wie bei diesem afficirt werden, Bewunderung zu nennen pflegen; Gefu&#x0364;hle,                   die sich mehr durch ihre Empfindungen von einander unterscheiden, als sich genau                   beschreiben lassen. Alles, was sich der menschliche Geist als etwas Großes und                   Erhabnes, in der Geisterwelt sowohl, als in der Ko&#x0364;rperwelt vorstellt; wobei er                   sich die Ueberwindung, oder die Nothwendigkeit der Ueberwindung einer Menge von                   Hindernissen und Gefahren denkt; wo er sich lebhafte Begriffe von einer                   ausserordentlichen Kraft macht, die entweder mit einer unerwarteten Schnelligkeit,                   oder in einem großen Umfange wu&#x0364;rkt, erregt in uns jenes Gefu&#x0364;hl des Erstaunens,                   welches bisweilen, wenn es zu stark, und durch zu lebhafte Bilder der Phantasie                   erzeugt wird, in eine Beta&#x0364;ubung unserer Sinne ausartet, welche die Folge unserer                   Vorstellungen unterbricht, und den Gebrauch unserer Sprache aufhebt. </p>
            <p>Mich du&#x0364;nkt, daß Erstaunen, es mag nun entweder durch eine wunderbare Begebenheit,                   oder durch etwas ko&#x0364;rperlich Erhabenes hervorgebracht werden, u&#x0364;berhaupt genommen                   allemal von einigen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0089] rungssatze die Lebhaftigkeit unserer Jdeen in Bewegung erhalten; durch dieses aber gewissermaßen eingeschraͤnkt wird. Die Wuͤrkungen, welche das Wunderbare in unserer Seele hervorbringt, fangen sich allemal durch jenen Zustand des Gemuͤths an, den wir Erstaunen, oder wenn wir nicht so lebhaft wie bei diesem afficirt werden, Bewunderung zu nennen pflegen; Gefuͤhle, die sich mehr durch ihre Empfindungen von einander unterscheiden, als sich genau beschreiben lassen. Alles, was sich der menschliche Geist als etwas Großes und Erhabnes, in der Geisterwelt sowohl, als in der Koͤrperwelt vorstellt; wobei er sich die Ueberwindung, oder die Nothwendigkeit der Ueberwindung einer Menge von Hindernissen und Gefahren denkt; wo er sich lebhafte Begriffe von einer ausserordentlichen Kraft macht, die entweder mit einer unerwarteten Schnelligkeit, oder in einem großen Umfange wuͤrkt, erregt in uns jenes Gefuͤhl des Erstaunens, welches bisweilen, wenn es zu stark, und durch zu lebhafte Bilder der Phantasie erzeugt wird, in eine Betaͤubung unserer Sinne ausartet, welche die Folge unserer Vorstellungen unterbricht, und den Gebrauch unserer Sprache aufhebt. Mich duͤnkt, daß Erstaunen, es mag nun entweder durch eine wunderbare Begebenheit, oder durch etwas koͤrperlich Erhabenes hervorgebracht werden, uͤberhaupt genommen allemal von einigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/89
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/89>, abgerufen am 21.11.2024.