Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.Daß nun aber die Einbildungskraft des Herrn sich gerade scheugewordene Pferde dachte, wodurch der Tod seines Freundes bewirkt würde, folgte eben so natürlich, weil dieß, in Ansehung eines Mannes, der sich, wie sein Freund, der ein Prediger war, so weniger Gefahr auszusetzen pflegt, das nächste war, wornach seine Phantasie greifen konnte, da er ohnedem vielleicht schon gehört hatte, daß die Pferde seines Freundes sehr rasch, oder vielleicht gar schon eher einmal scheu geworden waren. -- Pastor U.. Daß ihm nun aber unmittelbar darauf träumt, er sey in dem Hause seines Freundes, wo er eine ziemliche Anzahl verschiedner aus der Gemeinde findet, die ihren Prediger, der bei allen in großer Achtung stand, mit vielen Thränen beklagten; dieß will gar nichts sagen: es war der natürliche Gang der Einbildungskraft, so wie der natürliche Gang der Dinge, und wenn das erste in der wirklichen Welt geschahe, so mußte auch das zweite in der wirklichen Welt aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgen; indem ein gewaltsamer Tod immer weit mehr Menschen, als ein natürlicher Tod, in der Wohnung des Verstorbenen zu versammlen pflegt. -- Daß nun freilich dem träumte, wie der Körper seines Freundes auf einem Tische lag, und wie man an dessen Kopfe sehen konnte, daß er damit auf einen spitzigen Zacken gefallen sey, der durch den ganzen Kopf ge- Herrn Pastor U.. Daß nun aber die Einbildungskraft des Herrn sich gerade scheugewordene Pferde dachte, wodurch der Tod seines Freundes bewirkt wuͤrde, folgte eben so natuͤrlich, weil dieß, in Ansehung eines Mannes, der sich, wie sein Freund, der ein Prediger war, so weniger Gefahr auszusetzen pflegt, das naͤchste war, wornach seine Phantasie greifen konnte, da er ohnedem vielleicht schon gehoͤrt hatte, daß die Pferde seines Freundes sehr rasch, oder vielleicht gar schon eher einmal scheu geworden waren. — Pastor U.. Daß ihm nun aber unmittelbar darauf traͤumt, er sey in dem Hause seines Freundes, wo er eine ziemliche Anzahl verschiedner aus der Gemeinde findet, die ihren Prediger, der bei allen in großer Achtung stand, mit vielen Thraͤnen beklagten; dieß will gar nichts sagen: es war der natuͤrliche Gang der Einbildungskraft, so wie der natuͤrliche Gang der Dinge, und wenn das erste in der wirklichen Welt geschahe, so mußte auch das zweite in der wirklichen Welt aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgen; indem ein gewaltsamer Tod immer weit mehr Menschen, als ein natuͤrlicher Tod, in der Wohnung des Verstorbenen zu versammlen pflegt. — Daß nun freilich dem traͤumte, wie der Koͤrper seines Freundes auf einem Tische lag, und wie man an dessen Kopfe sehen konnte, daß er damit auf einen spitzigen Zacken gefallen sey, der durch den ganzen Kopf ge- Herrn Pastor U.. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0020" n="18"/><lb/> <p>Daß nun aber die Einbildungskraft des Herrn <persName ref="#ref0083"><note type="editorial">Ulrici</note>Pastor U..</persName> sich gerade scheugewordene Pferde dachte, wodurch der Tod seines Freundes bewirkt wuͤrde, folgte eben so natuͤrlich, weil dieß, in Ansehung eines Mannes, der sich, wie sein Freund, der ein Prediger war, so weniger Gefahr auszusetzen pflegt, das naͤchste war, wornach seine Phantasie greifen konnte, da er ohnedem vielleicht schon gehoͤrt hatte, daß die Pferde seines Freundes sehr rasch, oder vielleicht gar schon eher einmal scheu geworden waren. — </p> <p>Daß ihm nun aber unmittelbar darauf traͤumt, er sey in dem Hause seines Freundes, wo er eine ziemliche Anzahl verschiedner aus der Gemeinde findet, die ihren Prediger, der bei allen in großer Achtung stand, mit vielen Thraͤnen beklagten; dieß will gar nichts sagen: es war der natuͤrliche Gang der Einbildungskraft, so wie der natuͤrliche Gang der Dinge, und wenn das erste in der wirklichen Welt geschahe, so mußte auch das zweite in der wirklichen Welt aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgen; indem ein gewaltsamer Tod immer weit mehr Menschen, als ein natuͤrlicher Tod, in der Wohnung des Verstorbenen zu versammlen pflegt. — </p> <p>Daß nun freilich dem <persName ref="#ref0083"><note type="editorial">Ulrici</note>Herrn Pastor U..</persName> traͤumte, wie der Koͤrper seines Freundes auf einem Tische lag, und wie man an dessen Kopfe sehen konnte, daß er damit auf einen spitzigen Zacken gefallen sey, der durch den ganzen Kopf ge-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0020]
Daß nun aber die Einbildungskraft des Herrn Pastor U.. sich gerade scheugewordene Pferde dachte, wodurch der Tod seines Freundes bewirkt wuͤrde, folgte eben so natuͤrlich, weil dieß, in Ansehung eines Mannes, der sich, wie sein Freund, der ein Prediger war, so weniger Gefahr auszusetzen pflegt, das naͤchste war, wornach seine Phantasie greifen konnte, da er ohnedem vielleicht schon gehoͤrt hatte, daß die Pferde seines Freundes sehr rasch, oder vielleicht gar schon eher einmal scheu geworden waren. —
Daß ihm nun aber unmittelbar darauf traͤumt, er sey in dem Hause seines Freundes, wo er eine ziemliche Anzahl verschiedner aus der Gemeinde findet, die ihren Prediger, der bei allen in großer Achtung stand, mit vielen Thraͤnen beklagten; dieß will gar nichts sagen: es war der natuͤrliche Gang der Einbildungskraft, so wie der natuͤrliche Gang der Dinge, und wenn das erste in der wirklichen Welt geschahe, so mußte auch das zweite in der wirklichen Welt aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgen; indem ein gewaltsamer Tod immer weit mehr Menschen, als ein natuͤrlicher Tod, in der Wohnung des Verstorbenen zu versammlen pflegt. —
Daß nun freilich dem Herrn Pastor U.. traͤumte, wie der Koͤrper seines Freundes auf einem Tische lag, und wie man an dessen Kopfe sehen konnte, daß er damit auf einen spitzigen Zacken gefallen sey, der durch den ganzen Kopf ge-
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