Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0115" n="115"/><lb/> immer neue Gelegenheit dazu suchen, und immer bereit sind, andern etwas Bitteres und Unangenehmes zu sagen. Zu dieser abscheulichen Klasse von Menschen gehoͤrte <hi rendition="#b">P**.</hi> Es wurde ihm leicht, durch eine dummspoͤttische Miene, und das boshaft satyrische Gift, welches er in seine Worte zu mischen wußte, die kaͤltesten Leute in Wuth zu setzen. Er selbst blieb, wenn sich andere halbtodt aͤrgerten, kalt wie eine Bildsaͤule, lachte ihnen dabei hoͤhnisch ins Gesicht, verwunderte sich auf eine beleidigende Art, daß sich sein Gegner so wenig in seiner Gewalt habe, und wußte durch seine beissenden Jronien den Aufgebrachten gemeiniglich soweit zu bringen, daß er vor innerer Wuth stillschweigen mußte, und jener also allemahl triumphirend das letzte Wort behielt. Ein Kunstgrif, wodurch es ihm gemeiniglich gelang, den lebhaften Pastor Fluur zum Stillschweigen zu bringen. An diesem Manne ließ er vornehmlich die ausgedachtesten Stuͤckchen seiner Bosheit aus. Er hielt sich, z.B. Hunde, welche durch ihr naͤchtliches Bellen den Pastor Fluur im Schlafe stoͤhren mußten; oft sang er ganz andere Lieder, die ihm sein Prediger nicht aufgegeben hatte, so, daß dieser entweder zu zeitig, oder zu spaͤt auf die Kanzel kam. Und ihn sogar in seiner Predigt zu stoͤhren, eine Bosheit, die unerhoͤrt ist, ließ er oft Viertelstundenlang eine Pfeife der Orgel heulen, welches er durch einen Zug des Registers haͤtte vermeiden koͤnnen. Selten pflanzte sein Prediger junge Baͤumchen, die er nicht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0115]
immer neue Gelegenheit dazu suchen, und immer bereit sind, andern etwas Bitteres und Unangenehmes zu sagen. Zu dieser abscheulichen Klasse von Menschen gehoͤrte P**. Es wurde ihm leicht, durch eine dummspoͤttische Miene, und das boshaft satyrische Gift, welches er in seine Worte zu mischen wußte, die kaͤltesten Leute in Wuth zu setzen. Er selbst blieb, wenn sich andere halbtodt aͤrgerten, kalt wie eine Bildsaͤule, lachte ihnen dabei hoͤhnisch ins Gesicht, verwunderte sich auf eine beleidigende Art, daß sich sein Gegner so wenig in seiner Gewalt habe, und wußte durch seine beissenden Jronien den Aufgebrachten gemeiniglich soweit zu bringen, daß er vor innerer Wuth stillschweigen mußte, und jener also allemahl triumphirend das letzte Wort behielt. Ein Kunstgrif, wodurch es ihm gemeiniglich gelang, den lebhaften Pastor Fluur zum Stillschweigen zu bringen. An diesem Manne ließ er vornehmlich die ausgedachtesten Stuͤckchen seiner Bosheit aus. Er hielt sich, z.B. Hunde, welche durch ihr naͤchtliches Bellen den Pastor Fluur im Schlafe stoͤhren mußten; oft sang er ganz andere Lieder, die ihm sein Prediger nicht aufgegeben hatte, so, daß dieser entweder zu zeitig, oder zu spaͤt auf die Kanzel kam. Und ihn sogar in seiner Predigt zu stoͤhren, eine Bosheit, die unerhoͤrt ist, ließ er oft Viertelstundenlang eine Pfeife der Orgel heulen, welches er durch einen Zug des Registers haͤtte vermeiden koͤnnen. Selten pflanzte sein Prediger junge Baͤumchen, die er nicht
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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