Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.
Gutachten. Eine dem denkenden Menschenfreund, für welchen die Volksaufklärung keine gleichgültige Sache ist, sehr auffallende Scene ist die sonderbare Schatzgrä-
Gutachten. Eine dem denkenden Menschenfreund, fuͤr welchen die Volksaufklaͤrung keine gleichguͤltige Sache ist, sehr auffallende Scene ist die sonderbare Schatzgraͤ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0027" n="27"/><lb/> weile aber war auf der Landstrasse ein betraͤchtlicher Diebstahl begangen worden, an welchem zwar unser M. M. ganz unschuldig war; weil er aber verdaͤchtig aussah, einen Degen bei sich fuͤhrte, und sein Vorgeben, einen Schatz graben zu wollen, den Verdacht noch vermehrte, so wurde er eingezogen, gefaͤnglich nach Koͤnigsberg zuruͤckgebracht, und dem Stadtgericht uͤbergeben. Durch die Angabe seiner Theilnehmer am Schatzgraben legitimirte er sich zwar bald wegen des Diebstahls; doch ward eben uͤber diese vorgehabte Schatzgraͤberei eine Untersuchung noͤthig gefunden. Bei dieser Gelegenheit mußte M. M. seinen Lebenslauf erzaͤhlen, aus welchem ich im Gutachten so viel ausgehoben habe, als mir noͤthig schien, um <hi rendition="#b">ex ungue leonem</hi> erkennen zu koͤnnen. Meister <hi rendition="#b">T***</hi> erschien, als ein ehrlicher Schwaͤrmer. Der Herr Jnquirent, ein offener Kopf, fuͤr welchen das <hi rendition="#b">Corpus Juris</hi> und das Landrecht gerade das sind, was fuͤr einen aufgeklaͤrten Theologen die symbolischen Buͤcher — trug, anstatt die Schatzgraͤber als Verbrecher zu behandeln, darauf an, daß ihr Gemuͤthszustand untersucht werden moͤchte. Und so entstand das folgende </p> <div n="4"> <head>Gutachten.</head><lb/> <p>Eine dem denkenden Menschenfreund, fuͤr welchen die Volksaufklaͤrung keine gleichguͤltige Sache ist, sehr auffallende Scene ist die sonderbare Schatzgraͤ-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0027]
weile aber war auf der Landstrasse ein betraͤchtlicher Diebstahl begangen worden, an welchem zwar unser M. M. ganz unschuldig war; weil er aber verdaͤchtig aussah, einen Degen bei sich fuͤhrte, und sein Vorgeben, einen Schatz graben zu wollen, den Verdacht noch vermehrte, so wurde er eingezogen, gefaͤnglich nach Koͤnigsberg zuruͤckgebracht, und dem Stadtgericht uͤbergeben. Durch die Angabe seiner Theilnehmer am Schatzgraben legitimirte er sich zwar bald wegen des Diebstahls; doch ward eben uͤber diese vorgehabte Schatzgraͤberei eine Untersuchung noͤthig gefunden. Bei dieser Gelegenheit mußte M. M. seinen Lebenslauf erzaͤhlen, aus welchem ich im Gutachten so viel ausgehoben habe, als mir noͤthig schien, um ex ungue leonem erkennen zu koͤnnen. Meister T*** erschien, als ein ehrlicher Schwaͤrmer. Der Herr Jnquirent, ein offener Kopf, fuͤr welchen das Corpus Juris und das Landrecht gerade das sind, was fuͤr einen aufgeklaͤrten Theologen die symbolischen Buͤcher — trug, anstatt die Schatzgraͤber als Verbrecher zu behandeln, darauf an, daß ihr Gemuͤthszustand untersucht werden moͤchte. Und so entstand das folgende
Gutachten.
Eine dem denkenden Menschenfreund, fuͤr welchen die Volksaufklaͤrung keine gleichguͤltige Sache ist, sehr auffallende Scene ist die sonderbare Schatzgraͤ-
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