Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite


unbestimmtere Begriffe geben muß, von je mehreren es zu gleicher Zeit einen Begriff geben will.

Jn dem Begriffe von der Mehrheit verlieren sich die deutlichen Unterschiede. Dieß kann vermöge der Natur der Sache nicht wohl anders seyn: denn um uns die Mehrheit zu denken, muß die Unterscheidung der Vergleichung weichen. -- Die zu bestimmten Unterschiede müssen verschwinden, wenn mehrere Sachen unter einen Gesichtspunkt gebracht werden sollen -- es muß nur noch gerade so viel Unterschied übrig bleiben, als nöthig ist, um die Dinge außereinander zu halten, und sie zählbar zu machen.

Darum fallen auch gemeinlich in der Sprache in der mehrern Zahl die Unterschiede weg, welche in der einfachen Zahl ausgedrückt werden. So verliert sich zum Beispiele der Unterschied des Geschlechts von dem Artikel der, die, das, im Plural in das am schwächsten bezeichnende die; -- und es ist sehr merkwürdig, daß in der Deutschen Sprache die Mehrheit fast immer, wie das weibliche Geschlecht bezeichnet wird, als:

M. F. N.

der die das

Plur.

die die die

M. F. N.

er sie es



unbestimmtere Begriffe geben muß, von je mehreren es zu gleicher Zeit einen Begriff geben will.

Jn dem Begriffe von der Mehrheit verlieren sich die deutlichen Unterschiede. Dieß kann vermoͤge der Natur der Sache nicht wohl anders seyn: denn um uns die Mehrheit zu denken, muß die Unterscheidung der Vergleichung weichen. — Die zu bestimmten Unterschiede muͤssen verschwinden, wenn mehrere Sachen unter einen Gesichtspunkt gebracht werden sollen — es muß nur noch gerade so viel Unterschied uͤbrig bleiben, als noͤthig ist, um die Dinge außereinander zu halten, und sie zaͤhlbar zu machen.

Darum fallen auch gemeinlich in der Sprache in der mehrern Zahl die Unterschiede weg, welche in der einfachen Zahl ausgedruͤckt werden. So verliert sich zum Beispiele der Unterschied des Geschlechts von dem Artikel der, die, das, im Plural in das am schwaͤchsten bezeichnende die; — und es ist sehr merkwuͤrdig, daß in der Deutschen Sprache die Mehrheit fast immer, wie das weibliche Geschlecht bezeichnet wird, als:

M. F. N.

der die das

Plur.

die die die

M. F. N.

er sie es


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0100" n="100"/><lb/>
unbestimmtere Begriffe geben muß, von je mehreren es zu                         gleicher Zeit einen Begriff geben will. </p>
            <p><hi rendition="#b"> Jn dem Begriffe von der Mehrheit verlieren sich die                             deutlichen Unterschiede.</hi> Dieß kann vermo&#x0364;ge der Natur der Sache                         nicht wohl anders seyn: denn um uns die Mehrheit zu denken, muß die                         Unterscheidung der Vergleichung weichen. &#x2014; Die zu bestimmten Unterschiede                         mu&#x0364;ssen verschwinden, wenn mehrere Sachen unter einen Gesichtspunkt gebracht                         werden sollen &#x2014; es muß nur noch gerade so viel Unterschied u&#x0364;brig bleiben,                         als no&#x0364;thig ist, um die Dinge <hi rendition="#b">außereinander</hi> zu                         halten, und sie <hi rendition="#b">za&#x0364;hlbar</hi> zu machen. </p>
            <p>Darum fallen auch gemeinlich in der Sprache in der mehrern Zahl die                         Unterschiede weg, welche in der einfachen Zahl ausgedru&#x0364;ckt werden. So                         verliert sich zum Beispiele der Unterschied des Geschlechts von dem Artikel <hi rendition="#b">der, die, das,</hi> im Plural in das am schwa&#x0364;chsten                         bezeichnende <hi rendition="#b">die;</hi> &#x2014; und es ist sehr merkwu&#x0364;rdig, daß                         in der Deutschen Sprache die Mehrheit fast immer, wie das weibliche                         Geschlecht bezeichnet wird, als: </p>
            <p> <hi rendition="#b">M. F. N.</hi> </p>
            <p>der die das </p>
            <p> <hi rendition="#b">Plur.</hi> </p>
            <p>die die die </p>
            <p> <hi rendition="#b">M. F. N.</hi> </p>
            <p> er sie es</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0100] unbestimmtere Begriffe geben muß, von je mehreren es zu gleicher Zeit einen Begriff geben will. Jn dem Begriffe von der Mehrheit verlieren sich die deutlichen Unterschiede. Dieß kann vermoͤge der Natur der Sache nicht wohl anders seyn: denn um uns die Mehrheit zu denken, muß die Unterscheidung der Vergleichung weichen. — Die zu bestimmten Unterschiede muͤssen verschwinden, wenn mehrere Sachen unter einen Gesichtspunkt gebracht werden sollen — es muß nur noch gerade so viel Unterschied uͤbrig bleiben, als noͤthig ist, um die Dinge außereinander zu halten, und sie zaͤhlbar zu machen. Darum fallen auch gemeinlich in der Sprache in der mehrern Zahl die Unterschiede weg, welche in der einfachen Zahl ausgedruͤckt werden. So verliert sich zum Beispiele der Unterschied des Geschlechts von dem Artikel der, die, das, im Plural in das am schwaͤchsten bezeichnende die; — und es ist sehr merkwuͤrdig, daß in der Deutschen Sprache die Mehrheit fast immer, wie das weibliche Geschlecht bezeichnet wird, als: M. F. N. der die das Plur. die die die M. F. N. er sie es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/100
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/100>, abgerufen am 24.11.2024.