Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.Einige Bemerkungen über etliche im ersten Stücke des zweiten Bandes des Magazins befindliche Aufsätze. Zweifel an eigener Existenz von Hrn. F. A. Stroth. Folgende Gedanken erklären mir einigermaßen die Entstehungsart dieser Zweifel. Der Fall ins Wasser, mit dem sie als Folgen verbunden waren, geschah, als noch ein rascher Knabe war, und in den Jahren, da das Feuer der Einbildungskraft ganz eigenmächtig herrscht, wo es ganz frei und ungehindert, nach dem jedesmaligen Verhältniß äußerer und innerer, vorhergehender und gegenwärtiger Umstände stärker oder schwächer um sich greift, seine Herrschaft über den ganzen thätigen und leidenden Menschen verbreitet, sich aller andern Jdeen und Erkenntnißquellen bemächtigt und sie ihren Ausbrechungen unterordnet. Er geschah in einem Alter, da die Begriffe von Existenz, Tod und einem andern Leben so eingeschränkt, so unbestimmt, verworren und meistentheils unrichtig sind, wo Erfahrungen und so lebhafte, deutliche und währende Eindrücke des Hr. St.Gegenwärtigen, Vergangenen und sogar solche Eindrücke des Sinnlichgegenwärtigen zu sehr mangeln, als daß sie nicht von jedem etwas stärkern Anlaße verdunkelt und schwankend und ungewiß gemacht werden könnten. Einige Bemerkungen uͤber etliche im ersten Stuͤcke des zweiten Bandes des Magazins befindliche Aufsaͤtze. Zweifel an eigener Existenz von Hrn. F. A. Stroth. Folgende Gedanken erklaͤren mir einigermaßen die Entstehungsart dieser Zweifel. Der Fall ins Wasser, mit dem sie als Folgen verbunden waren, geschah, als noch ein rascher Knabe war, und in den Jahren, da das Feuer der Einbildungskraft ganz eigenmaͤchtig herrscht, wo es ganz frei und ungehindert, nach dem jedesmaligen Verhaͤltniß aͤußerer und innerer, vorhergehender und gegenwaͤrtiger Umstaͤnde staͤrker oder schwaͤcher um sich greift, seine Herrschaft uͤber den ganzen thaͤtigen und leidenden Menschen verbreitet, sich aller andern Jdeen und Erkenntnißquellen bemaͤchtigt und sie ihren Ausbrechungen unterordnet. Er geschah in einem Alter, da die Begriffe von Existenz, Tod und einem andern Leben so eingeschraͤnkt, so unbestimmt, verworren und meistentheils unrichtig sind, wo Erfahrungen und so lebhafte, deutliche und waͤhrende Eindruͤcke des Hr. St.Gegenwaͤrtigen, Vergangenen und sogar solche Eindruͤcke des Sinnlichgegenwaͤrtigen zu sehr mangeln, als daß sie nicht von jedem etwas staͤrkern Anlaße verdunkelt und schwankend und ungewiß gemacht werden koͤnnten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0122" n="122"/><lb/><lb/> </div> </div> </div> <div n="2"> <head>Einige Bemerkungen uͤber etliche im ersten Stuͤcke des zweiten Bandes des Magazins befindliche Aufsaͤtze.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref6"><note type="editorial"/>Schlichting, Johann Ludwig Adam</persName> </bibl> </note> <p><hi rendition="#b">Zweifel an eigener Existenz von <persName ref="#ref0143"><note type="editorial">Stroth, Friedrich Andreas</note>Hrn. F. A. Stroth.</persName></hi> Folgende Gedanken erklaͤren mir einigermaßen die Entstehungsart dieser Zweifel. Der Fall ins Wasser, mit dem sie als Folgen verbunden waren, geschah, als <persName ref="#ref0143"><note type="editorial">Stroth, Friedrich Andreas</note>Hr. St.</persName> noch ein rascher Knabe war, und in den Jahren, da das Feuer der Einbildungskraft ganz eigenmaͤchtig herrscht, wo es ganz frei und ungehindert, nach dem jedesmaligen Verhaͤltniß aͤußerer und innerer, vorhergehender und gegenwaͤrtiger Umstaͤnde staͤrker oder schwaͤcher um sich greift, seine Herrschaft uͤber den ganzen thaͤtigen und leidenden Menschen verbreitet, sich aller andern Jdeen und Erkenntnißquellen bemaͤchtigt und sie ihren Ausbrechungen unterordnet. Er geschah in einem Alter, da die Begriffe von Existenz, Tod und einem andern Leben so eingeschraͤnkt, so unbestimmt, verworren und meistentheils unrichtig sind, wo Erfahrungen und so lebhafte, deutliche und waͤhrende Eindruͤcke des <hi rendition="#b">Gegenwaͤrtigen, Vergangenen</hi> und sogar solche Eindruͤcke des Sinnlichgegenwaͤrtigen zu sehr mangeln, als daß sie nicht von jedem etwas staͤrkern Anlaße verdunkelt und schwankend und ungewiß gemacht werden koͤnnten. </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0122]
Einige Bemerkungen uͤber etliche im ersten Stuͤcke des zweiten Bandes des Magazins befindliche Aufsaͤtze.
Zweifel an eigener Existenz von Hrn. F. A. Stroth. Folgende Gedanken erklaͤren mir einigermaßen die Entstehungsart dieser Zweifel. Der Fall ins Wasser, mit dem sie als Folgen verbunden waren, geschah, als Hr. St. noch ein rascher Knabe war, und in den Jahren, da das Feuer der Einbildungskraft ganz eigenmaͤchtig herrscht, wo es ganz frei und ungehindert, nach dem jedesmaligen Verhaͤltniß aͤußerer und innerer, vorhergehender und gegenwaͤrtiger Umstaͤnde staͤrker oder schwaͤcher um sich greift, seine Herrschaft uͤber den ganzen thaͤtigen und leidenden Menschen verbreitet, sich aller andern Jdeen und Erkenntnißquellen bemaͤchtigt und sie ihren Ausbrechungen unterordnet. Er geschah in einem Alter, da die Begriffe von Existenz, Tod und einem andern Leben so eingeschraͤnkt, so unbestimmt, verworren und meistentheils unrichtig sind, wo Erfahrungen und so lebhafte, deutliche und waͤhrende Eindruͤcke des Gegenwaͤrtigen, Vergangenen und sogar solche Eindruͤcke des Sinnlichgegenwaͤrtigen zu sehr mangeln, als daß sie nicht von jedem etwas staͤrkern Anlaße verdunkelt und schwankend und ungewiß gemacht werden koͤnnten.
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