Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0055" n="55"/><lb/> nach dem andern auf seinen Vater warf; im Herzen aber schon froh war, daß sein Vater nicht sehr aufgebracht zu seyn schien. Aber seine Freude dauerte nur wenige Augenblicke, denn nach einer kleinen Pause fing sein Vater also zu reden an, indem er anfangs geflissentlich seinen innern Zorn verbiß: »Jch habe mir bisher alle Muͤhe gegeben, Dich zu bessern; ich habe oft erstaunliche Nachsicht mit Deinen Unarten gehabt, aber Du bist von Tage zu Tage schlimmer geworden. Dein Muthwille und Ungehorsam uͤbersteigt jetzt alle Graͤnzen, und ich habe mir nun ernstlich vorgenommen, Dich nicht laͤnger in meinem Hause zu behalten.« Bei diesen Worten uͤberlief Schacken ein eiskalter Schauer, und er fing am ganzen Leibe zu zittern an. »Sieh hier! fuhr er fort, liegen Deine Sonntagskleider, und da steht ein Kober mit Victualien angefuͤllt. Diese Kleider und diesen Kober sollst Du nehmen, und gleich einem Handwerksburschen in die weite Welt hinein wandern. Wenn die Victualien verzehrt sind, so magst Du andere Leute um Brod ansprechen; aber ich werde mich nicht weiter um Dich ungerathenes Kind bekuͤmmern. Weg aus meinen Augen!« und hier wies er ihm die Thuͤr. Schack war durch diese schreckliche Sentenz außer aller Fassung gebracht, die Worte erstarben ihm auf der Zunge, er hatte nicht einmahl so viel Besinnungskraft, seinen Vater um eine Milderung seines Urtheils zu bitten, und er konnte es<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0055]
nach dem andern auf seinen Vater warf; im Herzen aber schon froh war, daß sein Vater nicht sehr aufgebracht zu seyn schien. Aber seine Freude dauerte nur wenige Augenblicke, denn nach einer kleinen Pause fing sein Vater also zu reden an, indem er anfangs geflissentlich seinen innern Zorn verbiß: »Jch habe mir bisher alle Muͤhe gegeben, Dich zu bessern; ich habe oft erstaunliche Nachsicht mit Deinen Unarten gehabt, aber Du bist von Tage zu Tage schlimmer geworden. Dein Muthwille und Ungehorsam uͤbersteigt jetzt alle Graͤnzen, und ich habe mir nun ernstlich vorgenommen, Dich nicht laͤnger in meinem Hause zu behalten.« Bei diesen Worten uͤberlief Schacken ein eiskalter Schauer, und er fing am ganzen Leibe zu zittern an. »Sieh hier! fuhr er fort, liegen Deine Sonntagskleider, und da steht ein Kober mit Victualien angefuͤllt. Diese Kleider und diesen Kober sollst Du nehmen, und gleich einem Handwerksburschen in die weite Welt hinein wandern. Wenn die Victualien verzehrt sind, so magst Du andere Leute um Brod ansprechen; aber ich werde mich nicht weiter um Dich ungerathenes Kind bekuͤmmern. Weg aus meinen Augen!« und hier wies er ihm die Thuͤr. Schack war durch diese schreckliche Sentenz außer aller Fassung gebracht, die Worte erstarben ihm auf der Zunge, er hatte nicht einmahl so viel Besinnungskraft, seinen Vater um eine Milderung seines Urtheils zu bitten, und er konnte es
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