Uebrigens hatte die Jdee von Gott für ihn nicht viel Reizendes, sondern vielmehr etwas Furchtbares und Schreckliches, und es kam ihm daher immer besonders vor, daß er nach dem ersten Gebote zu gleicher Zeit Gott fürchten, lieben und vertrauen sollte. Wenn ein Gewitter kam, wurde ihm aber Gott noch fürchterlicher, und man konnte es ihm nicht ausreden, daß Gott nicht aus Zorn, sondern nach einer wohlthätigen Einrichtung der Natur dergleichen Luftbegebenheiten entstehen ließe. Desto liebenswürdiger für Schack war die Jdee eines Heilandes. Er wünschte oft nichts sehnlicher, als zu den Zeiten desselben, und mit ihm in Gesellschaft gelebt zu haben. Kein Mensch kam ihm daher auch abscheulicher vor, als Judas, der ihn verrieth, und die Juden, welche ihn getödtet hatten. So oft er die Passionsgeschichte las, wurde er von einer heimlichen Wuth gegen die Juden durchdrungen, und erdachte sich allerlei Martern, die er sie würde haben ausstehen lassen, wenn er Christus oder nur damals ein Feldherr gewesen wäre. Jmmer verdacht' er es daher auch unserm Erlöser, daß er nicht die Legion Engel vom Himmel kommen ließ, die er gegen die Juden in seiner Gewalt zu haben behauptete. Nächst unserm Erlöser gefiel ihm in der evangelischen Geschichte der römische Hauptmann am besten, der Christum das Zeugniß eines göttlichen Menschen gab: hingegen erschien ihm Petrus in einem kleinen Lichte, so gern er ihn
Uebrigens hatte die Jdee von Gott fuͤr ihn nicht viel Reizendes, sondern vielmehr etwas Furchtbares und Schreckliches, und es kam ihm daher immer besonders vor, daß er nach dem ersten Gebote zu gleicher Zeit Gott fuͤrchten, lieben und vertrauen sollte. Wenn ein Gewitter kam, wurde ihm aber Gott noch fuͤrchterlicher, und man konnte es ihm nicht ausreden, daß Gott nicht aus Zorn, sondern nach einer wohlthaͤtigen Einrichtung der Natur dergleichen Luftbegebenheiten entstehen ließe. Desto liebenswuͤrdiger fuͤr Schack war die Jdee eines Heilandes. Er wuͤnschte oft nichts sehnlicher, als zu den Zeiten desselben, und mit ihm in Gesellschaft gelebt zu haben. Kein Mensch kam ihm daher auch abscheulicher vor, als Judas, der ihn verrieth, und die Juden, welche ihn getoͤdtet hatten. So oft er die Passionsgeschichte las, wurde er von einer heimlichen Wuth gegen die Juden durchdrungen, und erdachte sich allerlei Martern, die er sie wuͤrde haben ausstehen lassen, wenn er Christus oder nur damals ein Feldherr gewesen waͤre. Jmmer verdacht' er es daher auch unserm Erloͤser, daß er nicht die Legion Engel vom Himmel kommen ließ, die er gegen die Juden in seiner Gewalt zu haben behauptete. Naͤchst unserm Erloͤser gefiel ihm in der evangelischen Geschichte der roͤmische Hauptmann am besten, der Christum das Zeugniß eines goͤttlichen Menschen gab: hingegen erschien ihm Petrus in einem kleinen Lichte, so gern er ihn
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Uebrigens hatte die Jdee von Gott fuͤr ihn nicht viel Reizendes, sondern vielmehr etwas Furchtbares und Schreckliches, und es kam ihm daher immer besonders vor, daß er nach dem ersten Gebote zu gleicher Zeit Gott fuͤrchten, lieben und vertrauen sollte. Wenn ein Gewitter kam, wurde ihm aber Gott noch fuͤrchterlicher, und man konnte es ihm nicht ausreden, daß Gott nicht aus Zorn, sondern nach einer wohlthaͤtigen Einrichtung der Natur dergleichen Luftbegebenheiten entstehen ließe. Desto liebenswuͤrdiger fuͤr Schack war die Jdee eines Heilandes. Er wuͤnschte oft nichts sehnlicher, als zu den Zeiten desselben, und mit ihm in Gesellschaft gelebt zu haben. Kein Mensch kam ihm daher auch abscheulicher vor, als Judas, der ihn verrieth, und die Juden, welche ihn getoͤdtet hatten. So oft er die Passionsgeschichte las, wurde er von einer heimlichen Wuth gegen die Juden durchdrungen, und erdachte sich allerlei Martern, die er sie wuͤrde haben ausstehen lassen, wenn er Christus oder nur damals ein Feldherr gewesen waͤre. Jmmer verdacht' er es daher auch unserm Erloͤser, daß er nicht die Legion Engel vom Himmel kommen ließ, die er gegen die Juden in seiner Gewalt zu haben behauptete. Naͤchst unserm Erloͤser gefiel ihm in der evangelischen Geschichte der roͤmische Hauptmann am besten, der Christum das Zeugniß eines goͤttlichen Menschen gab: hingegen erschien ihm Petrus in einem kleinen Lichte, so gern er ihn<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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Uebrigens hatte die Jdee von Gott fuͤr ihn nicht viel Reizendes, sondern vielmehr etwas Furchtbares und Schreckliches, und es kam ihm daher immer besonders vor, daß er nach dem ersten Gebote zu gleicher Zeit Gott fuͤrchten, lieben und vertrauen sollte. Wenn ein Gewitter kam, wurde ihm aber Gott noch fuͤrchterlicher, und man konnte es ihm nicht ausreden, daß Gott nicht aus Zorn, sondern nach einer wohlthaͤtigen Einrichtung der Natur dergleichen Luftbegebenheiten entstehen ließe. Desto liebenswuͤrdiger fuͤr Schack war die Jdee eines Heilandes. Er wuͤnschte oft nichts sehnlicher, als zu den Zeiten desselben, und mit ihm in Gesellschaft gelebt zu haben. Kein Mensch kam ihm daher auch abscheulicher vor, als Judas, der ihn verrieth, und die Juden, welche ihn getoͤdtet hatten. So oft er die Passionsgeschichte las, wurde er von einer heimlichen Wuth gegen die Juden durchdrungen, und erdachte sich allerlei Martern, die er sie wuͤrde haben ausstehen lassen, wenn er Christus oder nur damals ein Feldherr gewesen waͤre. Jmmer verdacht' er es daher auch unserm Erloͤser, daß er nicht die Legion Engel vom Himmel kommen ließ, die er gegen die Juden in seiner Gewalt zu haben behauptete. Naͤchst unserm Erloͤser gefiel ihm in der evangelischen Geschichte der roͤmische Hauptmann am besten, der Christum das Zeugniß eines goͤttlichen Menschen gab: hingegen erschien ihm Petrus in einem kleinen Lichte, so gern er ihn
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/61>, abgerufen am 16.02.2025.
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