Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.
Schacks Schuljahre waren ohnstreitig die angenehmsten seines Lebens. Den Sommer hindurch gab ihm sein Vater in einer Stube Unterricht, von welcher man die vortreflichste Aussicht auf eine
Schacks Schuljahre waren ohnstreitig die angenehmsten seines Lebens. Den Sommer hindurch gab ihm sein Vater in einer Stube Unterricht, von welcher man die vortreflichste Aussicht auf eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0065" n="65"/><lb/> kennt, gleichsam durch einen innern Denkinstinkt ihren geistigen Wirkungskreis auszudehnen sucht. Vornehmlich lernt man auch aus solchen Beobachtungen, daß die menschliche Denkkraft durch einen in alle ihre Vorstellungen verwebten Hang zum Vergleichen sich am ersten aus dem Schlummer der Kindheit erhebt, und die Seele dadurch zum Bewußtseyn ihres eigenen Daseyns gelangt. Die Begriffe vom Verhaͤltniß des Großen und Kleinen sind gleichsam die Urbegriffe der menschlichen Seele, ohne die sie sich anfangs nichts denken kann. Eine Gewohnheit, die ihr nach und nach so natuͤrlich wird, daß sie keine deutliche Vorstellung von irgend einer Sache, selbst von abstrakten Gegenstaͤnden, haben kann, ohne sich dabei ein gewisses Maaß, eine Groͤße, eine Art Graͤnze zu denken. Wenn das Wesen der Seele ins Denken gesetzt wird, so koͤnnte man eben sowohl sagen, daß das Wesen des Denkens, Vergleichen sey. Ein Satz, welcher offenbar dadurch aus der Erfahrung bewiesen werden kann, weil wir uns keine einzige ganz isolirte fuͤr sich bestehende Jdee denken koͤnnen, sondern bei unsern subtilsten Abstraktionen immer an die Analogie irgend einer aͤhnlichen Jdee gebunden sind. </p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Schacks Schuljahre waren ohnstreitig die angenehmsten seines Lebens. Den Sommer hindurch gab ihm sein Vater in einer Stube Unterricht, von welcher man die vortreflichste Aussicht auf eine<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0065]
kennt, gleichsam durch einen innern Denkinstinkt ihren geistigen Wirkungskreis auszudehnen sucht. Vornehmlich lernt man auch aus solchen Beobachtungen, daß die menschliche Denkkraft durch einen in alle ihre Vorstellungen verwebten Hang zum Vergleichen sich am ersten aus dem Schlummer der Kindheit erhebt, und die Seele dadurch zum Bewußtseyn ihres eigenen Daseyns gelangt. Die Begriffe vom Verhaͤltniß des Großen und Kleinen sind gleichsam die Urbegriffe der menschlichen Seele, ohne die sie sich anfangs nichts denken kann. Eine Gewohnheit, die ihr nach und nach so natuͤrlich wird, daß sie keine deutliche Vorstellung von irgend einer Sache, selbst von abstrakten Gegenstaͤnden, haben kann, ohne sich dabei ein gewisses Maaß, eine Groͤße, eine Art Graͤnze zu denken. Wenn das Wesen der Seele ins Denken gesetzt wird, so koͤnnte man eben sowohl sagen, daß das Wesen des Denkens, Vergleichen sey. Ein Satz, welcher offenbar dadurch aus der Erfahrung bewiesen werden kann, weil wir uns keine einzige ganz isolirte fuͤr sich bestehende Jdee denken koͤnnen, sondern bei unsern subtilsten Abstraktionen immer an die Analogie irgend einer aͤhnlichen Jdee gebunden sind.
Schacks Schuljahre waren ohnstreitig die angenehmsten seines Lebens. Den Sommer hindurch gab ihm sein Vater in einer Stube Unterricht, von welcher man die vortreflichste Aussicht auf eine
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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