Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.Er sucht also denselben Tag aufs neue Hülfe; aber vergebens. Nun am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum, glaubt er seiner eignen Ruhe auch noch das schuldig zu seyn: zu dem Unbekannten zu gehen. Besonders ermunterte ihn der Gedanke dazu, daß er nichts weiter zu befürchten habe, als allenfalls eine abschlägige Antwort zu hören, und die hatte er schon häufig genug erhalten. Er wagt es daher, und geht in das geträumte Haus; kommt die erste Treppe glücklich hinauf, und indem er auf die zweite gehn will: so erinnert er sich der Warnung, nicht herabzufallen. Er geht langsam und bedächtig fort, und ist nun fast hinauf, als oben das eine Zimmer zur rechten Hand heftig und ganz geöffnet wird, und durch die schnell aufgerißne Thür sich zugleich eine kleine Gitterthür an der Treppe, die nicht befestigt war, einwärts nach der Treppe zu öffnet, so daß er durch diese ihm entgegenstossende Gitterthür leicht hätte in Gefahr gerathen können, getroffen zu werden, oder wohl gar herabzufallen. Gleich nach der Oefnung des Zimmers kömmt jemand heraus, der ihn um Verzeihung bittet, daß er durch die plötzliche Erweitrung seiner Thür, sein Heraufgehn aufgehalten und gehindert habe, und entschuldigt sich deshalb mit der Eilfertigkeit seiner Geschäfte. **s vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sei, zu dem er wolle, und trägt nun, da er doppelt bestürzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor. Er sucht also denselben Tag aufs neue Huͤlfe; aber vergebens. Nun am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum, glaubt er seiner eignen Ruhe auch noch das schuldig zu seyn: zu dem Unbekannten zu gehen. Besonders ermunterte ihn der Gedanke dazu, daß er nichts weiter zu befuͤrchten habe, als allenfalls eine abschlaͤgige Antwort zu hoͤren, und die hatte er schon haͤufig genug erhalten. Er wagt es daher, und geht in das getraͤumte Haus; kommt die erste Treppe gluͤcklich hinauf, und indem er auf die zweite gehn will: so erinnert er sich der Warnung, nicht herabzufallen. Er geht langsam und bedaͤchtig fort, und ist nun fast hinauf, als oben das eine Zimmer zur rechten Hand heftig und ganz geoͤffnet wird, und durch die schnell aufgerißne Thuͤr sich zugleich eine kleine Gitterthuͤr an der Treppe, die nicht befestigt war, einwaͤrts nach der Treppe zu oͤffnet, so daß er durch diese ihm entgegenstossende Gitterthuͤr leicht haͤtte in Gefahr gerathen koͤnnen, getroffen zu werden, oder wohl gar herabzufallen. Gleich nach der Oefnung des Zimmers koͤmmt jemand heraus, der ihn um Verzeihung bittet, daß er durch die ploͤtzliche Erweitrung seiner Thuͤr, sein Heraufgehn aufgehalten und gehindert habe, und entschuldigt sich deshalb mit der Eilfertigkeit seiner Geschaͤfte. **s vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sei, zu dem er wolle, und traͤgt nun, da er doppelt bestuͤrzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0077" n="77"/><lb/> <p>Er sucht also denselben Tag aufs neue Huͤlfe; aber vergebens. Nun am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum, glaubt er seiner eignen Ruhe auch noch das schuldig zu seyn: zu dem Unbekannten zu gehen. Besonders ermunterte ihn der Gedanke dazu, daß er nichts weiter zu befuͤrchten habe, als allenfalls eine abschlaͤgige Antwort zu hoͤren, und die hatte er schon haͤufig genug erhalten. Er wagt es daher, und geht in das getraͤumte Haus; kommt die erste Treppe gluͤcklich hinauf, und indem er auf die zweite gehn will: so erinnert er sich der Warnung, nicht herabzufallen. </p> <p>Er geht langsam und bedaͤchtig fort, und ist nun fast hinauf, als oben das eine Zimmer zur rechten Hand heftig und ganz geoͤffnet wird, und durch die schnell aufgerißne Thuͤr sich zugleich eine kleine Gitterthuͤr an der Treppe, die nicht befestigt war, einwaͤrts nach der Treppe zu oͤffnet, so daß er durch diese ihm entgegenstossende Gitterthuͤr leicht haͤtte in Gefahr gerathen koͤnnen, getroffen zu werden, oder wohl gar herabzufallen. Gleich nach der Oefnung des Zimmers koͤmmt jemand heraus, der ihn um Verzeihung bittet, daß er durch die ploͤtzliche Erweitrung seiner Thuͤr, sein Heraufgehn aufgehalten und gehindert habe, und entschuldigt sich deshalb mit der Eilfertigkeit seiner Geschaͤfte. </p> <p><hi rendition="#b">**s</hi> vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sei, zu dem er wolle, und traͤgt nun, da er doppelt bestuͤrzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0077]
Er sucht also denselben Tag aufs neue Huͤlfe; aber vergebens. Nun am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum, glaubt er seiner eignen Ruhe auch noch das schuldig zu seyn: zu dem Unbekannten zu gehen. Besonders ermunterte ihn der Gedanke dazu, daß er nichts weiter zu befuͤrchten habe, als allenfalls eine abschlaͤgige Antwort zu hoͤren, und die hatte er schon haͤufig genug erhalten. Er wagt es daher, und geht in das getraͤumte Haus; kommt die erste Treppe gluͤcklich hinauf, und indem er auf die zweite gehn will: so erinnert er sich der Warnung, nicht herabzufallen.
Er geht langsam und bedaͤchtig fort, und ist nun fast hinauf, als oben das eine Zimmer zur rechten Hand heftig und ganz geoͤffnet wird, und durch die schnell aufgerißne Thuͤr sich zugleich eine kleine Gitterthuͤr an der Treppe, die nicht befestigt war, einwaͤrts nach der Treppe zu oͤffnet, so daß er durch diese ihm entgegenstossende Gitterthuͤr leicht haͤtte in Gefahr gerathen koͤnnen, getroffen zu werden, oder wohl gar herabzufallen. Gleich nach der Oefnung des Zimmers koͤmmt jemand heraus, der ihn um Verzeihung bittet, daß er durch die ploͤtzliche Erweitrung seiner Thuͤr, sein Heraufgehn aufgehalten und gehindert habe, und entschuldigt sich deshalb mit der Eilfertigkeit seiner Geschaͤfte.
**s vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sei, zu dem er wolle, und traͤgt nun, da er doppelt bestuͤrzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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