Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite


besser, den ersten großen Wirrwar desselben überschauen könnte."

Aus diesen Wirrwar der Begriffe, welcher durch die erste zu große Herbeifuhr neuer Begriffe, die durch fünf Kanäle auf einmal mitgetheilt werden, entsteht, leitet Herr P. das wichtige Bedürfniß der Sprache und die bereitwilligste Annahme derselben schon in der frühesten Jugend, noch vor der völligen Ausbildung unsrer Sprachorganen, her; indem er zugleich voraussetzt, daß die Natur, welche bei den größten scheinbaren Unordnungen, nie die ihr eignen Gesetze der Ordnung und Harmonie aus den Augen verliert, eben diese weise Absicht, uns die Sprache zum Bedürfniß zu machen, bei dem ersten Wirrwar unsrer Begriffe gehabt habe.

Durch das Reden lernt das Kind bald deutlich denken, und so entsteht ursprünglich seine Seelenthätigkeit, die sich in der Folge in die tiefsinnigsten Untersuchungen einlassen kann, aus einer anfänglichen Konfusion seiner ersten Jdeen.

Man siehet, wie Herr P. diesen Gegenstand auf eine ganz neue Seite gekehrt hat, um ihn für das Nachdenken fruchtbar zu machen, welches ihm vortreflich gelungen ist: denn die Entstehung, von Licht und Ordnung aus dem Chaos, und daß bloß das Chaos da war, damit Licht und Ordnung daraus entstehen sollte, ist eine so herzerhebende große Jdee, daß schon allein um dieser


besser, den ersten großen Wirrwar desselben uͤberschauen koͤnnte.«

Aus diesen Wirrwar der Begriffe, welcher durch die erste zu große Herbeifuhr neuer Begriffe, die durch fuͤnf Kanaͤle auf einmal mitgetheilt werden, entsteht, leitet Herr P. das wichtige Beduͤrfniß der Sprache und die bereitwilligste Annahme derselben schon in der fruͤhesten Jugend, noch vor der voͤlligen Ausbildung unsrer Sprachorganen, her; indem er zugleich voraussetzt, daß die Natur, welche bei den groͤßten scheinbaren Unordnungen, nie die ihr eignen Gesetze der Ordnung und Harmonie aus den Augen verliert, eben diese weise Absicht, uns die Sprache zum Beduͤrfniß zu machen, bei dem ersten Wirrwar unsrer Begriffe gehabt habe.

Durch das Reden lernt das Kind bald deutlich denken, und so entsteht urspruͤnglich seine Seelenthaͤtigkeit, die sich in der Folge in die tiefsinnigsten Untersuchungen einlassen kann, aus einer anfaͤnglichen Konfusion seiner ersten Jdeen.

Man siehet, wie Herr P. diesen Gegenstand auf eine ganz neue Seite gekehrt hat, um ihn fuͤr das Nachdenken fruchtbar zu machen, welches ihm vortreflich gelungen ist: denn die Entstehung, von Licht und Ordnung aus dem Chaos, und daß bloß das Chaos da war, damit Licht und Ordnung daraus entstehen sollte, ist eine so herzerhebende große Jdee, daß schon allein um dieser

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0009" n="9"/><lb/>
besser, den ersten großen <hi rendition="#b">Wirrwar</hi> desselben u&#x0364;berschauen ko&#x0364;nnte.«</p>
          <p>Aus diesen Wirrwar der Begriffe, <choice><corr>welcher</corr><sic>welche</sic></choice> durch die erste zu <hi rendition="#b">große Herbeifuhr</hi> neuer Begriffe, die durch fu&#x0364;nf Kana&#x0364;le auf                         einmal mitgetheilt werden, entsteht, leitet <persName ref="#ref0002"><note type="editorial">Pockels, Carl Friedrich</note>Herr P.</persName> das <hi rendition="#b">wichtige Bedu&#x0364;rfniß der Sprache und die bereitwilligste                             Annahme derselben</hi> schon in der fru&#x0364;hesten Jugend, noch vor der <hi rendition="#b">vo&#x0364;lligen Ausbildung</hi> unsrer Sprachorganen, her;                         indem er zugleich voraussetzt, daß die Natur, welche bei den gro&#x0364;ßten                         scheinbaren Unordnungen, nie die ihr eignen Gesetze der Ordnung und Harmonie                         aus den Augen verliert, eben diese <hi rendition="#b">weise Absicht,</hi> uns die Sprache zum Bedu&#x0364;rfniß zu machen, bei <choice><corr>dem                                 ersten</corr><sic>den erstem</sic></choice> <hi rendition="#b">Wirrwar</hi> unsrer Begriffe gehabt habe.</p>
          <p>Durch das Reden lernt das Kind bald deutlich denken, und so entsteht                         urspru&#x0364;nglich seine Seelentha&#x0364;tigkeit, die sich in der Folge in die                         tiefsinnigsten Untersuchungen einlassen kann, aus einer anfa&#x0364;nglichen <hi rendition="#b">Konfusion</hi> seiner ersten Jdeen.</p>
          <p>Man siehet, wie <persName ref="#ref0002"><note type="editorial">Pockels, Carl Friedrich</note>Herr                             P.</persName> diesen Gegenstand auf eine ganz <hi rendition="#b">neue</hi> Seite gekehrt hat, um ihn fu&#x0364;r das Nachdenken fruchtbar zu                         machen, welches ihm vortreflich gelungen ist: denn <hi rendition="#b">die                             Entstehung, von Licht und Ordnung aus dem Chaos, und <choice><corr>daß</corr><sic>das</sic></choice> bloß das                             Chaos da war, damit Licht und Ordnung daraus entstehen sollte,</hi> ist eine so herzerhebende große Jdee, daß schon allein um dieser<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0009] besser, den ersten großen Wirrwar desselben uͤberschauen koͤnnte.« Aus diesen Wirrwar der Begriffe, welcher durch die erste zu große Herbeifuhr neuer Begriffe, die durch fuͤnf Kanaͤle auf einmal mitgetheilt werden, entsteht, leitet Herr P. das wichtige Beduͤrfniß der Sprache und die bereitwilligste Annahme derselben schon in der fruͤhesten Jugend, noch vor der voͤlligen Ausbildung unsrer Sprachorganen, her; indem er zugleich voraussetzt, daß die Natur, welche bei den groͤßten scheinbaren Unordnungen, nie die ihr eignen Gesetze der Ordnung und Harmonie aus den Augen verliert, eben diese weise Absicht, uns die Sprache zum Beduͤrfniß zu machen, bei dem ersten Wirrwar unsrer Begriffe gehabt habe. Durch das Reden lernt das Kind bald deutlich denken, und so entsteht urspruͤnglich seine Seelenthaͤtigkeit, die sich in der Folge in die tiefsinnigsten Untersuchungen einlassen kann, aus einer anfaͤnglichen Konfusion seiner ersten Jdeen. Man siehet, wie Herr P. diesen Gegenstand auf eine ganz neue Seite gekehrt hat, um ihn fuͤr das Nachdenken fruchtbar zu machen, welches ihm vortreflich gelungen ist: denn die Entstehung, von Licht und Ordnung aus dem Chaos, und daß bloß das Chaos da war, damit Licht und Ordnung daraus entstehen sollte, ist eine so herzerhebende große Jdee, daß schon allein um dieser

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/9
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/9>, abgerufen am 03.12.2024.