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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.

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Zähen gedrängt hat. Doris hat einen Liebhaber, den sie inbrünstig liebt, sie geht mit den lebhaftesten Gedanken an ihn zu Bette, Joli ihr Hund liegt in ihren Armen, -- sie träumt, ihren Liebhaber bei sich zu haben, und drückt den armen Joli bei nahe zu Tode; -- -- in allen solchen Fällen setzt die Seele ihre Perception immer dahin, wo sie würklich entstand, nur daß sie andre Bilder mit der Empfindung vereinigt, und an diese Bilder, weil es andre Bilder sind, auch andre Empfindungen knüpft. Wir empfinden, sagt ich vorher, den sinnlichen Eindruck, der einen Traum veranlaßt, auch nicht immer in dem Organ, worauf oder worin er geschahe. Der Kitzel an einem Theile meiner Haut kann im Traume die Jdee in mir erwecken, daß ich eine Pastete esse, obgleich der Kitzel nicht unmittelbar auf meiner Zunge war. Der erste sinnliche Eindruck kann auch so schwach seyn, daß ihn die Seele überhaupt nicht bemerken würde, wenn er nicht durch hinzugekommene andere Bewegungen in den Fibern endlich zur Seele gelangte. Ueberhaupt unterscheidet sich der Zustand des Wachenden auch dadurch von dem eines Träumenden, daß er den Ort der Empfindung angeben und dieser ihn nicht allemahl angeben kann, weil im Traum die Phantasie nicht eigentlich die Gegenstände, die von aussen auf uns würken, zu unterscheiden im Stande ist, und weil sich unsre Empfindungen alsdann leichte mit einander vermischen



Zaͤhen gedraͤngt hat. Doris hat einen Liebhaber, den sie inbruͤnstig liebt, sie geht mit den lebhaftesten Gedanken an ihn zu Bette, Joli ihr Hund liegt in ihren Armen, — sie traͤumt, ihren Liebhaber bei sich zu haben, und druͤckt den armen Joli bei nahe zu Tode; — — in allen solchen Faͤllen setzt die Seele ihre Perception immer dahin, wo sie wuͤrklich entstand, nur daß sie andre Bilder mit der Empfindung vereinigt, und an diese Bilder, weil es andre Bilder sind, auch andre Empfindungen knuͤpft. Wir empfinden, sagt ich vorher, den sinnlichen Eindruck, der einen Traum veranlaßt, auch nicht immer in dem Organ, worauf oder worin er geschahe. Der Kitzel an einem Theile meiner Haut kann im Traume die Jdee in mir erwecken, daß ich eine Pastete esse, obgleich der Kitzel nicht unmittelbar auf meiner Zunge war. Der erste sinnliche Eindruck kann auch so schwach seyn, daß ihn die Seele uͤberhaupt nicht bemerken wuͤrde, wenn er nicht durch hinzugekommene andere Bewegungen in den Fibern endlich zur Seele gelangte. Ueberhaupt unterscheidet sich der Zustand des Wachenden auch dadurch von dem eines Traͤumenden, daß er den Ort der Empfindung angeben und dieser ihn nicht allemahl angeben kann, weil im Traum die Phantasie nicht eigentlich die Gegenstaͤnde, die von aussen auf uns wuͤrken, zu unterscheiden im Stande ist, und weil sich unsre Empfindungen alsdann leichte mit einander vermischen


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[100/0100] Zaͤhen gedraͤngt hat. Doris hat einen Liebhaber, den sie inbruͤnstig liebt, sie geht mit den lebhaftesten Gedanken an ihn zu Bette, Joli ihr Hund liegt in ihren Armen, — sie traͤumt, ihren Liebhaber bei sich zu haben, und druͤckt den armen Joli bei nahe zu Tode; — — in allen solchen Faͤllen setzt die Seele ihre Perception immer dahin, wo sie wuͤrklich entstand, nur daß sie andre Bilder mit der Empfindung vereinigt, und an diese Bilder, weil es andre Bilder sind, auch andre Empfindungen knuͤpft. Wir empfinden, sagt ich vorher, den sinnlichen Eindruck, der einen Traum veranlaßt, auch nicht immer in dem Organ, worauf oder worin er geschahe. Der Kitzel an einem Theile meiner Haut kann im Traume die Jdee in mir erwecken, daß ich eine Pastete esse, obgleich der Kitzel nicht unmittelbar auf meiner Zunge war. Der erste sinnliche Eindruck kann auch so schwach seyn, daß ihn die Seele uͤberhaupt nicht bemerken wuͤrde, wenn er nicht durch hinzugekommene andere Bewegungen in den Fibern endlich zur Seele gelangte. Ueberhaupt unterscheidet sich der Zustand des Wachenden auch dadurch von dem eines Traͤumenden, daß er den Ort der Empfindung angeben und dieser ihn nicht allemahl angeben kann, weil im Traum die Phantasie nicht eigentlich die Gegenstaͤnde, die von aussen auf uns wuͤrken, zu unterscheiden im Stande ist, und weil sich unsre Empfindungen alsdann leichte mit einander vermischen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/100>, abgerufen am 18.12.2024.