Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite


Veränderung desselben; 3) durch eine eigene Bewegung der Seelenkraft, ohne jene Veränderungen des Körpers, eben so, wie wir im Wachen unzählig oft Vorstellungen in uns wahrnehmen, welche alleinige Folgen unsrer Seelenkraft, ohne Eindrücke auf den Körper sind.

Bei Träumen, die durch den äußern Eindruck gewisser Gegenstände auf unsern Körper hervorgebracht werden, fühlen wir nicht immer den Eindruck selbst, auch nicht immer in dem Organ, wo die Empfindung geschehen war, und endlich auch nicht immer gerade so, wie der Eindruck würcklich beschaffen war. Alles dies trifft auch bei den innern Veränderungen des Körpers zu, in so fern sie gewisse Träume veranlassen. Die Seele handelt in dem Augenblick, da sie im Schlafe etwas empfindet, so erstaunlich geschwind, daß sie nicht einmahl diese Empfindung zu bemerken scheint; sondern gleich zu neuen Jdeenreichen forteilt; wahrscheinlich vergißt sie in den mehresten Fällen gleich das Wo des sinnlichen Eindrucks, oder sie vergrößert und verkleinert nach Gefallen die Empfindung. Wir träumen z.B. daß wir einen ungeheuren Balken zwischen unsern Zähen halten, hier hat die Seele das Wo ihrer Perception noch nicht vergessen; -- warum? das weiß ich nicht, genug sie hat es noch nicht vergessen. Endlich fängt uns der Balken zu stechen und zu drücken an, wir wachen auf, und finden, daß sich eine Feder des Bettes zwischen unsere


Veraͤnderung desselben; 3) durch eine eigene Bewegung der Seelenkraft, ohne jene Veraͤnderungen des Koͤrpers, eben so, wie wir im Wachen unzaͤhlig oft Vorstellungen in uns wahrnehmen, welche alleinige Folgen unsrer Seelenkraft, ohne Eindruͤcke auf den Koͤrper sind.

Bei Traͤumen, die durch den aͤußern Eindruck gewisser Gegenstaͤnde auf unsern Koͤrper hervorgebracht werden, fuͤhlen wir nicht immer den Eindruck selbst, auch nicht immer in dem Organ, wo die Empfindung geschehen war, und endlich auch nicht immer gerade so, wie der Eindruck wuͤrcklich beschaffen war. Alles dies trifft auch bei den innern Veraͤnderungen des Koͤrpers zu, in so fern sie gewisse Traͤume veranlassen. Die Seele handelt in dem Augenblick, da sie im Schlafe etwas empfindet, so erstaunlich geschwind, daß sie nicht einmahl diese Empfindung zu bemerken scheint; sondern gleich zu neuen Jdeenreichen forteilt; wahrscheinlich vergißt sie in den mehresten Faͤllen gleich das Wo des sinnlichen Eindrucks, oder sie vergroͤßert und verkleinert nach Gefallen die Empfindung. Wir traͤumen z.B. daß wir einen ungeheuren Balken zwischen unsern Zaͤhen halten, hier hat die Seele das Wo ihrer Perception noch nicht vergessen; — warum? das weiß ich nicht, genug sie hat es noch nicht vergessen. Endlich faͤngt uns der Balken zu stechen und zu druͤcken an, wir wachen auf, und finden, daß sich eine Feder des Bettes zwischen unsere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0099" n="99"/><lb/>
Vera&#x0364;nderung desselben; 3) durch eine                   eigene Bewegung der Seelenkraft, ohne jene Vera&#x0364;nderungen des Ko&#x0364;rpers, eben so, wie                   wir im Wachen unza&#x0364;hlig oft Vorstellungen in uns wahrnehmen, welche alleinige                   Folgen unsrer Seelenkraft, ohne Eindru&#x0364;cke auf den Ko&#x0364;rper sind.</p>
            <p>Bei Tra&#x0364;umen, die durch den a&#x0364;ußern Eindruck gewisser Gegensta&#x0364;nde auf unsern Ko&#x0364;rper                   hervorgebracht werden, fu&#x0364;hlen wir nicht immer den Eindruck selbst, auch nicht                   immer in dem Organ, wo die Empfindung geschehen war, und endlich auch nicht immer                   gerade so, wie der Eindruck wu&#x0364;rcklich beschaffen war. Alles dies trifft auch bei                   den innern Vera&#x0364;nderungen des Ko&#x0364;rpers zu, in so fern sie gewisse Tra&#x0364;ume                   veranlassen. Die Seele handelt in dem Augenblick, da sie im Schlafe etwas                   empfindet, so <hi rendition="#b">erstaunlich geschwind,</hi> daß sie nicht                   einmahl diese Empfindung zu bemerken scheint; sondern gleich zu neuen Jdeenreichen                   forteilt; wahrscheinlich vergißt sie in den mehresten Fa&#x0364;llen gleich das <hi rendition="#b">Wo</hi> des sinnlichen Eindrucks, <hi rendition="#b">oder</hi> sie vergro&#x0364;ßert und verkleinert nach Gefallen die Empfindung. Wir tra&#x0364;umen z.B. daß                   wir einen ungeheuren Balken zwischen unsern Za&#x0364;hen halten, hier hat die Seele das <hi rendition="#b">Wo</hi> ihrer Perception noch nicht vergessen; &#x2014; warum? das                   weiß ich nicht, genug sie hat es noch nicht vergessen. Endlich fa&#x0364;ngt uns der                   Balken zu stechen und zu dru&#x0364;cken an, wir wachen auf, und finden, daß sich eine                   Feder des Bettes zwischen unsere<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0099] Veraͤnderung desselben; 3) durch eine eigene Bewegung der Seelenkraft, ohne jene Veraͤnderungen des Koͤrpers, eben so, wie wir im Wachen unzaͤhlig oft Vorstellungen in uns wahrnehmen, welche alleinige Folgen unsrer Seelenkraft, ohne Eindruͤcke auf den Koͤrper sind. Bei Traͤumen, die durch den aͤußern Eindruck gewisser Gegenstaͤnde auf unsern Koͤrper hervorgebracht werden, fuͤhlen wir nicht immer den Eindruck selbst, auch nicht immer in dem Organ, wo die Empfindung geschehen war, und endlich auch nicht immer gerade so, wie der Eindruck wuͤrcklich beschaffen war. Alles dies trifft auch bei den innern Veraͤnderungen des Koͤrpers zu, in so fern sie gewisse Traͤume veranlassen. Die Seele handelt in dem Augenblick, da sie im Schlafe etwas empfindet, so erstaunlich geschwind, daß sie nicht einmahl diese Empfindung zu bemerken scheint; sondern gleich zu neuen Jdeenreichen forteilt; wahrscheinlich vergißt sie in den mehresten Faͤllen gleich das Wo des sinnlichen Eindrucks, oder sie vergroͤßert und verkleinert nach Gefallen die Empfindung. Wir traͤumen z.B. daß wir einen ungeheuren Balken zwischen unsern Zaͤhen halten, hier hat die Seele das Wo ihrer Perception noch nicht vergessen; — warum? das weiß ich nicht, genug sie hat es noch nicht vergessen. Endlich faͤngt uns der Balken zu stechen und zu druͤcken an, wir wachen auf, und finden, daß sich eine Feder des Bettes zwischen unsere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/99
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/99>, abgerufen am 21.11.2024.