Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0044" n="44"/><lb/> Begierde, Geld einzusammeln und zu stehlen, entstanden sey. Er erzaͤhlte noch mit einer Art innigen Wohlgefallens eine Menge von Kunstgriffen, welche die Materialienhaͤndler gebrauchten, um ihre Waaren theils zu empfehlen, theils auch weniger zu geben, als sie fuͤrs Geld geben muͤßten. Er hatte fruͤhzeitig ein Vergnuͤgen daran gefunden, wie jene allerlei Sachen unter das Gewuͤrz, unter Rosinen und Mandeln zu mischen pflegen, um ihnen desto groͤßeres Gewicht auf der Wage zu geben; eben so hatte er auch bald das Anfeuchten gewisser Waaren, um sie desto schwerer zu machen, gelernt, und war in dem schnellen Abwiegen derselben, um den Kaͤufer zu hintergehen, ein rechter Meister geworden. Dazu war nun noch der Wunsch gekommen, immer recht viel Geld in dem Kaufmannstisch einstecken zu koͤnnen, und mit diesem Wunsche war nach und nach ein Anderer in ihm groß geworden, fuͤr sich selbst etwas einsammeln zu koͤnnen. Weil er als Ladenjunge mehr kleine als große Muͤnze einzustreichen bekam: so war seine Phantasie auch vornehmlich an jener haͤngen geblieben, und er foderte selten jemanden mehr als einen Groschen ab, handelte bei seinem Borgen auch wohl bis auf einzelne Pfennige herunter. Dieses Abdingen und Handeln hatte er wiederum in dem Kaufmannsladen gelernt, — und so war eigentlich dieser, wobei aber die im vorhergehenden Stuͤck erzaͤhlten Umstaͤnde mit dazugenommen werden muͤssen, — die Schuld seines Geitzes<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0044]
Begierde, Geld einzusammeln und zu stehlen, entstanden sey. Er erzaͤhlte noch mit einer Art innigen Wohlgefallens eine Menge von Kunstgriffen, welche die Materialienhaͤndler gebrauchten, um ihre Waaren theils zu empfehlen, theils auch weniger zu geben, als sie fuͤrs Geld geben muͤßten. Er hatte fruͤhzeitig ein Vergnuͤgen daran gefunden, wie jene allerlei Sachen unter das Gewuͤrz, unter Rosinen und Mandeln zu mischen pflegen, um ihnen desto groͤßeres Gewicht auf der Wage zu geben; eben so hatte er auch bald das Anfeuchten gewisser Waaren, um sie desto schwerer zu machen, gelernt, und war in dem schnellen Abwiegen derselben, um den Kaͤufer zu hintergehen, ein rechter Meister geworden. Dazu war nun noch der Wunsch gekommen, immer recht viel Geld in dem Kaufmannstisch einstecken zu koͤnnen, und mit diesem Wunsche war nach und nach ein Anderer in ihm groß geworden, fuͤr sich selbst etwas einsammeln zu koͤnnen. Weil er als Ladenjunge mehr kleine als große Muͤnze einzustreichen bekam: so war seine Phantasie auch vornehmlich an jener haͤngen geblieben, und er foderte selten jemanden mehr als einen Groschen ab, handelte bei seinem Borgen auch wohl bis auf einzelne Pfennige herunter. Dieses Abdingen und Handeln hatte er wiederum in dem Kaufmannsladen gelernt, — und so war eigentlich dieser, wobei aber die im vorhergehenden Stuͤck erzaͤhlten Umstaͤnde mit dazugenommen werden muͤssen, — die Schuld seines Geitzes
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