Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.
Wer kann es vernünftig finden, fährt Locke fort, daß die Seele während des Schlafs sich in ihrer Einsamkeit so viel Stunden mit Gedanken beschäftigen soll, und gleichwohl niemahls keinen von den Begriffen antreffen kann, die sie nicht von der sinnlichen Empfindung, oder von dem Ueberdenken erborgt hat, und daß sie wenigstens keine andern, als nur solche behält, welche, da sie durch den Körper veranlaßt worden, nothwendig einem Geiste nicht so natürlich seyn müssen. (Locke meint in dieser etwas dunkeln Stelle, daß Begriffe, die uns eingepflanzt wären, von der Seele leichter bemerkt werden müßten, als die, welche wir erst durch den Körper bekämen, und gleichsam der Seele nicht so nahe, wie jene lägen.) So weit Locke -- --. Leibnitz hat ihn am kürzesten durch seine Perceptio und Apperceptio zu widerlegen gesucht, ein Unterschied, der auch nach Erfahrungen offenbar in der Natur der menschlichen
Wer kann es vernuͤnftig finden, faͤhrt Locke fort, daß die Seele waͤhrend des Schlafs sich in ihrer Einsamkeit so viel Stunden mit Gedanken beschaͤftigen soll, und gleichwohl niemahls keinen von den Begriffen antreffen kann, die sie nicht von der sinnlichen Empfindung, oder von dem Ueberdenken erborgt hat, und daß sie wenigstens keine andern, als nur solche behaͤlt, welche, da sie durch den Koͤrper veranlaßt worden, nothwendig einem Geiste nicht so natuͤrlich seyn muͤssen. (Locke meint in dieser etwas dunkeln Stelle, daß Begriffe, die uns eingepflanzt waͤren, von der Seele leichter bemerkt werden muͤßten, als die, welche wir erst durch den Koͤrper bekaͤmen, und gleichsam der Seele nicht so nahe, wie jene laͤgen.) So weit Locke — —. Leibnitz hat ihn am kuͤrzesten durch seine Perceptio und Apperceptio zu widerlegen gesucht, ein Unterschied, der auch nach Erfahrungen offenbar in der Natur der menschlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0079" n="79"/><lb/><hi rendition="#b">erste Vorstellung</hi> der Seele ist also, um mich so auszudruͤcken, der <hi rendition="#b">Anfangspunct</hi> ihres Lebens, ihrer Thaͤtigkeit, welche, wenn es Gott will, von diesem Puncte, von dieser ersten Vorstellung an bis in alle Ewigkeit hinaus dauern wird. Daß wir die erste Vorstellung <hi rendition="#b">nicht wissen,</hi> und viele tausend andere, die die erste Thaͤtigkeit der Seele bestimmen, ist kein Beweis, daß sie nicht da gewesen waͤren, so wenig ich behaupten kann, daß ich nicht getraͤumt haͤtte, weil ichs wieder vergessen habe.)</p> <p>Wer kann es vernuͤnftig finden, faͤhrt Locke fort, daß die Seele waͤhrend des Schlafs sich in ihrer Einsamkeit so viel Stunden mit Gedanken beschaͤftigen soll, und gleichwohl niemahls keinen von den Begriffen antreffen kann, die sie nicht von der sinnlichen Empfindung, oder von dem Ueberdenken erborgt hat, und daß sie wenigstens keine andern, als nur solche behaͤlt, welche, da sie durch den Koͤrper veranlaßt worden, nothwendig einem Geiste nicht so natuͤrlich seyn muͤssen. (Locke meint in dieser etwas dunkeln Stelle, daß Begriffe, die uns eingepflanzt waͤren, von der Seele leichter bemerkt werden muͤßten, als die, welche wir erst durch den Koͤrper bekaͤmen, und gleichsam der Seele nicht so nahe, wie jene laͤgen.)</p> <p>So weit Locke — —. Leibnitz hat ihn am kuͤrzesten durch seine Perceptio und Apperceptio zu widerlegen gesucht, ein Unterschied, der auch nach Erfahrungen offenbar in der Natur der menschlichen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0079]
erste Vorstellung der Seele ist also, um mich so auszudruͤcken, der Anfangspunct ihres Lebens, ihrer Thaͤtigkeit, welche, wenn es Gott will, von diesem Puncte, von dieser ersten Vorstellung an bis in alle Ewigkeit hinaus dauern wird. Daß wir die erste Vorstellung nicht wissen, und viele tausend andere, die die erste Thaͤtigkeit der Seele bestimmen, ist kein Beweis, daß sie nicht da gewesen waͤren, so wenig ich behaupten kann, daß ich nicht getraͤumt haͤtte, weil ichs wieder vergessen habe.)
Wer kann es vernuͤnftig finden, faͤhrt Locke fort, daß die Seele waͤhrend des Schlafs sich in ihrer Einsamkeit so viel Stunden mit Gedanken beschaͤftigen soll, und gleichwohl niemahls keinen von den Begriffen antreffen kann, die sie nicht von der sinnlichen Empfindung, oder von dem Ueberdenken erborgt hat, und daß sie wenigstens keine andern, als nur solche behaͤlt, welche, da sie durch den Koͤrper veranlaßt worden, nothwendig einem Geiste nicht so natuͤrlich seyn muͤssen. (Locke meint in dieser etwas dunkeln Stelle, daß Begriffe, die uns eingepflanzt waͤren, von der Seele leichter bemerkt werden muͤßten, als die, welche wir erst durch den Koͤrper bekaͤmen, und gleichsam der Seele nicht so nahe, wie jene laͤgen.)
So weit Locke — —. Leibnitz hat ihn am kuͤrzesten durch seine Perceptio und Apperceptio zu widerlegen gesucht, ein Unterschied, der auch nach Erfahrungen offenbar in der Natur der menschlichen
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