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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.

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Folge, die sehr natürlich war, weil die menschliche Vernunft in den bloßen Naturlauten nicht Unterscheidung genug fand, um eine größere Anzahl von Dingen auszudrücken. -- Sie fing die Wörter aus den Naturlauten eigentlich aus innern Denkinstinct zu bilden an.

Zwischen den Ausdrücken des körperlichen- und Seelenschmerzes war anfangs wahrscheinlich kein Unterschied, weil beide sich fast auf einerlei Art in dem rohen Menschen ausdrücken. Vielleicht brauchte man einerlei Naturlaute in beiden Fällen; aber mit einer verschiedenen stärkern oder schwächern Modulation der Stimme. Der körperliche Schmerz ist heftiger und gemeiniglich wüthender als innere Traurigkeit des Gemüths, drückt sich kühner und stärker aus, als diese, welche in mildern Tönen und in einer stillern Sprache des Gesichts klagt. Da aber auch dieser Unterschied nicht ganz zureicht, beide Arten von Schmerz deutlich zu unterscheiden; so wurde der Schmerzensausdruck, welcher einem Leidenden bei einer innern Bekümmerniß entfuhr und etwas auffallendes an sich hatte, wahrscheinlich das Nomen oder Verbum für ein Seelenleiden, auch wohl gar der abstracte Ausdruck des Leidens überhaupt; vielleicht auch durch einen Vorsatz oder Nachsatz einer Silbe, eines Vocals, das Wort für die Ursache des innerlichen Schmerzes. -- Doch ich habe schon oben gesagt, daß das eigentliche Wie hievon nicht angegeben werden kann.



Folge, die sehr natuͤrlich war, weil die menschliche Vernunft in den bloßen Naturlauten nicht Unterscheidung genug fand, um eine groͤßere Anzahl von Dingen auszudruͤcken. — Sie fing die Woͤrter aus den Naturlauten eigentlich aus innern Denkinstinct zu bilden an.

Zwischen den Ausdruͤcken des koͤrperlichen- und Seelenschmerzes war anfangs wahrscheinlich kein Unterschied, weil beide sich fast auf einerlei Art in dem rohen Menschen ausdruͤcken. Vielleicht brauchte man einerlei Naturlaute in beiden Faͤllen; aber mit einer verschiedenen staͤrkern oder schwaͤchern Modulation der Stimme. Der koͤrperliche Schmerz ist heftiger und gemeiniglich wuͤthender als innere Traurigkeit des Gemuͤths, druͤckt sich kuͤhner und staͤrker aus, als diese, welche in mildern Toͤnen und in einer stillern Sprache des Gesichts klagt. Da aber auch dieser Unterschied nicht ganz zureicht, beide Arten von Schmerz deutlich zu unterscheiden; so wurde der Schmerzensausdruck, welcher einem Leidenden bei einer innern Bekuͤmmerniß entfuhr und etwas auffallendes an sich hatte, wahrscheinlich das Nomen oder Verbum fuͤr ein Seelenleiden, auch wohl gar der abstracte Ausdruck des Leidens uͤberhaupt; vielleicht auch durch einen Vorsatz oder Nachsatz einer Silbe, eines Vocals, das Wort fuͤr die Ursache des innerlichen Schmerzes. — Doch ich habe schon oben gesagt, daß das eigentliche Wie hievon nicht angegeben werden kann.


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[85/0085] Folge, die sehr natuͤrlich war, weil die menschliche Vernunft in den bloßen Naturlauten nicht Unterscheidung genug fand, um eine groͤßere Anzahl von Dingen auszudruͤcken. — Sie fing die Woͤrter aus den Naturlauten eigentlich aus innern Denkinstinct zu bilden an. Zwischen den Ausdruͤcken des koͤrperlichen- und Seelenschmerzes war anfangs wahrscheinlich kein Unterschied, weil beide sich fast auf einerlei Art in dem rohen Menschen ausdruͤcken. Vielleicht brauchte man einerlei Naturlaute in beiden Faͤllen; aber mit einer verschiedenen staͤrkern oder schwaͤchern Modulation der Stimme. Der koͤrperliche Schmerz ist heftiger und gemeiniglich wuͤthender als innere Traurigkeit des Gemuͤths, druͤckt sich kuͤhner und staͤrker aus, als diese, welche in mildern Toͤnen und in einer stillern Sprache des Gesichts klagt. Da aber auch dieser Unterschied nicht ganz zureicht, beide Arten von Schmerz deutlich zu unterscheiden; so wurde der Schmerzensausdruck, welcher einem Leidenden bei einer innern Bekuͤmmerniß entfuhr und etwas auffallendes an sich hatte, wahrscheinlich das Nomen oder Verbum fuͤr ein Seelenleiden, auch wohl gar der abstracte Ausdruck des Leidens uͤberhaupt; vielleicht auch durch einen Vorsatz oder Nachsatz einer Silbe, eines Vocals, das Wort fuͤr die Ursache des innerlichen Schmerzes. — Doch ich habe schon oben gesagt, daß das eigentliche Wie hievon nicht angegeben werden kann.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/85>, abgerufen am 09.11.2024.