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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.

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sich aus dem sichtbaren Schauplatze der Welt gleichsam in sich selbst zurückzieht, oft ganz anders denkt und empfindet, als bei Tage; -- daß gerade alsdann und sonst vielleicht nie oft die sonderbarsten und lächerlichsten Mißgeburten von Gefühlen und Begriffen in uns entstehen. So dunkel und verworren diese Begriffe und Gefühle aber auch immer seyn mögen; so lebhaft würken sie doch gemeiniglich auf unsere Einbildungskraft, ja selbst auf unser Herz, und empören sich nicht selten gegen die moralischen Grundsätze unserer Natur.

"Jch fürchte mich immer, sagte mir neulich ein rechtschaffener und gelehrter Mann, vor den Augenblicken, die vor dem Einschlafen hergehen. Gemeiniglich habe ich dann wider meinen Willen und ohne alle Veranlassung mit den unschicklichsten Gedanken zu kämpfen, die meine Sittlichkeit und Tugend beleidigen, -- und sogar dann oft meine Seele mit ihren häßlichen Bildern durchkreutzen, wenn ich mein Gebet zu Gott richte. Nie fallen mir gewisse die Gottheit und göttliche Dinge entehrende Prädicate so deutlich ein, als wenn ich mich in mein Bette gelegt und das Licht ausgelöscht habe, und nie sehe ich die verführerischesten Bilder der Sinnlichkeit mit allen ihren gefälligen Reitzen so lebhaft vor mir herumtanzen, als wenn ich einschlafen will. Von diesen Augenblicken, fuhr er fort, haben vornehmlich junge Leute beiderlei Geschlechts sehr viel zu fürchten. Jhre lebhafte Phantasie mahlt ihnen


sich aus dem sichtbaren Schauplatze der Welt gleichsam in sich selbst zuruͤckzieht, oft ganz anders denkt und empfindet, als bei Tage; — daß gerade alsdann und sonst vielleicht nie oft die sonderbarsten und laͤcherlichsten Mißgeburten von Gefuͤhlen und Begriffen in uns entstehen. So dunkel und verworren diese Begriffe und Gefuͤhle aber auch immer seyn moͤgen; so lebhaft wuͤrken sie doch gemeiniglich auf unsere Einbildungskraft, ja selbst auf unser Herz, und empoͤren sich nicht selten gegen die moralischen Grundsaͤtze unserer Natur.

»Jch fuͤrchte mich immer, sagte mir neulich ein rechtschaffener und gelehrter Mann, vor den Augenblicken, die vor dem Einschlafen hergehen. Gemeiniglich habe ich dann wider meinen Willen und ohne alle Veranlassung mit den unschicklichsten Gedanken zu kaͤmpfen, die meine Sittlichkeit und Tugend beleidigen, — und sogar dann oft meine Seele mit ihren haͤßlichen Bildern durchkreutzen, wenn ich mein Gebet zu Gott richte. Nie fallen mir gewisse die Gottheit und goͤttliche Dinge entehrende Praͤdicate so deutlich ein, als wenn ich mich in mein Bette gelegt und das Licht ausgeloͤscht habe, und nie sehe ich die verfuͤhrerischesten Bilder der Sinnlichkeit mit allen ihren gefaͤlligen Reitzen so lebhaft vor mir herumtanzen, als wenn ich einschlafen will. Von diesen Augenblicken, fuhr er fort, haben vornehmlich junge Leute beiderlei Geschlechts sehr viel zu fuͤrchten. Jhre lebhafte Phantasie mahlt ihnen

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[89/0089] sich aus dem sichtbaren Schauplatze der Welt gleichsam in sich selbst zuruͤckzieht, oft ganz anders denkt und empfindet, als bei Tage; — daß gerade alsdann und sonst vielleicht nie oft die sonderbarsten und laͤcherlichsten Mißgeburten von Gefuͤhlen und Begriffen in uns entstehen. So dunkel und verworren diese Begriffe und Gefuͤhle aber auch immer seyn moͤgen; so lebhaft wuͤrken sie doch gemeiniglich auf unsere Einbildungskraft, ja selbst auf unser Herz, und empoͤren sich nicht selten gegen die moralischen Grundsaͤtze unserer Natur. »Jch fuͤrchte mich immer, sagte mir neulich ein rechtschaffener und gelehrter Mann, vor den Augenblicken, die vor dem Einschlafen hergehen. Gemeiniglich habe ich dann wider meinen Willen und ohne alle Veranlassung mit den unschicklichsten Gedanken zu kaͤmpfen, die meine Sittlichkeit und Tugend beleidigen, — und sogar dann oft meine Seele mit ihren haͤßlichen Bildern durchkreutzen, wenn ich mein Gebet zu Gott richte. Nie fallen mir gewisse die Gottheit und goͤttliche Dinge entehrende Praͤdicate so deutlich ein, als wenn ich mich in mein Bette gelegt und das Licht ausgeloͤscht habe, und nie sehe ich die verfuͤhrerischesten Bilder der Sinnlichkeit mit allen ihren gefaͤlligen Reitzen so lebhaft vor mir herumtanzen, als wenn ich einschlafen will. Von diesen Augenblicken, fuhr er fort, haben vornehmlich junge Leute beiderlei Geschlechts sehr viel zu fuͤrchten. Jhre lebhafte Phantasie mahlt ihnen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/89>, abgerufen am 21.11.2024.