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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

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Theil seines erhabnen Patriotismus verdanken, und die Socraten wären ohne sie vielleicht nur halb so groß.

Wenn der entzückte Dichter die Muse vom Himmel zu sich herunterfleht, wenn er von dem Deus in vatibus redet, oder von der feyerlichen Wonnestunde der Begeisterung spricht, dann meint er nichts anders, als jenen Zustand der gespanntern Selbstthätigkeit, den wir so eben schilderten. Dieser verdankt er seine frischen mit lebendigem Colorit gezeichneten Bilder, seine seelentreffenden Züge, den weit aussehenden, unter den arbeitenden Händen sich erweiternden Plan, den immer neu zufließenden Reichthum in der Ausbildung seines Gedichts, die ganze Ansicht und Darstellung der Natur in ihrem festlichen Gewände. Eben daher schreibt sich jenes innige Jnteresse und die unwiderstehliche Bezauberung für das Product seines Geistes, das Feuer, womit er daran arbeitet, und die süsse Vergessenheit seiner selbst, und alles Wirklichen um ihn herum. Seine ganze Existenz scheint sich in diesen Augenblicken auf diese einzige Jdee zu concentriren, und nur mit Anstrengung und Mühe denkt er sich in die verlassene wirkliche Welt zurück.

Eben dies ist auch die Geisteslage der Entdecker, Erfinder und Reformatoren jeder Art. Eine einzige Jdee mit hoher Lebhaftigkeit gedacht, mit allen verwandten Jdeen geschwängert, nach allen Seiten


Theil seines erhabnen Patriotismus verdanken, und die Socraten waͤren ohne sie vielleicht nur halb so groß.

Wenn der entzuͤckte Dichter die Muse vom Himmel zu sich herunterfleht, wenn er von dem Deus in vatibus redet, oder von der feyerlichen Wonnestunde der Begeisterung spricht, dann meint er nichts anders, als jenen Zustand der gespanntern Selbstthaͤtigkeit, den wir so eben schilderten. Dieser verdankt er seine frischen mit lebendigem Colorit gezeichneten Bilder, seine seelentreffenden Zuͤge, den weit aussehenden, unter den arbeitenden Haͤnden sich erweiternden Plan, den immer neu zufließenden Reichthum in der Ausbildung seines Gedichts, die ganze Ansicht und Darstellung der Natur in ihrem festlichen Gewaͤnde. Eben daher schreibt sich jenes innige Jnteresse und die unwiderstehliche Bezauberung fuͤr das Product seines Geistes, das Feuer, womit er daran arbeitet, und die suͤsse Vergessenheit seiner selbst, und alles Wirklichen um ihn herum. Seine ganze Existenz scheint sich in diesen Augenblicken auf diese einzige Jdee zu concentriren, und nur mit Anstrengung und Muͤhe denkt er sich in die verlassene wirkliche Welt zuruͤck.

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[32/0032] Theil seines erhabnen Patriotismus verdanken, und die Socraten waͤren ohne sie vielleicht nur halb so groß. Wenn der entzuͤckte Dichter die Muse vom Himmel zu sich herunterfleht, wenn er von dem Deus in vatibus redet, oder von der feyerlichen Wonnestunde der Begeisterung spricht, dann meint er nichts anders, als jenen Zustand der gespanntern Selbstthaͤtigkeit, den wir so eben schilderten. Dieser verdankt er seine frischen mit lebendigem Colorit gezeichneten Bilder, seine seelentreffenden Zuͤge, den weit aussehenden, unter den arbeitenden Haͤnden sich erweiternden Plan, den immer neu zufließenden Reichthum in der Ausbildung seines Gedichts, die ganze Ansicht und Darstellung der Natur in ihrem festlichen Gewaͤnde. Eben daher schreibt sich jenes innige Jnteresse und die unwiderstehliche Bezauberung fuͤr das Product seines Geistes, das Feuer, womit er daran arbeitet, und die suͤsse Vergessenheit seiner selbst, und alles Wirklichen um ihn herum. Seine ganze Existenz scheint sich in diesen Augenblicken auf diese einzige Jdee zu concentriren, und nur mit Anstrengung und Muͤhe denkt er sich in die verlassene wirkliche Welt zuruͤck. Eben dies ist auch die Geisteslage der Entdecker, Erfinder und Reformatoren jeder Art. Eine einzige Jdee mit hoher Lebhaftigkeit gedacht, mit allen verwandten Jdeen geschwaͤngert, nach allen Seiten

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/32>, abgerufen am 21.11.2024.