deutlich verstehe. Aber dies hat mich schon viel Kopfzerbrechens gekostet, besonders in der Mathematik, die ich vorzüglich liebe. Z.E. in der Trigonometrie konnte ich mich lang nicht in die Sinus und Tangenten finden -- aber ich ließ nicht nach, bis ich alles verstand -- und -- nun gehts, wie geschmiert. Jch habe auch schon selbst ein Büchlein über die Planimetrie und Stereometrie geschrieben, worin ich vieles deutlicher ausgeführt habe, als ich es in manchen Büchern fand. Jch. Hat Er das Büchlein nicht bey sich? Er. Nein -- ich hab's zu Bruchsal an einen Geistlichen, der mir's abschwäzte, vor drey Groschen verkauft. Jch. Das ist nicht viel -- wenn es gut war. Wie stark war es denn? Er. Es war etwa zwölf Bogen stark. Jch werde es aber, sobald ich Zeit habe, wieder schreiben, denn ich habe es ganz im Kopf, und getraue mirs von Wort zu Wort wieder herauszuschreiben. Jch. Wann hat Er's denn geschrieben? Etwa auch auf der Reise? Er. Nein! Das habe ich zu Hause geschrieben, wenn ich zur Frühlingszeit zu Haus war, und meine Weinberge geschafft hatte. (Er ist ein Weingärtner, wie sein Vater und seine Brüder.) Auch habe ich manches am Sonntage gezeichnet und geschrieben, wenn andre meines Gleichen im Wirthshaus waren. Jch. Warum legt Er sich denn so sehr auf diese Sachen, die Er nicht nöthig hat? Er. Weil dies mein einziges Vergnügen ist, wenn
deutlich verstehe. Aber dies hat mich schon viel Kopfzerbrechens gekostet, besonders in der Mathematik, die ich vorzuͤglich liebe. Z.E. in der Trigonometrie konnte ich mich lang nicht in die Sinus und Tangenten finden — aber ich ließ nicht nach, bis ich alles verstand — und — nun gehts, wie geschmiert. Jch habe auch schon selbst ein Buͤchlein uͤber die Planimetrie und Stereometrie geschrieben, worin ich vieles deutlicher ausgefuͤhrt habe, als ich es in manchen Buͤchern fand. Jch. Hat Er das Buͤchlein nicht bey sich? Er. Nein — ich hab's zu Bruchsal an einen Geistlichen, der mir's abschwaͤzte, vor drey Groschen verkauft. Jch. Das ist nicht viel — wenn es gut war. Wie stark war es denn? Er. Es war etwa zwoͤlf Bogen stark. Jch werde es aber, sobald ich Zeit habe, wieder schreiben, denn ich habe es ganz im Kopf, und getraue mirs von Wort zu Wort wieder herauszuschreiben. Jch. Wann hat Er's denn geschrieben? Etwa auch auf der Reise? Er. Nein! Das habe ich zu Hause geschrieben, wenn ich zur Fruͤhlingszeit zu Haus war, und meine Weinberge geschafft hatte. (Er ist ein Weingaͤrtner, wie sein Vater und seine Bruͤder.) Auch habe ich manches am Sonntage gezeichnet und geschrieben, wenn andre meines Gleichen im Wirthshaus waren. Jch. Warum legt Er sich denn so sehr auf diese Sachen, die Er nicht noͤthig hat? Er. Weil dies mein einziges Vergnuͤgen ist, wenn
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deutlich verstehe. Aber dies hat mich schon viel Kopfzerbrechens gekostet, besonders in der Mathematik, die ich vorzuͤglich liebe. Z.E. in der Trigonometrie konnte ich mich lang nicht in die Sinus und Tangenten finden — aber ich ließ nicht nach, bis ich alles verstand — und — nun gehts, wie geschmiert. Jch habe auch schon selbst ein Buͤchlein uͤber die Planimetrie und Stereometrie geschrieben, worin ich vieles deutlicher ausgefuͤhrt habe, als ich es in manchen Buͤchern fand. Jch. Hat Er das Buͤchlein nicht bey sich? Er. Nein — ich hab's zu Bruchsal an einen Geistlichen, der mir's abschwaͤzte, vor drey Groschen verkauft. Jch. Das ist nicht viel — wenn es gut war. Wie stark war es denn? Er. Es war etwa zwoͤlf Bogen stark. Jch werde es aber, sobald ich Zeit habe, wieder schreiben, denn ich habe es ganz im Kopf, und getraue mirs von Wort zu Wort wieder herauszuschreiben. Jch. Wann hat Er's denn geschrieben? Etwa auch auf der Reise? Er. Nein! Das habe ich zu Hause geschrieben, wenn ich zur Fruͤhlingszeit zu Haus war, und meine Weinberge geschafft hatte. (Er ist ein Weingaͤrtner, wie sein Vater und seine Bruͤder.) Auch habe ich manches am Sonntage gezeichnet und geschrieben, wenn andre meines Gleichen im Wirthshaus waren. Jch. Warum legt Er sich denn so sehr auf diese Sachen, die Er nicht noͤthig hat? Er. Weil dies mein einziges Vergnuͤgen ist, wenn
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/72>, abgerufen am 16.02.2025.
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