ihnen nothwendig die Pantomime zu langweilig, zu ermüdend, zu unbequem seyn; man verließ diese Sprache, und fing an, Töne dafür zu gebrauchen; man sah den Unbequemlichkeiten durch ihre Anwendung und Festsetzung meistentheils abgeholfen, und suchte stufenweise sie so viel als möglich allgemein zu machen, welche ihnen die geschickteste -- die deutlichste schienen, und die mit der anzuzeigenden Sache die größte Aehnlichkeit hatten, diese wählten sie zum Ausdrucke. Nachahmung war also wohl der Bestimmungsgrund eines grossen Theils der Worte. Die übrigen haben ihren Grund in gelegentlicher oder notwendiger Zusammenkunft aller -- besonders auffallender -- frappirender Umstände. Also da erst unter jenen Verhältnissen ward Stimmsprache Trieb und Drang, und mit ihrer Anwachse ward dieser Drang auch stärker, entwickelte sich immer mehr, wurde immer reichhaltiger-- verständlicher -- nachdrucksamer -- angemessener -- gesetzmäßiger -- harmonischer, und die Ausdrücke artikulirter -- allgemeiner -- stäter.
Pantomimen in einer fixirten Einschränkung und Bestimmtheit, wie die Töne, würden eben so deutliche Gedankenzeichen seyn. Zuverläßig ist es, daß stärkerer Nachdruck in ihnen liegt, daß sie geschickter -- anschauender und natürlicher sind, um die Sachen wahrer und die Bedürfnisse in ihrer mehr oder minder dringenden Befriedigung vorzu-
ihnen nothwendig die Pantomime zu langweilig, zu ermuͤdend, zu unbequem seyn; man verließ diese Sprache, und fing an, Toͤne dafuͤr zu gebrauchen; man sah den Unbequemlichkeiten durch ihre Anwendung und Festsetzung meistentheils abgeholfen, und suchte stufenweise sie so viel als moͤglich allgemein zu machen, welche ihnen die geschickteste — die deutlichste schienen, und die mit der anzuzeigenden Sache die groͤßte Aehnlichkeit hatten, diese waͤhlten sie zum Ausdrucke. Nachahmung war also wohl der Bestimmungsgrund eines grossen Theils der Worte. Die uͤbrigen haben ihren Grund in gelegentlicher oder notwendiger Zusammenkunft aller — besonders auffallender — frappirender Umstaͤnde. Also da erst unter jenen Verhaͤltnissen ward Stimmsprache Trieb und Drang, und mit ihrer Anwachse ward dieser Drang auch staͤrker, entwickelte sich immer mehr, wurde immer reichhaltiger— verstaͤndlicher — nachdrucksamer — angemessener — gesetzmaͤßiger — harmonischer, und die Ausdruͤcke artikulirter — allgemeiner — staͤter.
Pantomimen in einer fixirten Einschraͤnkung und Bestimmtheit, wie die Toͤne, wuͤrden eben so deutliche Gedankenzeichen seyn. Zuverlaͤßig ist es, daß staͤrkerer Nachdruck in ihnen liegt, daß sie geschickter — anschauender und natuͤrlicher sind, um die Sachen wahrer und die Beduͤrfnisse in ihrer mehr oder minder dringenden Befriedigung vorzu-
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ihnen nothwendig die Pantomime zu langweilig, zu ermuͤdend, zu unbequem seyn; man verließ diese Sprache, und fing an, Toͤne dafuͤr zu gebrauchen; man sah den Unbequemlichkeiten durch ihre Anwendung und Festsetzung meistentheils abgeholfen, und suchte stufenweise sie so viel als moͤglich allgemein zu machen, welche ihnen die geschickteste — die deutlichste schienen, und die mit der anzuzeigenden Sache die groͤßte Aehnlichkeit hatten, diese waͤhlten sie zum Ausdrucke. <hirendition="#b">Nachahmung</hi> war also wohl der Bestimmungsgrund eines grossen Theils der Worte. Die uͤbrigen haben ihren Grund in gelegentlicher oder notwendiger Zusammenkunft aller — besonders auffallender — frappirender Umstaͤnde. Also da erst unter jenen Verhaͤltnissen ward Stimmsprache Trieb und Drang, und mit ihrer Anwachse ward dieser Drang auch staͤrker, entwickelte sich immer mehr, wurde immer reichhaltiger— verstaͤndlicher — nachdrucksamer — angemessener — gesetzmaͤßiger — harmonischer, und die Ausdruͤcke artikulirter — allgemeiner — staͤter.</p><p>Pantomimen in einer fixirten Einschraͤnkung und Bestimmtheit, wie die Toͤne, wuͤrden eben so deutliche Gedankenzeichen seyn. Zuverlaͤßig ist es, daß staͤrkerer Nachdruck in ihnen liegt, daß sie geschickter — anschauender und natuͤrlicher sind, um die Sachen wahrer und die Beduͤrfnisse in ihrer mehr oder minder dringenden Befriedigung vorzu-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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ihnen nothwendig die Pantomime zu langweilig, zu ermuͤdend, zu unbequem seyn; man verließ diese Sprache, und fing an, Toͤne dafuͤr zu gebrauchen; man sah den Unbequemlichkeiten durch ihre Anwendung und Festsetzung meistentheils abgeholfen, und suchte stufenweise sie so viel als moͤglich allgemein zu machen, welche ihnen die geschickteste — die deutlichste schienen, und die mit der anzuzeigenden Sache die groͤßte Aehnlichkeit hatten, diese waͤhlten sie zum Ausdrucke. Nachahmung war also wohl der Bestimmungsgrund eines grossen Theils der Worte. Die uͤbrigen haben ihren Grund in gelegentlicher oder notwendiger Zusammenkunft aller — besonders auffallender — frappirender Umstaͤnde. Also da erst unter jenen Verhaͤltnissen ward Stimmsprache Trieb und Drang, und mit ihrer Anwachse ward dieser Drang auch staͤrker, entwickelte sich immer mehr, wurde immer reichhaltiger— verstaͤndlicher — nachdrucksamer — angemessener — gesetzmaͤßiger — harmonischer, und die Ausdruͤcke artikulirter — allgemeiner — staͤter.
Pantomimen in einer fixirten Einschraͤnkung und Bestimmtheit, wie die Toͤne, wuͤrden eben so deutliche Gedankenzeichen seyn. Zuverlaͤßig ist es, daß staͤrkerer Nachdruck in ihnen liegt, daß sie geschickter — anschauender und natuͤrlicher sind, um die Sachen wahrer und die Beduͤrfnisse in ihrer mehr oder minder dringenden Befriedigung vorzu-
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/86>, abgerufen am 16.02.2025.
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