Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0086" n="84"/><lb/> duͤnner durch seine Ausdehnung ward, bis er gaͤnzlich verschwand. Es war Mondenschein, so daß ich im Zimmer alles unterscheiden konnte. Jch war im Begrif, mich wieder zu Bette zu legen, um keine Unruhe im Hause zu machen, aber es uͤberfiel mich ein so heftiger Schauder, daß ich es fuͤr rathsamer hielt, Huͤlfe zu suchen. Jch hielt es fuͤr ausgemacht gewiß, daß meine damals kranke Mutter in dem Augenblick der Erscheinung gestorben sey, bis ich einen Tag nachher durch einen Wagen von dort her, der den Arzt, der hier von einer entfernten Stadt ankam, abholen sollte, vom Gegentheil uͤberzeugt wurde. Meine Tante fuhr zwei Tage nach diesem Vorfall mit dem Arzt zu meiner Mutter, und ich blieb, um mich einigermaßen von diesem Schreck wieder zu erholen und aufzumuntern, noch dort. Auf Befragen des Arztes in Gegenwart meiner Tante, wie sie sich seit seiner Abwesenheit befunden, hat sie alle Zufaͤlle, und die Zeit derselben, genau <choice><corr>angefuͤhrt</corr><sic>angefuͤht</sic></choice>, hauptsaͤchlich aber die Nacht, wo ich diese Erscheinung hatte, und die Stunde zwischen ein und zwei Uhr, bemerkt, wo sie aͤusserst elend gewesen ist, und gewiß geglaubt haͤtte, zu sterben. Sie hat hierbei ausdruͤcklich, in Gegenwart des Arztes, ihre Schwester gefragt: ob sie nicht ihr oder mir erschienen sey; sie haͤtte so sehnlich und stark in den Augenblicken an uns, und besonders an mich, gedacht, und gewuͤnscht, daß ich da seyn moͤgte, um, wenn sie stuͤrbe, ein Beistand meines Vaters<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0086]
duͤnner durch seine Ausdehnung ward, bis er gaͤnzlich verschwand. Es war Mondenschein, so daß ich im Zimmer alles unterscheiden konnte. Jch war im Begrif, mich wieder zu Bette zu legen, um keine Unruhe im Hause zu machen, aber es uͤberfiel mich ein so heftiger Schauder, daß ich es fuͤr rathsamer hielt, Huͤlfe zu suchen. Jch hielt es fuͤr ausgemacht gewiß, daß meine damals kranke Mutter in dem Augenblick der Erscheinung gestorben sey, bis ich einen Tag nachher durch einen Wagen von dort her, der den Arzt, der hier von einer entfernten Stadt ankam, abholen sollte, vom Gegentheil uͤberzeugt wurde. Meine Tante fuhr zwei Tage nach diesem Vorfall mit dem Arzt zu meiner Mutter, und ich blieb, um mich einigermaßen von diesem Schreck wieder zu erholen und aufzumuntern, noch dort. Auf Befragen des Arztes in Gegenwart meiner Tante, wie sie sich seit seiner Abwesenheit befunden, hat sie alle Zufaͤlle, und die Zeit derselben, genau angefuͤhrt, hauptsaͤchlich aber die Nacht, wo ich diese Erscheinung hatte, und die Stunde zwischen ein und zwei Uhr, bemerkt, wo sie aͤusserst elend gewesen ist, und gewiß geglaubt haͤtte, zu sterben. Sie hat hierbei ausdruͤcklich, in Gegenwart des Arztes, ihre Schwester gefragt: ob sie nicht ihr oder mir erschienen sey; sie haͤtte so sehnlich und stark in den Augenblicken an uns, und besonders an mich, gedacht, und gewuͤnscht, daß ich da seyn moͤgte, um, wenn sie stuͤrbe, ein Beistand meines Vaters
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