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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

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stellungen Erziehung, Leidenschaften, Volksmeinungen, Neigung zur Schwärmerey, körperliche und andere Localumstände haben mögten; denn eben deswegen wird es schwer, manche erzählte sonderbare Facta zu erklären, weil man nicht von allen Veranlassungen dazu, vom innern und äussern, und den jedesmaligen Gemüthslagen des Selbstbeobachters genug unterrichtet ist. Doch vorher erzählte Erscheinungen sind leicht zu erklären.

P.


3. Beurtheilung einiger Fälle von vermeinten Ahndungen.

Es giebt wohl wenige Menschen, die nicht wenigstens einmal eine Ahndung in ihrem Leben gehabt zu haben glauben sollten. Sehr viele - und nicht bloß Frauenzimmer - meinen bei jeder wichtigen (oft auch sehr unwichtigen) Veränderung ihrer Schicksale, oder auch der Schicksale ihrer Freunde und Verwandten, ein gewisses vorhersagendes Gefühl in sich wahrzunehmen, und wissen auch davon hunderterlei artige, zum Theil grausenvolle, Histörchen mit der ernsthaftesten Miene der Ueberzeugung zu erzählen, - so sehr sie auch ihrer Quelle, der Ammen und Kinderstube, ähnlich sehen mögen. Je mehr man die Meinung dieser Ahndungsjäger zu


stellungen Erziehung, Leidenschaften, Volksmeinungen, Neigung zur Schwaͤrmerey, koͤrperliche und andere Localumstaͤnde haben moͤgten; denn eben deswegen wird es schwer, manche erzaͤhlte sonderbare Facta zu erklaͤren, weil man nicht von allen Veranlassungen dazu, vom innern und aͤussern, und den jedesmaligen Gemuͤthslagen des Selbstbeobachters genug unterrichtet ist. Doch vorher erzaͤhlte Erscheinungen sind leicht zu erklaͤren.

P.


3. Beurtheilung einiger Faͤlle von vermeinten Ahndungen.

Es giebt wohl wenige Menschen, die nicht wenigstens einmal eine Ahndung in ihrem Leben gehabt zu haben glauben sollten. Sehr viele – und nicht bloß Frauenzimmer – meinen bei jeder wichtigen (oft auch sehr unwichtigen) Veraͤnderung ihrer Schicksale, oder auch der Schicksale ihrer Freunde und Verwandten, ein gewisses vorhersagendes Gefuͤhl in sich wahrzunehmen, und wissen auch davon hunderterlei artige, zum Theil grausenvolle, Histoͤrchen mit der ernsthaftesten Miene der Ueberzeugung zu erzaͤhlen, – so sehr sie auch ihrer Quelle, der Ammen und Kinderstube, aͤhnlich sehen moͤgen. Je mehr man die Meinung dieser Ahndungsjaͤger zu

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[92/0094] stellungen Erziehung, Leidenschaften, Volksmeinungen, Neigung zur Schwaͤrmerey, koͤrperliche und andere Localumstaͤnde haben moͤgten; denn eben deswegen wird es schwer, manche erzaͤhlte sonderbare Facta zu erklaͤren, weil man nicht von allen Veranlassungen dazu, vom innern und aͤussern, und den jedesmaligen Gemuͤthslagen des Selbstbeobachters genug unterrichtet ist. Doch vorher erzaͤhlte Erscheinungen sind leicht zu erklaͤren. P. 3. Beurtheilung einiger Faͤlle von vermeinten Ahndungen. Es giebt wohl wenige Menschen, die nicht wenigstens einmal eine Ahndung in ihrem Leben gehabt zu haben glauben sollten. Sehr viele – und nicht bloß Frauenzimmer – meinen bei jeder wichtigen (oft auch sehr unwichtigen) Veraͤnderung ihrer Schicksale, oder auch der Schicksale ihrer Freunde und Verwandten, ein gewisses vorhersagendes Gefuͤhl in sich wahrzunehmen, und wissen auch davon hunderterlei artige, zum Theil grausenvolle, Histoͤrchen mit der ernsthaftesten Miene der Ueberzeugung zu erzaͤhlen, – so sehr sie auch ihrer Quelle, der Ammen und Kinderstube, aͤhnlich sehen moͤgen. Je mehr man die Meinung dieser Ahndungsjaͤger zu

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/94>, abgerufen am 21.11.2024.