Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.Jm 7ten Stück des beliebten Journals von und für Teutschland (1787) sind ein Paar Ahndungsgeschichtchen erzählt, S. 93. ff., deren Untersuchung den Lesern dieses Magazins vielleicht nicht unangenehm seyn dürfte, da bisher darin so viel über Ahndungen und Ahndungsvermögen vorgekommen, und dieses Feld der Psychologie von den Herren Herausgebern neuerlich mehr wie jemals bearbeitet worden ist. Die erste Geschichte, für deren Authenticität, so wie für die der folgenden, der anonymische Einsender oder die Einsenderin mit allem einstehen will, was ihm oder ihr lieb ist, lautet also: "Ein in meinen Diensten stehendes Mädgen erwachte vor einigen Tagen mit einem beklemmten Herzen, und äusserte sich beim Theetrinken gegen seine Mitbedienten dahin, wie es äusserst niedergeschlagen sey - wie es nichts mehr wünsche, als sich in der Einsamkeit satt weinen zu können, und wie es fürchte, daß es heute unangenehme Nachrichten erhalten mögte. Nach Verlauf einer Stunde kommt ein Jude, der mit Waaren im Lande umherwandelt, und bringt dem Mädgen von einer, einige Meilen von hier wohnenden, Schwester einen Gruß. Nach einiger Hin- und Wiederrede fragt er: "ob es wohl wisse, daß ein junger Mensch der die Kinder der Schwester unterrichte, sehr krank sey?" - "Das nicht," antwortete das Jm 7ten Stuͤck des beliebten Journals von und fuͤr Teutschland (1787) sind ein Paar Ahndungsgeschichtchen erzaͤhlt, S. 93. ff., deren Untersuchung den Lesern dieses Magazins vielleicht nicht unangenehm seyn duͤrfte, da bisher darin so viel uͤber Ahndungen und Ahndungsvermoͤgen vorgekommen, und dieses Feld der Psychologie von den Herren Herausgebern neuerlich mehr wie jemals bearbeitet worden ist. Die erste Geschichte, fuͤr deren Authenticitaͤt, so wie fuͤr die der folgenden, der anonymische Einsender oder die Einsenderin mit allem einstehen will, was ihm oder ihr lieb ist, lautet also: »Ein in meinen Diensten stehendes Maͤdgen erwachte vor einigen Tagen mit einem beklemmten Herzen, und aͤusserte sich beim Theetrinken gegen seine Mitbedienten dahin, wie es aͤusserst niedergeschlagen sey – wie es nichts mehr wuͤnsche, als sich in der Einsamkeit satt weinen zu koͤnnen, und wie es fuͤrchte, daß es heute unangenehme Nachrichten erhalten moͤgte. Nach Verlauf einer Stunde kommt ein Jude, der mit Waaren im Lande umherwandelt, und bringt dem Maͤdgen von einer, einige Meilen von hier wohnenden, Schwester einen Gruß. Nach einiger Hin- und Wiederrede fragt er: »ob es wohl wisse, daß ein junger Mensch der die Kinder der Schwester unterrichte, sehr krank sey?« – »Das nicht,« antwortete das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0096" n="94"/><lb/> <p>Jm 7ten Stuͤck des beliebten Journals <hi rendition="#b">von und fuͤr Teutschland</hi> (1787) sind ein Paar Ahndungsgeschichtchen erzaͤhlt, S. 93. ff., deren Untersuchung den Lesern dieses Magazins vielleicht nicht unangenehm seyn duͤrfte, da bisher darin so viel uͤber Ahndungen und Ahndungsvermoͤgen vorgekommen, und dieses Feld der Psychologie von den Herren Herausgebern neuerlich mehr wie jemals bearbeitet worden ist. Die erste Geschichte, fuͤr deren Authenticitaͤt, so wie fuͤr die der folgenden, der anonymische Einsender oder die Einsenderin mit allem einstehen will, was ihm oder ihr lieb ist, lautet also:</p> <p>»Ein in meinen Diensten stehendes Maͤdgen erwachte vor einigen Tagen mit einem beklemmten Herzen, und aͤusserte sich beim Theetrinken gegen seine Mitbedienten dahin, wie es aͤusserst niedergeschlagen sey – wie es nichts mehr wuͤnsche, als sich in der Einsamkeit satt weinen zu koͤnnen, und wie es fuͤrchte, daß es heute unangenehme Nachrichten erhalten moͤgte. Nach Verlauf einer Stunde kommt ein Jude, der mit Waaren im Lande umherwandelt, und bringt dem Maͤdgen von einer, einige Meilen von hier wohnenden, Schwester einen Gruß. Nach einiger Hin- und Wiederrede fragt er: »ob es wohl wisse, daß ein junger Mensch der die Kinder der Schwester unterrichte, sehr krank sey?« – »Das nicht,« antwortete das<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0096]
Jm 7ten Stuͤck des beliebten Journals von und fuͤr Teutschland (1787) sind ein Paar Ahndungsgeschichtchen erzaͤhlt, S. 93. ff., deren Untersuchung den Lesern dieses Magazins vielleicht nicht unangenehm seyn duͤrfte, da bisher darin so viel uͤber Ahndungen und Ahndungsvermoͤgen vorgekommen, und dieses Feld der Psychologie von den Herren Herausgebern neuerlich mehr wie jemals bearbeitet worden ist. Die erste Geschichte, fuͤr deren Authenticitaͤt, so wie fuͤr die der folgenden, der anonymische Einsender oder die Einsenderin mit allem einstehen will, was ihm oder ihr lieb ist, lautet also:
»Ein in meinen Diensten stehendes Maͤdgen erwachte vor einigen Tagen mit einem beklemmten Herzen, und aͤusserte sich beim Theetrinken gegen seine Mitbedienten dahin, wie es aͤusserst niedergeschlagen sey – wie es nichts mehr wuͤnsche, als sich in der Einsamkeit satt weinen zu koͤnnen, und wie es fuͤrchte, daß es heute unangenehme Nachrichten erhalten moͤgte. Nach Verlauf einer Stunde kommt ein Jude, der mit Waaren im Lande umherwandelt, und bringt dem Maͤdgen von einer, einige Meilen von hier wohnenden, Schwester einen Gruß. Nach einiger Hin- und Wiederrede fragt er: »ob es wohl wisse, daß ein junger Mensch der die Kinder der Schwester unterrichte, sehr krank sey?« – »Das nicht,« antwortete das
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/96>, abgerufen am 16.02.2025. |