Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0042" n="42"/><lb/> neten, und endlich in die Sonne selbst versetzt werden; natuͤrlich denn weiter aus einem Sonnensysteme in's andre, damit es in den Ewigkeiten nicht an Reisestationen fehle. Diese Jdeen haben mir einmal viel Vergnuͤgen gemacht, und der Dichter kann sie vortreflich brauchen, aber sie gehoͤren zu den Seifenblasen, wovon ich vorher sagte. Das einzige, was sich noch von dem Orte des kuͤnftigen Aufenthalts der Seelen mit Wahrscheinlichkeit sagen laͤßt, ist wohl, daß sie im Raume existiren werden. Allein auch hier tritt eine große Schwierigkeit ein. Der Raum ist unendlich, das heißt, ich kann ihn in meiner Vorstellung nach allen Richtungen ausdehnen, und komme nie an die Graͤnze. Aus der Unendlichkeit des Raumes folgt Unendlichkeit der Materie; denn einen <hi rendition="#b">leeren</hi> Raum giebt es an und fuͤr sich nicht; da Raum uͤberhaupt an und fuͤr sich nichts, sondern bloße Bedingung der sinnlichen Erkenntniß ist. Wenn also die Materie unendlich seyn muß, so weiß ich nicht, wo die Seelen nach dem Tode, besonders bei den Eigenschaften, die Sie ihnen zuschreiben, Platz finden werden. Eine jede muß doch einen Theil des Raumes einnehmen, sey dieser Theil nun auch so klein er wolle, und doch giebt es keinen Theil des Raumes, der nicht schon Materie enthielte, also nicht schon fuͤr die Aufnahme eines neuen Subjects verschlossen waͤre. Da kommt der besser weg, der Unsterblichkeit der Seele uͤberhaupt leugnet. Alsdann erscheint das ganze Uni-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0042]
neten, und endlich in die Sonne selbst versetzt werden; natuͤrlich denn weiter aus einem Sonnensysteme in's andre, damit es in den Ewigkeiten nicht an Reisestationen fehle. Diese Jdeen haben mir einmal viel Vergnuͤgen gemacht, und der Dichter kann sie vortreflich brauchen, aber sie gehoͤren zu den Seifenblasen, wovon ich vorher sagte. Das einzige, was sich noch von dem Orte des kuͤnftigen Aufenthalts der Seelen mit Wahrscheinlichkeit sagen laͤßt, ist wohl, daß sie im Raume existiren werden. Allein auch hier tritt eine große Schwierigkeit ein. Der Raum ist unendlich, das heißt, ich kann ihn in meiner Vorstellung nach allen Richtungen ausdehnen, und komme nie an die Graͤnze. Aus der Unendlichkeit des Raumes folgt Unendlichkeit der Materie; denn einen leeren Raum giebt es an und fuͤr sich nicht; da Raum uͤberhaupt an und fuͤr sich nichts, sondern bloße Bedingung der sinnlichen Erkenntniß ist. Wenn also die Materie unendlich seyn muß, so weiß ich nicht, wo die Seelen nach dem Tode, besonders bei den Eigenschaften, die Sie ihnen zuschreiben, Platz finden werden. Eine jede muß doch einen Theil des Raumes einnehmen, sey dieser Theil nun auch so klein er wolle, und doch giebt es keinen Theil des Raumes, der nicht schon Materie enthielte, also nicht schon fuͤr die Aufnahme eines neuen Subjects verschlossen waͤre. Da kommt der besser weg, der Unsterblichkeit der Seele uͤberhaupt leugnet. Alsdann erscheint das ganze Uni-
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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