Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.Viertens. Folglich wird das Bewußtseyn der Tugend beseligen, und das Bewußtseyn des Lasters foltern; und da, wo Sinnlichkeit den Tugendhaften nicht mehr zerstreun, und den Lasterhaften nicht mehr betäuben kann, ist dies Himmel und Hölle genug. Damas. Noch eins; glauben Sie auch, daß wir nach dem Tode uns wiedersehn werden? Theokles. Ob wiedersehen? -- Das wird von den Organen abhängen, worin die Denkkraft nach dem Tode gehüllt werden wird. Aber, wenn die Freundschaft unsre Gesinnungen harmonisch macht, wenn wir sympathetisch empfinden, wenn wir gemeinschaftlich nach dem höchsten Wahren, Guten und Schönen streben, wenn wir uns zur Anbetung des Unendlichen vereinigen, dann werden wir uns wieder erkennen, wenn wir uns auch nicht wiedersehen. Göttingen. Buhle. Viertens. Folglich wird das Bewußtseyn der Tugend beseligen, und das Bewußtseyn des Lasters foltern; und da, wo Sinnlichkeit den Tugendhaften nicht mehr zerstreun, und den Lasterhaften nicht mehr betaͤuben kann, ist dies Himmel und Hoͤlle genug. Damas. Noch eins; glauben Sie auch, daß wir nach dem Tode uns wiedersehn werden? Theokles. Ob wiedersehen? — Das wird von den Organen abhaͤngen, worin die Denkkraft nach dem Tode gehuͤllt werden wird. Aber, wenn die Freundschaft unsre Gesinnungen harmonisch macht, wenn wir sympathetisch empfinden, wenn wir gemeinschaftlich nach dem hoͤchsten Wahren, Guten und Schoͤnen streben, wenn wir uns zur Anbetung des Unendlichen vereinigen, dann werden wir uns wieder erkennen, wenn wir uns auch nicht wiedersehen. Goͤttingen. Buhle. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0049" n="49"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Viertens.</hi> Folglich wird das Bewußtseyn der Tugend beseligen, und das Bewußtseyn des Lasters foltern; und da, wo Sinnlichkeit den Tugendhaften nicht mehr zerstreun, und den Lasterhaften nicht mehr betaͤuben kann, ist dies Himmel und Hoͤlle genug.</p> <p rend="center"> <hi rendition="#b">Damas.</hi> </p> <p>Noch eins; glauben Sie auch, daß <hi rendition="#b">wir</hi> nach dem Tode uns wiedersehn werden?</p> <p rend="center"> <hi rendition="#b">Theokles.</hi> </p> <p>Ob <hi rendition="#b">wiedersehen?</hi> — Das wird von den Organen abhaͤngen, worin die Denkkraft nach dem Tode gehuͤllt werden wird. Aber, wenn die Freundschaft unsre Gesinnungen harmonisch macht, wenn wir sympathetisch empfinden, wenn wir gemeinschaftlich nach dem hoͤchsten Wahren, Guten und Schoͤnen streben, wenn wir uns zur Anbetung des Unendlichen vereinigen, dann werden wir uns wieder <hi rendition="#b">erkennen,</hi> wenn wir uns auch nicht wieder<hi rendition="#b">sehen.</hi></p> <p rend="indention2">Goͤttingen.</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">Buhle.</hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [49/0049]
Viertens. Folglich wird das Bewußtseyn der Tugend beseligen, und das Bewußtseyn des Lasters foltern; und da, wo Sinnlichkeit den Tugendhaften nicht mehr zerstreun, und den Lasterhaften nicht mehr betaͤuben kann, ist dies Himmel und Hoͤlle genug.
Damas.
Noch eins; glauben Sie auch, daß wir nach dem Tode uns wiedersehn werden?
Theokles.
Ob wiedersehen? — Das wird von den Organen abhaͤngen, worin die Denkkraft nach dem Tode gehuͤllt werden wird. Aber, wenn die Freundschaft unsre Gesinnungen harmonisch macht, wenn wir sympathetisch empfinden, wenn wir gemeinschaftlich nach dem hoͤchsten Wahren, Guten und Schoͤnen streben, wenn wir uns zur Anbetung des Unendlichen vereinigen, dann werden wir uns wieder erkennen, wenn wir uns auch nicht wiedersehen.
Goͤttingen.
Buhle.
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