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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

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schreckliches zutragen konnte. Alles dies waren natürliche Folgen einer einmal durch die Einbildungskraft entstandenen Jdeenassociation, die man hier freilich, so wie überhaupt die Folge der Traumideen bei den meisten Menschen, nicht bestimmt angeben kann, weil die Seele im Schlaf über sich selbst zu reflectiren nicht sehr aufgelegt ist. -- Aber sie sahe die Schrecken dieses wirklichen Erdbebens vorher? Hier entsteht nun die große Frage, die uns der Verfasser nicht beantwortet, ob sie die Schrecken des geträumten Erdbebens nur überhaupt, oder nach allen einzelnen Umständen so genau beschrieben habe, daß man die Erfüllung des Traums selbst im Detail nicht läugnen konnte. Jene Beschreibung überhaupt würde nichts beweisen; denn alle Erdbeben haben ja wohl in Absicht des mit sich führenden Schrecklichen eine Aehnlichkeit mit einander, -- ja selbst bei einer genauern Erfüllung einzelner geträumter Umstände, die hernach beim Erdbeben wirklich vorfielen, konnte sich vieles noch durch einen bloßen Zufall ereignen, -- vieles konnte das alte Weib auch hinterher geträumt zu haben glauben, was sie nicht geträumt hatte, wie gemeiniglich zur Erfüllung eines bedeutenden Traums so manches hinterher zugesetzt wird, um dem Dinge so recht den Anschein einer Ahndung zu geben.

Das, was bei der angeführten Erzählung am auffallendsten ist, besteht darin, daß die Donna


schreckliches zutragen konnte. Alles dies waren natuͤrliche Folgen einer einmal durch die Einbildungskraft entstandenen Jdeenassociation, die man hier freilich, so wie uͤberhaupt die Folge der Traumideen bei den meisten Menschen, nicht bestimmt angeben kann, weil die Seele im Schlaf uͤber sich selbst zu reflectiren nicht sehr aufgelegt ist. — Aber sie sahe die Schrecken dieses wirklichen Erdbebens vorher? Hier entsteht nun die große Frage, die uns der Verfasser nicht beantwortet, ob sie die Schrecken des getraͤumten Erdbebens nur uͤberhaupt, oder nach allen einzelnen Umstaͤnden so genau beschrieben habe, daß man die Erfuͤllung des Traums selbst im Detail nicht laͤugnen konnte. Jene Beschreibung uͤberhaupt wuͤrde nichts beweisen; denn alle Erdbeben haben ja wohl in Absicht des mit sich fuͤhrenden Schrecklichen eine Aehnlichkeit mit einander, — ja selbst bei einer genauern Erfuͤllung einzelner getraͤumter Umstaͤnde, die hernach beim Erdbeben wirklich vorfielen, konnte sich vieles noch durch einen bloßen Zufall ereignen, — vieles konnte das alte Weib auch hinterher getraͤumt zu haben glauben, was sie nicht getraͤumt hatte, wie gemeiniglich zur Erfuͤllung eines bedeutenden Traums so manches hinterher zugesetzt wird, um dem Dinge so recht den Anschein einer Ahndung zu geben.

Das, was bei der angefuͤhrten Erzaͤhlung am auffallendsten ist, besteht darin, daß die Donna

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[65/0065] schreckliches zutragen konnte. Alles dies waren natuͤrliche Folgen einer einmal durch die Einbildungskraft entstandenen Jdeenassociation, die man hier freilich, so wie uͤberhaupt die Folge der Traumideen bei den meisten Menschen, nicht bestimmt angeben kann, weil die Seele im Schlaf uͤber sich selbst zu reflectiren nicht sehr aufgelegt ist. — Aber sie sahe die Schrecken dieses wirklichen Erdbebens vorher? Hier entsteht nun die große Frage, die uns der Verfasser nicht beantwortet, ob sie die Schrecken des getraͤumten Erdbebens nur uͤberhaupt, oder nach allen einzelnen Umstaͤnden so genau beschrieben habe, daß man die Erfuͤllung des Traums selbst im Detail nicht laͤugnen konnte. Jene Beschreibung uͤberhaupt wuͤrde nichts beweisen; denn alle Erdbeben haben ja wohl in Absicht des mit sich fuͤhrenden Schrecklichen eine Aehnlichkeit mit einander, — ja selbst bei einer genauern Erfuͤllung einzelner getraͤumter Umstaͤnde, die hernach beim Erdbeben wirklich vorfielen, konnte sich vieles noch durch einen bloßen Zufall ereignen, — vieles konnte das alte Weib auch hinterher getraͤumt zu haben glauben, was sie nicht getraͤumt hatte, wie gemeiniglich zur Erfuͤllung eines bedeutenden Traums so manches hinterher zugesetzt wird, um dem Dinge so recht den Anschein einer Ahndung zu geben. Das, was bei der angefuͤhrten Erzaͤhlung am auffallendsten ist, besteht darin, daß die Donna

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/65>, abgerufen am 24.11.2024.