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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.

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Kräfte die eine kultivirt, und die andere gerichtet wird, beide Kräfte geben das Triebrad, Empfindung, Neigung, Trieb, und die Begehrungskraft wendet sie an.

Die Seele kann nach ihren Anlagen und Kräften vollkommen seyn, metaphysisch dem Menschen die metaphysische Vollkommenheit geben, und er kann doch das schändlichste, verabscheuungswürdigste Ungeheuer der Schöpfung werden. So lebt in meiner Gemeine ein Mensch, der gewiß die metaphysische Vollkommenheit in einem hohen Grade besizt, ein Mensch von höchstens 38 Jahren. Die Regelmässigkeit seines Körperbaues, seiner Bildung giebt ihm eine ausgezeichnete Schön- und Vollkommenheit; jeder Theil seines Körpers ist regelmässig schön, ist Original, und bestätigt Socratis Ausspruch vollkommen: ein schöner Körper verräth eine schöne Seele (den Anlagen nach). Die Seele dieses Menschen ist in ihrem Ursprunge gewiß vollkommen; viel Witz, Scharfsinn, Verstand, Muth, Lebhaftigkeit alles zeichnet seine Seele vorzüglich aus. Und eben dieser Mensch ist das einzige ächte Original von Lasterhaftigkeit, das ich unter allen Lasterhaften Menschen kennen zu lernen Gelegenheit gehabt habe, auch meine Lectüre reicht nicht hin, sein Urbild in einem Rival dieser Art zu finden. Es ist kein einziges unter allen Lastern, in so weit sie dieser Mensch kennet, das ihm nicht ganz eigen wie natürlich geworden wäre. Der grobe Diebstahl ausgenommen


Kraͤfte die eine kultivirt, und die andere gerichtet wird, beide Kraͤfte geben das Triebrad, Empfindung, Neigung, Trieb, und die Begehrungskraft wendet sie an.

Die Seele kann nach ihren Anlagen und Kraͤften vollkommen seyn, metaphysisch dem Menschen die metaphysische Vollkommenheit geben, und er kann doch das schaͤndlichste, verabscheuungswuͤrdigste Ungeheuer der Schoͤpfung werden. So lebt in meiner Gemeine ein Mensch, der gewiß die metaphysische Vollkommenheit in einem hohen Grade besizt, ein Mensch von hoͤchstens 38 Jahren. Die Regelmaͤssigkeit seines Koͤrperbaues, seiner Bildung giebt ihm eine ausgezeichnete Schoͤn- und Vollkommenheit; jeder Theil seines Koͤrpers ist regelmaͤssig schoͤn, ist Original, und bestaͤtigt Socratis Ausspruch vollkommen: ein schoͤner Koͤrper verraͤth eine schoͤne Seele (den Anlagen nach). Die Seele dieses Menschen ist in ihrem Ursprunge gewiß vollkommen; viel Witz, Scharfsinn, Verstand, Muth, Lebhaftigkeit alles zeichnet seine Seele vorzuͤglich aus. Und eben dieser Mensch ist das einzige aͤchte Original von Lasterhaftigkeit, das ich unter allen Lasterhaften Menschen kennen zu lernen Gelegenheit gehabt habe, auch meine Lectuͤre reicht nicht hin, sein Urbild in einem Rival dieser Art zu finden. Es ist kein einziges unter allen Lastern, in so weit sie dieser Mensch kennet, das ihm nicht ganz eigen wie natuͤrlich geworden waͤre. Der grobe Diebstahl ausgenommen

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[32/0032] Kraͤfte die eine kultivirt, und die andere gerichtet wird, beide Kraͤfte geben das Triebrad, Empfindung, Neigung, Trieb, und die Begehrungskraft wendet sie an. Die Seele kann nach ihren Anlagen und Kraͤften vollkommen seyn, metaphysisch dem Menschen die metaphysische Vollkommenheit geben, und er kann doch das schaͤndlichste, verabscheuungswuͤrdigste Ungeheuer der Schoͤpfung werden. So lebt in meiner Gemeine ein Mensch, der gewiß die metaphysische Vollkommenheit in einem hohen Grade besizt, ein Mensch von hoͤchstens 38 Jahren. Die Regelmaͤssigkeit seines Koͤrperbaues, seiner Bildung giebt ihm eine ausgezeichnete Schoͤn- und Vollkommenheit; jeder Theil seines Koͤrpers ist regelmaͤssig schoͤn, ist Original, und bestaͤtigt Socratis Ausspruch vollkommen: ein schoͤner Koͤrper verraͤth eine schoͤne Seele (den Anlagen nach). Die Seele dieses Menschen ist in ihrem Ursprunge gewiß vollkommen; viel Witz, Scharfsinn, Verstand, Muth, Lebhaftigkeit alles zeichnet seine Seele vorzuͤglich aus. Und eben dieser Mensch ist das einzige aͤchte Original von Lasterhaftigkeit, das ich unter allen Lasterhaften Menschen kennen zu lernen Gelegenheit gehabt habe, auch meine Lectuͤre reicht nicht hin, sein Urbild in einem Rival dieser Art zu finden. Es ist kein einziges unter allen Lastern, in so weit sie dieser Mensch kennet, das ihm nicht ganz eigen wie natuͤrlich geworden waͤre. Der grobe Diebstahl ausgenommen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/32>, abgerufen am 23.11.2024.